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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
Begründer der Anthracit-Eisenindustrie verehrt, gründete die Thomas-
Eisen-Gesellschaft zu Hokendauqua, die lange die Führerschaft in der
Anthracitindustrie behauptete.

Die Entdeckung, dass man Eisenerze mit rohem Anthracit ver-
schmelzen könne, gab nicht nur der Eisenindustrie Pennsylvaniens,
sondern auch der der benachbarten Staaten New-York, New-Jersey
und Maryland neuen Aufschwung. Der erste Anthracithochofen ausser-
halb Pennsylvaniens wurde 1840/41 zu Stanhope in New-Jersey erbaut
und am 1. April 1841 angeblasen. 1846 zählte man in Pennsylvanien
und New-Jersey schon 42 Anthracithochöfen. Der Anthracit musste
vor dem Aufgeben zerquetscht werden, weil er in groben Stücken
decrepitierte. Man bediente sich hierzu der Battinschen Quetsch-
maschinen, von denen 1848 allein in Pennsylvanien 62 im Betriebe
waren.

Die bituminöse Steinkohle, obgleich längst bekannt, fand erst
spät beim Hochofenprozess Anwendung. Alle Versuche vor 1840
hatten keinen durchschlagenden Erfolg gehabt. Auch hier führte erst
die Anwendung des heissen Windes zum Ziele. Der erste 1819 bei
Armstrong city, Pa., erbaute Kokshochofen, Bear Creek Furnace, fror
schon beim Anblasen ein. Dass man aber guten Koks aus amerika-
nischen Kohlen herstellen konnte, galt 1834 als erwiesene Thatsache.
Es schien deshalb dem Hochofenbetriebe mit Koks, wie er in England
betrieben wurde, nichts im Wege zu stehen. Um dazu anzueifern,
setzte 1835 das Franklininstitut in Philadelphia eine grosse goldene
Medaille als Preis für denjenigen aus, der während eines Jahres die
grösste Menge Eisen mit bituminöser Kohle oder Koks machte, aber nicht
unter 20 Tonnen. Dieses Preisausschreiben gab eine mächtige An-
regung. Schon 1835 gelang es dem tüchtigen englischen Hochofen-
ingenieur William Firmstone 1), etwa einen Monat lang gutes
graues Roheisen im Mary Ann Furnace, Huntingdon-County, Pa., mit
Koks der Broad-Topkohle zu machen. Firmstone war auch einer
der ersten, die mit heissem Winde bliesen. Er erhob indes keinen
Anspruch auf die Medaille, ebensowenig F. H. Oliphant, der 1837
im Fairchanceofen bei Uniontown in Fayette-County weit mehr als
20 Tonnen Roheisen mit Koks erblies. Auch die Regierung des
Staates Pennsylvanien stellte Vergünstigungen für die Hütten mit
Steinkohlen- oder Koksbetrieb in Aussicht. 1837 machte ein Hoch-

1) William Firmstone war am 19. Oktober 1810 zu Wellington in Shrop-
shire geboren, wanderte 1835 nach Amerika aus und starb am 11. September 1877
bei Easton, Pa.

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
Begründer der Anthracit-Eisenindustrie verehrt, gründete die Thomas-
Eisen-Gesellschaft zu Hokendauqua, die lange die Führerschaft in der
Anthracitindustrie behauptete.

Die Entdeckung, daſs man Eisenerze mit rohem Anthracit ver-
schmelzen könne, gab nicht nur der Eisenindustrie Pennsylvaniens,
sondern auch der der benachbarten Staaten New-York, New-Jersey
und Maryland neuen Aufschwung. Der erste Anthracithochofen auſser-
halb Pennsylvaniens wurde 1840/41 zu Stanhope in New-Jersey erbaut
und am 1. April 1841 angeblasen. 1846 zählte man in Pennsylvanien
und New-Jersey schon 42 Anthracithochöfen. Der Anthracit muſste
vor dem Aufgeben zerquetscht werden, weil er in groben Stücken
decrepitierte. Man bediente sich hierzu der Battinschen Quetsch-
maschinen, von denen 1848 allein in Pennsylvanien 62 im Betriebe
waren.

