Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.Deutschland bis 1830. hunderts bestanden in der Anlage zweckmässiger und geschmackvollerGebäude, besserer Maschinen, vorteilhafteren Betriebes und in einer sorgfältigen Ordnung und Verwaltung, die mustergültig war. Im übrigen hielt man an dem Hergebrachten mit Zähigkeit fest. Die Eisensteine wurden noch meistens von Eigenlöhnern 1) gewonnen. Ihr Eisengehalt wurde durch die trockene oder Schmelzprobe ermittelt und hat sich um Einführung und Ausbildung dieses Probierverfahrens im Harz der Bergkommissar Ilsemann sen. besonderes Verdienst erworben. Die Röstung der Erze geschah in Haufen. Als Brenn- material dienten Holzkohlen, nur der Schweiss- und Glühofen des neuen Uslarer Walz- und Schneidewerkes wurde mit Steinkohlen ge- feuert. Die Preise der Erze stellten sich im Durchschnitt auf circa 21/2 Rthlr. für das Fuder von 16 Ctr., die der Holzkohlen ebenfalls circa 21/2 Rthlr. für die Karre zu 10 Mass oder 100 Kubikfuss. Die gerösteten Erze wurden gepocht und im Möller unter sich und mit dem Flussmittel sorgfältig gattiert. Der Eisengehalt der Erze schwankte zwischen 26 und 38 Proz. Die neueren Hochöfen waren 30 bis 35 Fuss hoch und im Kohlensack 7 bis 8 Fuss weit. Nur einige neuere Öfen hatten zwei Formen, alle anderen wie früher eine. Der wichtigste Fortschritt war aber die Einführung eiserner Cylindergebläse an Stelle der Holzkasten- und Balgengebläse. Die Sollinger Hütte hatte ein Henschelsches Kettengebläse. Vornehmlich durch die besseren Ge- bläse erhöhte sich die Wochenproduktion eines Ofens über 300 Ctr. und erreichte bei der Elender Hütte eine Zeitlang 500 bis 600 Ctr. die Woche, gegen früher nur um 200 Ctr. Für die Stabeisendarstellung wurde ein gares Graueisen, für Giessereizwecke ein halbiertes und für die Granalien der Silberhütten ein weisses (dünngrelles) Roheisen er- blasen. Das zum Gusswerk bestimmte Roheisen wurde aus dem Hoch- ofen geschöpft, nur zu Rothehütte hatte man des grossen Bedarfs wegen Ende der zwanziger Jahre auch noch einen Kupolofen erbaut. Der Sand- guss hatte den Lehmguss vielfach verdrängt; auf der Altenauer Hütte war Poteriegiesserei, zu Zellerfeld ein Emaillierwerk eingerichtet worden. Das Verfrischen des Roheisens geschah durch Warmfrischen und 1) Über das eigentümliche Rechtsverhältnis der Eigenlöhner s. Hausmann, a. a. O. S. 175. 2) S. d. Abhandl. von Koch in d. Studien des Göttinger Vereins Bergmänni-
scher Freunde II, S. 1 bis 92. Deutschland bis 1830. hunderts bestanden in der Anlage zweckmäſsiger und geschmackvollerGebäude, besserer Maschinen, vorteilhafteren Betriebes und in einer sorgfältigen Ordnung und Verwaltung, die mustergültig war. Im übrigen hielt man an dem Hergebrachten mit Zähigkeit fest. Die Eisensteine wurden noch meistens von Eigenlöhnern 1) gewonnen. Ihr Eisengehalt wurde durch die trockene oder Schmelzprobe ermittelt und hat sich um Einführung und Ausbildung dieses Probierverfahrens im Harz der Bergkommissar Ilsemann sen. besonderes Verdienst erworben. Die Röstung der Erze geschah in Haufen. Als Brenn- material dienten Holzkohlen, nur der Schweiſs- und Glühofen des neuen Uslarer Walz- und Schneidewerkes wurde mit Steinkohlen ge- feuert. Die Preise der Erze stellten sich im Durchschnitt auf circa 2½ Rthlr. für das Fuder von 16 Ctr., die der Holzkohlen ebenfalls circa 2½ Rthlr. für die Karre zu 10 Maſs oder 100 Kubikfuſs. Die gerösteten Erze wurden gepocht und im Möller unter sich und mit dem Fluſsmittel sorgfältig gattiert. Der Eisengehalt der Erze schwankte zwischen 26 und 38 Proz. Die neueren Hochöfen waren 30 bis 35 Fuſs hoch und im Kohlensack 7 bis 8 Fuſs weit. Nur einige neuere Öfen hatten zwei Formen, alle anderen wie früher eine. Der wichtigste Fortschritt war aber die Einführung eiserner Cylindergebläse an Stelle der Holzkasten- und Balgengebläse. Die Sollinger Hütte hatte ein Henschelsches Kettengebläse. Vornehmlich durch die besseren Ge- bläse erhöhte sich die Wochenproduktion eines Ofens über 300 Ctr. und erreichte