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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Frankreich.
reichs, so dass auf alle übrigen Departements nur 27 Prozent ent-
fielen. -- Von den neuen, auf das beste eingerichteten Hochofen-
hütten sind die der Societe anonyme des Acieries de Micheville mit
fünf Hochöfen und die Hochofenhütte von Pont a Mousson mit fünf
Hochöfen, Cowper-Apparaten von 30 m Höhe und Gichtgas-Trocken-
reinigern (System Cavallier) hervorzuheben 1).

Während die Schweisseisenerzeugung von 1880 bis 1900 von
952308 Tonnen auf 745312 Tonnen zurückgegangen war, hatte die
Flusseisenerzeugung von 388894 Tonnen auf 1264737 Tonnen, also
um 223 Prozent zugenommen.

Der grösste Teil des Flusseisens wurde im Konverter erzeugt, doch
hatte in der Zeit von 1882 bis 1899 die Herdstahlerzeugung mehr
zugenommen als die des Konverterstahls. Letztere war von 273410
Tonnen auf 698053 Tonnen, also um 192 Prozent, erstere von
159561 Tonnen auf 520476 Tonnen, also um 226 Prozent gewachsen.
Der Anteil des Konverterstahls und des Siemens-Martinstahls an der
ganzen Flussstahlerzeugung betrug 1882 63 und 37 Prozent, 1899
57 und 43 Prozent.

Welchen Anteil der basische oder Thomasprozess, welchen der
saure oder Bessemerprozess liefert, lässt sich nicht genau angeben, da
hierfür die statistische Grundlage fehlt. 1882 betrug der Anteil des
Thomasstahls nur 41/2 Prozent, aber schon 1887 übertraf die Er-
zeugung von Thomasstahl die von Bessemerstahl. 1890 war das Ver-
hältnis bereits 71 : 29 und seitdem hat die Thomasstahlerzeugung
noch bedeutend zugenommen.

Die Fortschritte, welche die französische Eisenindustrie seit 1889
gemacht hatte, kamen auf der Weltausstellung von 1900 in glänzender
Weise zur Darstellung. Besonders zeichnete sie sich in Spezialstahlen,
namentlich in Nickelstahl aus 2).

Frankreich gehört zu den Ländern, welche ihren Eisenbedarf
nicht aus sich selbst befriedigen können, es ist vielmehr gezwungen,
Eisenerze und Steinkohlen einzuführen. Letztere erhält es aus Belgien,
Deutschland und England; Eisenerze bezieht es aus Spanien, Algier,
Elba, Griechenland, Schweden und Deutschland. Die Einfuhr von Erzen
aus dem Minettegebiete von Lothringen und Luxemburg hat in den
letzten Jahren sehr zugenommen, so dass der grösste Teil der ein-
geführten Erze aus dem deutschen Zollgebiete stammt. Die Erzeinfuhr
ist sehr bedeutend. 1897 betrug die eigene Förderung 3886 Kilo-

1) Siehe Stahl und Eisen 1900, S. 1262.
2) Daselbst 1890, S. 899.

Frankreich.
reichs, so daſs auf alle übrigen Departements nur 27 Prozent ent-
fielen. — Von den neuen, auf das beste eingerichteten Hochofen-
hütten sind die der Société anonyme des Aciéries de Micheville mit
fünf Hochöfen und die Hochofenhütte von Pont à Mousson mit fünf
Hochöfen, Cowper-Apparaten von 30 m Höhe und Gichtgas-Trocken-
reinigern (System Cavallier) hervorzuheben 1).

Während die Schweiſseisenerzeugung von 1880 bis 1900 von
952308 Tonnen auf 745312 Tonnen zurückgegangen war, hatte die
Fluſseisenerzeugung von 388894 Tonnen auf 1264737 Tonnen, also
um 223 Prozent zugenommen.

Der gröſste Teil des Fluſseisens wurde im Konverter erzeugt, doch
hatte in der Zeit von 1882 bis 1899 die Herdstahlerzeugung mehr
zugenommen als die des Konverterstahls. Letztere war von 273410
Tonnen auf 698053 Tonnen, also um 192 Prozent, erstere von
159561 Tonnen auf 520476 Tonnen, also um 226 Prozent gewachsen.
Der Anteil des Konverterstahls und des Siemens-Martinstahls an der
ganzen Fluſsstahlerzeugung betrug 1882 63 und 37 Prozent, 1899
57 und 43 Prozent.