Die bituminöse Steinkohle, obgleich längst bekannt, fand erst
spät beim Hochofenprozeſs Anwendung. Alle Versuche vor 1840
hatten keinen durchschlagenden Erfolg gehabt. Auch hier führte erst
die Anwendung des heiſsen Windes zum Ziele. Der erste 1819 bei
Armstrong city, Pa., erbaute Kokshochofen, Bear Creek Furnace, fror
schon beim Anblasen ein. Daſs man aber guten Koks aus amerika-
nischen Kohlen herstellen konnte, galt 1834 als erwiesene Thatsache.
Es schien deshalb dem Hochofenbetriebe mit Koks, wie er in England
betrieben wurde, nichts im Wege zu stehen. Um dazu anzueifern,
setzte 1835 das Franklininstitut in Philadelphia eine groſse goldene
Medaille als Preis für denjenigen aus, der während eines Jahres die
gröſste Menge Eisen mit bituminöser Kohle oder Koks machte, aber nicht
unter 20 Tonnen. Dieses Preisausschreiben gab eine mächtige An-
regung. Schon 1835 gelang es dem tüchtigen englischen Hochofen-
ingenieur William Firmstone 1), etwa einen Monat lang gutes
graues Roheisen im Mary Ann Furnace, Huntingdon-County, Pa., mit
Koks der Broad-Topkohle zu machen. Firmstone war auch einer
der ersten, die mit heiſsem Winde bliesen. Er erhob indes keinen
Anspruch auf die Medaille, ebensowenig F. H. Oliphant, der 1837
im Fairchanceofen bei Uniontown in Fayette-County weit mehr als
20 Tonnen Roheisen mit Koks erblies. Auch die Regierung des
Staates Pennsylvanien stellte Vergünstigungen für die Hütten mit
Steinkohlen- oder Koksbetrieb in Aussicht. 1837 machte ein Hoch-

1) William Firmstone war am 19. Oktober 1810 zu Wellington in Shrop-
shire geboren, wanderte 1835 nach Amerika aus und starb am 11. September 1877
bei Easton, Pa.
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[763/0779] Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850. Begründer der Anthracit-Eisenindustrie verehrt, gründete die Thomas- Eisen-Gesellschaft zu Hokendauqua, die lange die Führerschaft in der Anthracitindustrie behauptete. Die Entdeckung, daſs man Eisenerze mit rohem Anthracit ver- schmelzen könne, gab nicht nur der Eisenindustrie Pennsylvaniens, sondern auch der der benachbarten Staaten New-York, New-Jersey und Maryland neuen Aufschwung. Der erste Anthracithochofen auſser- halb Pennsylvaniens wurde 1840/41 zu Stanhope in New-Jersey erbaut und am 1. April 1841 angeblasen. 1846 zählte man in Pennsylvanien und New-Jersey schon 42 Anthracithochöfen. Der Anthracit muſste vor dem Aufgeben zerquetscht werden, weil er in groben Stücken decrepitierte. Man bediente sich hierzu der Battinschen Quetsch- maschinen, von denen 1848 allein in Pennsylvanien 62 im Betriebe waren. Die bituminöse Steinkohle, obgleich längst bekannt, fand erst spät beim Hochofenprozeſs Anwendung. Alle Versuche vor 1840 hatten keinen durchschlagenden Erfolg gehabt. Auch hier führte erst die Anwendung des heiſsen Windes zum Ziele. Der erste 1819 bei Armstrong city, Pa., erbaute Kokshochofen, Bear Creek Furnace, fror schon beim Anblasen ein. Daſs man aber guten Koks aus amerika- nischen Kohlen herstellen konnte, galt 1834 als erwiesene Thatsache. Es schien deshalb dem Hochofenbetriebe mit Koks, wie er in England betrieben wurde, nichts im Wege zu stehen. Um dazu anzueifern, setzte 1835 das Franklininstitut in Philadelphia eine groſse goldene Medaille als Preis für denjenigen aus, der während eines Jahres die gröſste Menge Eisen mit bituminöser Kohle oder Koks machte, aber nicht unter 20 Tonnen. Dieses Preisausschreiben gab eine mächtige An- regung. Schon 1835 gelang es dem tüchtigen englischen Hochofen- ingenieur William Firmstone 1), etwa einen Monat lang gutes graues Roheisen im Mary Ann Furnace, Huntingdon-County, Pa., mit Koks der Broad-Topkohle zu machen. Firmstone war auch einer der ersten, die mit heiſsem Winde bliesen. Er erhob indes keinen Anspruch auf die Medaille, ebensowenig F. H. Oliphant, der 1837 im Fairchanceofen bei Uniontown in Fayette-County weit mehr als 20 Tonnen Roheisen mit Koks erblies. Auch die Regierung des Staates Pennsylvanien stellte Vergünstigungen für die Hütten mit Steinkohlen- oder Koksbetrieb in Aussicht. 1837 machte ein Hoch- 1) William Firmstone war am 19. Oktober 1810 zu Wellington in Shrop- shire geboren, wanderte 1835 nach Amerika aus und starb am 11. September 1877 bei Easton, Pa.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 763. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/779>, abgerufen am 26.06.2024.