bei der Elender Hütte eine Zeitlang 500 bis 600 Ctr. die Woche, gegen früher nur um 200 Ctr. Für die Stabeisendarstellung wurde ein gares Graueisen, für Gieſsereizwecke ein halbiertes und für die Granalien der Silberhütten ein weiſses (dünngrelles) Roheisen er- blasen. Das zum Guſswerk bestimmte Roheisen wurde aus dem Hoch- ofen geschöpft, nur zu Rothehütte hatte man des groſsen Bedarfs wegen Ende der zwanziger Jahre auch noch einen Kupolofen erbaut. Der Sand- guſs hatte den Lehmguſs vielfach verdrängt; auf der Altenauer Hütte war Poteriegieſserei, zu Zellerfeld ein Emaillierwerk eingerichtet worden. Das Verfrischen des Roheisens geschah durch Warmfrischen und 1) Über das eigentümliche Rechtsverhältnis der Eigenlöhner s. Hausmann, a. a. O. S. 175. 2) S. d. Abhandl. von Koch in d. Studien des Göttinger Vereins Bergmänni-
scher Freunde II, S. 1 bis 92. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0376" n="360"/><fw place="top" type="header">Deutschland bis 1830.</fw><lb/> hunderts bestanden in der Anlage zweckmäſsiger und geschmackvoller<lb/> Gebäude, besserer Maschinen, vorteilhafteren Betriebes und in einer<lb/> sorgfältigen Ordnung und Verwaltung, die mustergültig war. Im<lb/> übrigen hielt man an dem Hergebrachten mit Zähigkeit fest. Die<lb/> Eisensteine wurden noch meistens von Eigenlöhnern <note place="foot" n="1)">Über das eigentümliche Rechtsverhältnis der Eigenlöhner s. <hi rendition="#g">Hausmann</hi>,<lb/> a. a. O. S. 175.</note> gewonnen. Ihr<lb/> Eisengehalt wurde durch die trockene oder Schmelzprobe ermittelt<lb/> und hat sich um Einführung und Ausbildung dieses Probierverfahrens<lb/> im Harz der Bergkommissar <hi rendition="#g">Ilsemann</hi> sen. besonderes Verdienst<lb/> erworben. Die Röstung der Erze geschah in Haufen. Als Brenn-<lb/> material dienten Holzkohlen, nur der Schweiſs- und Glühofen des<lb/> neuen Uslarer Walz- und Schneidewerkes wurde mit Steinkohlen ge-<lb/> feuert. Die Preise der Erze stellten sich im Durchschnitt auf circa<lb/> 2½ Rthlr. für das Fuder von 16 Ctr., die der Holzkohlen ebenfalls<lb/> circa 2½ Rthlr. für die Karre zu 10 Maſs oder 100 Kubikfuſs. Die<lb/> gerösteten Erze wurden gepocht und im Möller unter sich und mit<lb/> dem Fluſsmittel sorgfältig gattiert. Der Eisengehalt der Erze schwankte<lb/> zwischen 26 und 38 Proz. Die neueren Hochöfen waren 30 bis 35 Fuſs<lb/> hoch und im Kohlensack 7 bis 8 Fuſs weit. Nur einige neuere Öfen<lb/> hatten zwei Formen, alle anderen wie früher eine. Der wichtigste<lb/> Fortschritt war aber die Einführung eiserner Cylindergebläse an Stelle<lb/> der Holzkasten- und Balgengebläse. Die Sollinger Hütte hatte ein<lb/><hi rendition="#g">Henschels</hi>ches Kettengebläse. Vornehmlich durch die besseren Ge-<lb/> bläse erhöhte sich die Wochenproduktion eines Ofens über 300 Ctr.<lb/> und erreichte bei der Elender Hütte eine Zeitlang 500 bis 600 Ctr.<lb/> die Woche, gegen früher nur um 200 Ctr. Für die Stabeisendarstellung<lb/> wurde ein gares Graueisen, für Gieſsereizwecke ein halbiertes und für<lb/> die Granalien der Silberhütten ein weiſses (dünngrelles) Roheisen er-<lb/> blasen. Das zum Guſswerk bestimmte Roheisen wurde aus dem Hoch-<lb/> ofen geschöpft, nur zu Rothehütte hatte man des groſsen Bedarfs wegen<lb/> Ende der zwanziger Jahre auch noch einen Kupolofen erbaut. Der Sand-<lb/> guſs hatte den Lehmguſs vielfach verdrängt; auf der Altenauer Hütte<lb/> war Poteriegieſserei, zu Zellerfeld ein Emaillierwerk eingerichtet worden.</p><lb/> <p>Das Verfrischen des Roheisens geschah durch Warmfrischen und<lb/> zwar betrieb man auf der Königs- und Silbernaaler Hütte zur Dar-<lb/> stellung von fadigem (sehnigem) Eisen das Klumpfrischen, im übrigen<lb/> zur Darstellung von körnigem Stabeisen das Durchbrechfrischen <note place="foot" n="2)">S. d. Abhandl. von <hi rendition="#g">Koch</hi> in d. Studien des Göttinger Vereins Bergmänni-<lb/> scher Freunde II, S. 1 bis 92.</note>. Bei<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [360/0376]
Deutschland bis 1830.
