Wie an der Ruhr, so fand man sich auch im Rheinlande damit in der Weise ab, dass man den Hochofenbetrieb auf den Bedarf für Giessereizwecke beschränkte und für die Stabeisenfabrikation das billige belgische Roheisen bezog, das man in den Frischhütten, sowie in neu angelegten grossen Puddel- und Walzwerken verarbeitete. Solches war aber nur da mit Vorteil ausführbar, wo die Transportverhältnisse günstig und die Steinkohlen leicht zu beschaffen waren.
Die alte Hochofenindustrie der Eifel hatte diese Vorteile nicht und ging deshalb trotz des vortrefflichen Eisens, das sie lieferte, trotz der Einfachheit der Verhältnisse, bei denen weder die Anlage noch der Betrieb grosse Kosten machten, zu Grunde. Seit 1839, also seit Eintritt der Handelskrisis, welche die Wirkung hatte, dass die Preise des belgischen Eisens sanken, dieses also noch viel billiger wie früher ins Land kam, hatten die alten Hütten im Schleidener Bezirk (19 Hochöfen und 18 damit verbundene Hammerwerke, ein Walzwerk und einige Drahtziehereien) die Grundlage ihres Wohlstandes verloren. Von diesen Werken waren 1842 nur noch sechs im Betriebe, die übrigen lagen wegen Mangel an Absatz kalt. Man bot das Roheisen zu 114 Mark die Tonne an, 6 bis 12 Mark unter dem Selbstkosten- preise, ohne Abnahme zu finden, denn das belgische wurde zu 55 bis 57 Mark frei Lüttich verkauft, dazu kam das englische Feineisen, welches als Ersatz für Holzkohleneisen genommen wurde und ebenfalls zollfrei eingeführt wurde. Das einzige Walzwerk der Eifel war mit der Hütte zu Gemünd bei Schleiden verbunden; es gehörte Reinhard Pönsgen und enthielt 7 Puddel- und Schweissöfen. Es produzierte um 1850 zirka 30000 Ctr. Stabeisen und 6000 Ctr. Draht, der als Kratzen- draht hohen Ruf hatte.
Einen grossen Aufschwung nahmen dagegen die mit Steinkohlen betriebenen Puddel- und Walzwerke am Niederrhein. Das älteste der- selben war das Werk der Firma Wilh. und Eberhard Hösch zu Lendersdorf bei Düren. Es war 1813 gegründet und 1824 war hier der erste Puddelofen erbaut worden. Die Lendersdorfer Hütte besass
Preuſsen 1831 bis 1850.
Roheisenproduktion Tonnen Roheiseneinfuhr Tonnen
1837 46156 3062
1838 38828 7673
1839 45540 6771
1840 43779 11574
1841 42816 24621
1842 40450 31000
Wie an der Ruhr, so fand man sich auch im Rheinlande damit in der Weise ab, daſs man den Hochofenbetrieb auf den Bedarf für Gieſsereizwecke beschränkte und für die Stabeisenfabrikation das billige belgische Roheisen bezog, das man in den Frischhütten, sowie in neu angelegten groſsen Puddel- und Walzwerken verarbeitete. Solches war aber nur da mit Vorteil ausführbar, wo die Transportverhältnisse günstig und die Steinkohlen leicht zu beschaffen waren.
