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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Schweisseisenbereitung 1861 bis 1870.
Puddelverfahren patentieren 1), bei welchem Wasserdampf durch ein
Mundstück in das flüssige Eisen eingeleitet werden sollte. Der Sauer-
stoff des Wassers sollte Silicium und Kohle oxydieren, der Wasserstoff
Schwefel, Phosphor und Arsenik entfernen. Die Idee war keineswegs
neu; zehn Jahre vorher hatte Nasmyth fast denselben Vorschlag
gemacht. In Frankreich wendete Galy-Calazat ein ähnliches Ver-
fahren zur Stahlfabrikation an.

Das grösste Aufsehen erregte aber Ende der sechziger Jahre
das Puddeln mit hohler Rührkrücke, welches Richardson in
England wieder aufbrachte. Obgleich sein Patent vom 4. Dezember
1866 im Wesentlichen nur eine Wiederholung des Patentes von
Nasmyth vom Jahre 1864 war, so wurde es doch als etwas Neues
angestaunt und erregte viel grösseres Interesse als seiner Zeit die
Erfindung von Nasmyth. Richardson soll überdies die Idee und
die Anregung von Reuben Plant, mit dem er früher associiert
gewesen war, erhalten haben. In dem Patent war vorgesehen, dass
ausser Luft und Dampf auch Gase oder chemische Substanzen durch
die hohlen Rührkrücken mit eingeblasen werden könnten.

Richardsons Puddelprozess fand einen eifrigen Fürsprecher
an St. Vincent Day, der viel dazu beigetragen hat, dass das
Verfahren so grosse Beachtung fand. Es war 1867 auf dem Eisen-
werk der Glasgow-Iron-Company eingeführt worden. Man leitete
dort in das eingeschmolzene Eisen durch einen hohlen Rührer
einen Luftstrom von 5 bis 6 Pfund Pressung pro Quadratzoll. Das
Rühren geschah wie sonst. Die Verbindung des Rührers mit dem
Windstock geschah ebenfalls wie bei Nasmyth durch einen beweg-
lichen Schlauch. Den Wind liess man so lange einströmen, bis die
Masse hoch aufkochte, alsdann rührte man mit gewöhnlichen Krücken
weiter. Zur Reinigung wurde zuweilen auch Dampf eingeblasen. Durch
das Einblasen von gepresster Luft wurde ein Drittel an Zeit gegen
sonst erspart. In Glasgow verlief eine Charge, die früher 1 Stunde
30 Minuten bis 1 Stunde 45 Minuten gedauert hatte, in 1 Stunde
8 Minuten. Bei dem letzten Teil des Prozesses sollte der Phosphor
grossenteils abgeschieden werden. Deshalb sollten nach diesem Ver-
fahren alle phosphorhaltigen Eisensorten, die für den Bessemerprozess
untauglich waren, mit Erfolg verarbeitet werden können. Nach den
Analysen von Day war das erhaltene Eisen sehr rein, viel reiner
wie Bessemereisen. Ausser auf dem oben genannten Werke wurde

1) Siehe Österreich. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1864, S. 408;
Berggeist, 15. Juli 1864.
8*

Die Schweiſseisenbereitung 1861 bis 1870.
Puddelverfahren patentieren 1), bei welchem Wasserdampf durch ein
Mundstück in das flüssige Eisen eingeleitet werden sollte. Der Sauer-
stoff des Wassers sollte Silicium und Kohle oxydieren, der Wasserstoff
Schwefel, Phosphor und Arsenik entfernen. Die Idee war keineswegs
neu; zehn Jahre vorher hatte Nasmyth fast denselben Vorschlag
gemacht. In Frankreich wendete Galy-Calazat ein ähnliches Ver-
fahren zur Stahlfabrikation an.

Das gröſste Aufsehen erregte aber Ende der sechziger Jahre
das Puddeln mit hohler Rührkrücke, welches Richardson in
England wieder aufbrachte. Obgleich sein Patent vom 4. Dezember
1866 im Wesentlichen nur eine Wiederholung des Patentes von
Nasmyth vom Jahre 1864 war, so wurde es doch als etwas Neues
angestaunt und erregte viel gröſseres Interesse als seiner Zeit die
Erfindung von Nasmyth. Richardson soll überdies die Idee und
die Anregung von Reuben Plant, mit dem er früher associiert
gewesen war, erhalten haben. In dem Patent war vorgesehen, daſs
auſser Luft und Dampf auch Gase oder chemische Substanzen durch
die hohlen Rührkrücken mit eingeblasen werden könnten.