Welchen Anteil der basische oder Thomasprozeſs, welchen der
saure oder Bessemerprozeſs liefert, läſst sich nicht genau angeben, da
hierfür die statistische Grundlage fehlt. 1882 betrug der Anteil des
Thomasstahls nur 4½ Prozent, aber schon 1887 übertraf die Er-
zeugung von Thomasstahl die von Bessemerstahl. 1890 war das Ver-
hältnis bereits 71 : 29 und seitdem hat die Thomasstahlerzeugung
noch bedeutend zugenommen.

Die Fortschritte, welche die französische Eisenindustrie seit 1889
gemacht hatte, kamen auf der Weltausstellung von 1900 in glänzender
Weise zur Darstellung. Besonders zeichnete sie sich in Spezialstahlen,
namentlich in Nickelstahl aus 2).

Frankreich gehört zu den Ländern, welche ihren Eisenbedarf
nicht aus sich selbst befriedigen können, es ist vielmehr gezwungen,
Eisenerze und Steinkohlen einzuführen. Letztere erhält es aus Belgien,
Deutschland und England; Eisenerze bezieht es aus Spanien, Algier,
Elba, Griechenland, Schweden und Deutschland. Die Einfuhr von Erzen
aus dem Minettegebiete von Lothringen und Luxemburg hat in den
letzten Jahren sehr zugenommen, so daſs der gröſste Teil der ein-
geführten Erze aus dem deutschen Zollgebiete stammt. Die Erzeinfuhr
ist sehr bedeutend. 1897 betrug die eigene Förderung 3886 Kilo-

1) Siehe Stahl und Eisen 1900, S. 1262.
2) Daselbst 1890, S. 899.
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[1097/1113] Frankreich. reichs, so daſs auf alle übrigen Departements nur 27 Prozent ent- fielen. — Von den neuen, auf das beste eingerichteten Hochofen- hütten sind die der Société anonyme des Aciéries de Micheville mit fünf Hochöfen und die Hochofenhütte von Pont à Mousson mit fünf Hochöfen, Cowper-Apparaten von 30 m Höhe und Gichtgas-Trocken- reinigern (System Cavallier) hervorzuheben 1). Während die Schweiſseisenerzeugung von 1880 bis 1900 von 952308 Tonnen auf 745312 Tonnen zurückgegangen war, hatte die Fluſseisenerzeugung von 388894 Tonnen auf 1264737 Tonnen, also um 223 Prozent zugenommen. Der gröſste Teil des Fluſseisens wurde im Konverter erzeugt, doch hatte in der Zeit von 1882 bis 1899 die Herdstahlerzeugung mehr zugenommen als die des Konverterstahls. Letztere war von 273410 Tonnen auf 698053 Tonnen, also um 192 Prozent, erstere von 159561 Tonnen auf 520476 Tonnen, also um 226 Prozent gewachsen. Der Anteil des Konverterstahls und des Siemens-Martinstahls an der ganzen Fluſsstahlerzeugung betrug 1882 63 und 37 Prozent, 1899 57 und 43 Prozent. Welchen Anteil der basische oder Thomasprozeſs, welchen der saure oder Bessemerprozeſs liefert, läſst sich nicht genau angeben, da hierfür die statistische Grundlage fehlt. 1882 betrug der Anteil des Thomasstahls nur 4½ Prozent, aber schon 1887 übertraf die Er- zeugung von Thomasstahl die von Bessemerstahl. 1890 war das Ver- hältnis bereits 71 : 29 und seitdem hat die Thomasstahlerzeugung noch bedeutend zugenommen. Die Fortschritte, welche die französische Eisenindustrie seit 1889 gemacht hatte, kamen auf der Weltausstellung von 1900 in glänzender Weise zur Darstellung. Besonders zeichnete sie sich in Spezialstahlen, namentlich in Nickelstahl aus 2). Frankreich gehört zu den Ländern, welche ihren Eisenbedarf nicht aus sich selbst befriedigen können, es ist vielmehr gezwungen, Eisenerze und Steinkohlen einzuführen. Letztere erhält es aus Belgien, Deutschland und England; Eisenerze bezieht es aus Spanien, Algier, Elba, Griechenland, Schweden und Deutschland. Die Einfuhr von Erzen aus dem Minettegebiete von Lothringen und Luxemburg hat in den letzten Jahren sehr zugenommen, so daſs der gröſste Teil der ein- geführten Erze aus dem deutschen Zollgebiete stammt. Die Erzeinfuhr ist sehr bedeutend. 1897 betrug die eigene Förderung 3886 Kilo- 1) Siehe Stahl und Eisen 1900, S. 1262. 2) Daselbst 1890, S. 899.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1097. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1113>, abgerufen am 22.11.2024.