Die alte Hochofenindustrie der Eifel hatte diese Vorteile nicht und ging deshalb trotz des vortrefflichen Eisens, das sie lieferte, trotz der Einfachheit der Verhältnisse, bei denen weder die Anlage noch der Betrieb groſse Kosten machten, zu Grunde. Seit 1839, also seit Eintritt der Handelskrisis, welche die Wirkung hatte, daſs die Preise des belgischen Eisens sanken, dieses also noch viel billiger wie früher ins Land kam, hatten die alten Hütten im Schleidener Bezirk (19 Hochöfen und 18 damit verbundene Hammerwerke, ein Walzwerk und einige Drahtziehereien) die Grundlage ihres Wohlstandes verloren. Von diesen Werken waren 1842 nur noch sechs im Betriebe, die übrigen lagen wegen Mangel an Absatz kalt. Man bot das Roheisen zu 114 Mark die Tonne an, 6 bis 12 Mark unter dem Selbstkosten- preise, ohne Abnahme zu finden, denn das belgische wurde zu 55 bis 57 Mark frei Lüttich verkauft, dazu kam das englische Feineisen, welches als Ersatz für Holzkohleneisen genommen wurde und ebenfalls zollfrei eingeführt wurde. Das einzige Walzwerk der Eifel war mit der Hütte zu Gemünd bei Schleiden verbunden; es gehörte Reinhard Pönsgen und enthielt 7 Puddel- und Schweiſsöfen. Es produzierte um 1850 zirka 30000 Ctr. Stabeisen und 6000 Ctr. Draht, der als Kratzen- draht hohen Ruf hatte.
Einen groſsen Aufschwung nahmen dagegen die mit Steinkohlen betriebenen Puddel- und Walzwerke am Niederrhein. Das älteste der- selben war das Werk der Firma Wilh. und Eberhard Hösch zu Lendersdorf bei Düren. Es war 1813 gegründet und 1824 war hier der erste Puddelofen erbaut worden. Die Lendersdorfer Hütte besaſs
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Preuſsen 1831 bis 1850.
Roheisenproduktion
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1837 46156 3062
1838 38828 7673
1839 45540 6771
1840 43779 11574
1841 42816 24621
1842 40450 31000
Wie an der Ruhr, so fand man sich auch im Rheinlande damit
in der Weise ab, daſs man den Hochofenbetrieb auf den Bedarf für
Gieſsereizwecke beschränkte und für die Stabeisenfabrikation das billige
belgische Roheisen bezog, das man in den Frischhütten, sowie in neu
angelegten groſsen Puddel- und Walzwerken verarbeitete. Solches war
aber nur da mit Vorteil ausführbar, wo die Transportverhältnisse
günstig und die Steinkohlen leicht zu beschaffen waren.
Die alte Hochofenindustrie der Eifel hatte diese Vorteile nicht
und ging deshalb trotz des vortrefflichen Eisens, das sie lieferte, trotz
der Einfachheit der Verhältnisse, bei denen weder die Anlage noch
der Betrieb groſse Kosten machten, zu Grunde. Seit 1839, also seit
Eintritt der Handelskrisis, welche die Wirkung hatte, daſs die Preise
des belgischen Eisens sanken, dieses also noch viel billiger wie früher
ins Land kam, hatten die alten Hütten im Schleidener Bezirk
(19 Hochöfen und 18 damit verbundene Hammerwerke, ein Walzwerk
und einige Drahtziehereien) die Grundlage ihres Wohlstandes verloren.
Von diesen Werken waren 1842 nur noch sechs im Betriebe, die
übrigen lagen wegen Mangel an Absatz kalt. Man bot das Roheisen
zu 114 Mark die Tonne an, 6 bis 12 Mark unter dem Selbstkosten-
preise, ohne Abnahme zu finden, denn das belgische wurde zu 55 bis
57 Mark frei Lüttich verkauft, dazu kam das englische Feineisen,
welches als Ersatz für Holzkohleneisen genommen wurde und ebenfalls
zollfrei eingeführt wurde. Das einzige Walzwerk der Eifel war mit
der Hütte zu Gemünd bei Schleiden verbunden; es gehörte Reinhard
Pönsgen und enthielt 7 Puddel- und Schweiſsöfen. Es produzierte um
1850 zirka 30000 Ctr. Stabeisen und 6000 Ctr. Draht, der als Kratzen-
draht hohen Ruf hatte.
Einen groſsen Aufschwung nahmen dagegen die mit Steinkohlen
betriebenen Puddel- und Walzwerke am Niederrhein. Das älteste der-
selben war das Werk der Firma Wilh. und Eberhard Hösch zu
Lendersdorf bei Düren. Es war 1813 gegründet und 1824 war hier
der erste Puddelofen erbaut worden. Die Lendersdorfer Hütte besaſs
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/726>, abgerufen am 22.11.2024.
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