Richardsons Puddelprozeſs fand einen eifrigen Fürsprecher
an St. Vincent Day, der viel dazu beigetragen hat, daſs das
Verfahren so groſse Beachtung fand. Es war 1867 auf dem Eisen-
werk der Glasgow-Iron-Company eingeführt worden. Man leitete
dort in das eingeschmolzene Eisen durch einen hohlen Rührer
einen Luftstrom von 5 bis 6 Pfund Pressung pro Quadratzoll. Das
Rühren geschah wie sonst. Die Verbindung des Rührers mit dem
Windstock geschah ebenfalls wie bei Nasmyth durch einen beweg-
lichen Schlauch. Den Wind lieſs man so lange einströmen, bis die
Masse hoch aufkochte, alsdann rührte man mit gewöhnlichen Krücken
weiter. Zur Reinigung wurde zuweilen auch Dampf eingeblasen. Durch
das Einblasen von gepreſster Luft wurde ein Drittel an Zeit gegen
sonst erspart. In Glasgow verlief eine Charge, die früher 1 Stunde
30 Minuten bis 1 Stunde 45 Minuten gedauert hatte, in 1 Stunde
8 Minuten. Bei dem letzten Teil des Prozesses sollte der Phosphor
groſsenteils abgeschieden werden. Deshalb sollten nach diesem Ver-
fahren alle phosphorhaltigen Eisensorten, die für den Bessemerprozeſs
untauglich waren, mit Erfolg verarbeitet werden können. Nach den
Analysen von Day war das erhaltene Eisen sehr rein, viel reiner
wie Bessemereisen. Auſser auf dem oben genannten Werke wurde

1) Siehe Österreich. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1864, S. 408;
Berggeist, 15. Juli 1864.
8*
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[115/0131] Die Schweiſseisenbereitung 1861 bis 1870. Puddelverfahren patentieren 1), bei welchem Wasserdampf durch ein Mundstück in das flüssige Eisen eingeleitet werden sollte. Der Sauer- stoff des Wassers sollte Silicium und Kohle oxydieren, der Wasserstoff Schwefel, Phosphor und Arsenik entfernen. Die Idee war keineswegs neu; zehn Jahre vorher hatte Nasmyth fast denselben Vorschlag gemacht. In Frankreich wendete Galy-Calazat ein ähnliches Ver- fahren zur Stahlfabrikation an. Das gröſste Aufsehen erregte aber Ende der sechziger Jahre das Puddeln mit hohler Rührkrücke, welches Richardson in England wieder aufbrachte. Obgleich sein Patent vom 4. Dezember 1866 im Wesentlichen nur eine Wiederholung des Patentes von Nasmyth vom Jahre 1864 war, so wurde es doch als etwas Neues angestaunt und erregte viel gröſseres Interesse als seiner Zeit die Erfindung von Nasmyth. Richardson soll überdies die Idee und die Anregung von Reuben Plant, mit dem er früher associiert gewesen war, erhalten haben. In dem Patent war vorgesehen, daſs auſser Luft und Dampf auch Gase oder chemische Substanzen durch die hohlen Rührkrücken mit eingeblasen werden könnten. Richardsons Puddelprozeſs fand einen eifrigen Fürsprecher an St. Vincent Day, der viel dazu beigetragen hat, daſs das Verfahren so groſse Beachtung fand. Es war 1867 auf dem Eisen- werk der Glasgow-Iron-Company eingeführt worden. Man leitete dort in das eingeschmolzene Eisen durch einen hohlen Rührer einen Luftstrom von 5 bis 6 Pfund Pressung pro Quadratzoll. Das Rühren geschah wie sonst. Die Verbindung des Rührers mit dem Windstock geschah ebenfalls wie bei Nasmyth durch einen beweg- lichen Schlauch. Den Wind lieſs man so lange einströmen, bis die Masse hoch aufkochte, alsdann rührte man mit gewöhnlichen Krücken weiter. Zur Reinigung wurde zuweilen auch Dampf eingeblasen. Durch das Einblasen von gepreſster Luft wurde ein Drittel an Zeit gegen sonst erspart. In Glasgow verlief eine Charge, die früher 1 Stunde 30 Minuten bis 1 Stunde 45 Minuten gedauert hatte, in 1 Stunde 8 Minuten. Bei dem letzten Teil des Prozesses sollte der Phosphor groſsenteils abgeschieden werden. Deshalb sollten nach diesem Ver- fahren alle phosphorhaltigen Eisensorten, die für den Bessemerprozeſs untauglich waren, mit Erfolg verarbeitet werden können. Nach den Analysen von Day war das erhaltene Eisen sehr rein, viel reiner wie Bessemereisen. Auſser auf dem oben genannten Werke wurde 1) Siehe Österreich. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1864, S. 408; Berggeist, 15. Juli 1864. 8*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/131>, abgerufen am 24.11.2024.