hunderts bestanden in der Anlage zweckmäſsiger und geschmackvoller
Gebäude, besserer Maschinen, vorteilhafteren Betriebes und in einer
sorgfältigen Ordnung und Verwaltung, die mustergültig war. Im
übrigen hielt man an dem Hergebrachten mit Zähigkeit fest. Die
Eisensteine wurden noch meistens von Eigenlöhnern 1) gewonnen. Ihr
Eisengehalt wurde durch die trockene oder Schmelzprobe ermittelt
und hat sich um Einführung und Ausbildung dieses Probierverfahrens
im Harz der Bergkommissar Ilsemann sen. besonderes Verdienst
erworben. Die Röstung der Erze geschah in Haufen. Als Brenn-
material dienten Holzkohlen, nur der Schweiſs- und Glühofen des
neuen Uslarer Walz- und Schneidewerkes wurde mit Steinkohlen ge-
feuert. Die Preise der Erze stellten sich im Durchschnitt auf circa
2½ Rthlr. für das Fuder von 16 Ctr., die der Holzkohlen ebenfalls
circa 2½ Rthlr. für die Karre zu 10 Maſs oder 100 Kubikfuſs. Die
gerösteten Erze wurden gepocht und im Möller unter sich und mit
dem Fluſsmittel sorgfältig gattiert. Der Eisengehalt der Erze schwankte
zwischen 26 und 38 Proz. Die neueren Hochöfen waren 30 bis 35 Fuſs
hoch und im Kohlensack 7 bis 8 Fuſs weit. Nur einige neuere Öfen
hatten zwei Formen, alle anderen wie früher eine. Der wichtigste
Fortschritt war aber die Einführung eiserner Cylindergebläse an Stelle
der Holzkasten- und Balgengebläse. Die Sollinger Hütte hatte ein
Henschelsches Kettengebläse. Vornehmlich durch die besseren Ge-
bläse erhöhte sich die Wochenproduktion eines Ofens über 300 Ctr.
und erreichte bei der Elender Hütte eine Zeitlang 500 bis 600 Ctr.
die Woche, gegen früher nur um 200 Ctr. Für die Stabeisendarstellung
wurde ein gares Graueisen, für Gieſsereizwecke ein halbiertes und für
die Granalien der Silberhütten ein weiſses (dünngrelles) Roheisen er-
blasen. Das zum Guſswerk bestimmte Roheisen wurde aus dem Hoch-
ofen geschöpft, nur zu Rothehütte hatte man des groſsen Bedarfs wegen
Ende der zwanziger Jahre auch noch einen Kupolofen erbaut. Der Sand-
guſs hatte den Lehmguſs vielfach verdrängt; auf der Altenauer Hütte
war Poteriegieſserei, zu Zellerfeld ein Emaillierwerk eingerichtet worden.
Das Verfrischen des Roheisens geschah durch Warmfrischen und
zwar betrieb man auf der Königs- und Silbernaaler Hütte zur Dar-
stellung von fadigem (sehnigem) Eisen das Klumpfrischen, im übrigen
zur Darstellung von körnigem Stabeisen das Durchbrechfrischen 2). Bei
1) Über das eigentümliche Rechtsverhältnis der Eigenlöhner s. Hausmann,
a. a. O. S. 175.
2) S. d. Abhandl. von Koch in d. Studien des Göttinger Vereins Bergmänni-
scher Freunde II, S. 1 bis 92.
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