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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Kolumbia. -- Brasilien.

Nachdem die Vereinigten Staaten 1899 Kuba besetzt hatten, wurde
der Zoll auf Eisenerze herabgesetzt und wird die Förderung der
kubanischen Eisensteinbergwerke sich voraussichtlich in der Zukunft
noch steigern.

Die Republik Kolumbia besitzt Steinkohlen und Eisenerze. Das
Hüttenwerk Ferreria de la Praderia, 8 Meilen von Bogota entfernt,
hat einen Kokshochofen von 30 bis 40 Tonnen täglicher Leistungs-
fähigkeit, mehrere Puddelöfen, Hammer- und Walzwerke. Der Bau
eines Stahlwerkes ist beabsichtigt.

Brasilien ist reich an Eisenerzen, aber arm an Steinkohlen.
Die wenig umfangreiche Verhüttung der Erze geschieht mit Holz-
kohlen. Auf der Weltausstellung in Wien im Jahre 1873 hatte
Joaquim de Souza Mursa Eisenprodukte ausgestellt. Er verhüttete
zu Sao Joao de Ipateva Magneteisenstein mit Kalk in einem Holz-
kohlenhochofen, das Roheisen wurde in Herden gefrischt, die Luppen
zerschroten und zu Stäben ausgeschmiedet.

Eine ausführlichere Mitteilung über die Eisenindustrie Brasiliens
aus dem Jahre 1893 1) verdanken wir Paul Ferrand, Professor an der
brasilianischen Bergakademie zu Ouro-Preto, der wir folgende Notizen
entnehmen.

Die wichtigsten Eisenerzlagerstätten finden sich in den Provinzen
Minas Geraes, Espiritu Santo, Sao Paulo, Santa Catharina, Rio grande
do Sul, Goyaz und Matto Grosso. Die Eisenindustrie ist besonders in
den Staaten Minas und Sao Paulo vertreten. Neben den kleinen Stück-
öfen (cadinhos), von denen je vier bis sechs in einem gemeinsamen
Mauerwerk vereinigt sind, und den kleinen katalanischen Feuern
giebt es auch zwei Hochofenanlagen, beide für Holzkohlenbetrieb ein-
gerichtet. Die eine davon ist Eigentum der Provinz Sao Paulo und
wurde im Jahre 1810 in Ipateva errichtet. Sie besitzt zwei alte
Öfen von 8 m Höhe, von denen abwechselnd einer in Betrieb ist, und
einen neuen Ofen von 12 m Höhe, der indessen noch nicht angeblasen
war. Zur Verhüttung gelangte ein Magnetit, dessen Analyse
67 Prozent metallisches Eisen, dabei aber eine gewisse Menge
Titan und Phosphor aufweist. Das Eisen wird mit kaltem Wind er-
blasen, und der Brennmaterialaufwand ist sehr beträchtlich. Die
Weiterverarbeitung des Roheisens erfolgt in zwei Feuern, die im Tage

1) Im Septemberheft der Revue universelle des Mines von 1893; Stahl und
Eisen 1894, S. 370.
Kolumbia. — Brasilien.

Nachdem die Vereinigten Staaten 1899 Kuba besetzt hatten, wurde
der Zoll auf Eisenerze herabgesetzt und wird die Förderung der
kubanischen Eisensteinbergwerke sich voraussichtlich in der Zukunft
noch steigern.

Die Republik Kolumbia besitzt Steinkohlen und Eisenerze. Das
Hüttenwerk Ferreria de la Praderia, 8 Meilen von Bogotá entfernt,
hat einen Kokshochofen von 30 bis 40 Tonnen täglicher Leistungs-
fähigkeit, mehrere Puddelöfen, Hammer- und Walzwerke. Der Bau
eines Stahlwerkes ist beabsichtigt.

Brasilien ist reich an Eisenerzen, aber arm an Steinkohlen.
Die wenig umfangreiche Verhüttung der Erze geschieht mit Holz-
kohlen. Auf der Weltausstellung in Wien im Jahre 1873 hatte
Joaquim de Souza Mursa Eisenprodukte ausgestellt. Er verhüttete
zu São João de Ipateva Magneteisenstein mit Kalk in einem Holz-
kohlenhochofen, das Roheisen wurde in Herden gefrischt, die Luppen
zerschroten und zu Stäben ausgeschmiedet.

Eine ausführlichere Mitteilung über die Eisenindustrie Brasiliens
aus dem Jahre 1893 1) verdanken wir Paul Ferrand, Professor an der
brasilianischen Bergakademie zu Ouro-Preto, der wir folgende Notizen
entnehmen.

Die wichtigsten Eisenerzlagerstätten finden sich in den Provinzen
Minas Geraes, Espiritu Santo, Sao Paulo, Santa Catharina, Rio grande
do Sul, Goyaz und Matto Grosso. Die Eisenindustrie ist besonders in
den Staaten Minas und São Paulo vertreten. Neben den kleinen Stück-
öfen (cadinhos), von denen je vier bis sechs in einem gemeinsamen
Mauerwerk vereinigt sind, und den kleinen katalanischen Feuern
giebt es auch zwei Hochofenanlagen, beide für Holzkohlenbetrieb ein-
gerichtet. Die eine davon ist Eigentum der Provinz Sao Paulo und
wurde im Jahre 1810 in Ipateva errichtet. Sie besitzt zwei alte
Öfen von 8 m Höhe, von denen abwechselnd einer in Betrieb ist, und
einen neuen Ofen von 12 m Höhe, der indessen noch nicht angeblasen
war. Zur Verhüttung gelangte ein Magnetit, dessen Analyse
67 Prozent metallisches Eisen, dabei aber eine gewisse Menge
Titan und Phosphor aufweist. Das Eisen wird mit kaltem Wind er-
blasen, und der Brennmaterialaufwand ist sehr beträchtlich. Die
Weiterverarbeitung des Roheisens erfolgt in zwei Feuern, die im Tage

1) Im Septemberheft der Revue universelle des Mines von 1893; Stahl und
Eisen 1894, S. 370.
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[1348/1364] Kolumbia. — Brasilien. Nachdem die Vereinigten Staaten 1899 Kuba besetzt hatten, wurde der Zoll auf Eisenerze herabgesetzt und wird die Förderung der kubanischen Eisensteinbergwerke sich voraussichtlich in der Zukunft noch steigern. Die Republik Kolumbia besitzt Steinkohlen und Eisenerze. Das Hüttenwerk Ferreria de la Praderia, 8 Meilen von Bogotá entfernt, hat einen Kokshochofen von 30 bis 40 Tonnen täglicher Leistungs- fähigkeit, mehrere Puddelöfen, Hammer- und Walzwerke. Der Bau eines Stahlwerkes ist beabsichtigt. Brasilien ist reich an Eisenerzen, aber arm an Steinkohlen. Die wenig umfangreiche Verhüttung der Erze geschieht mit Holz- kohlen. Auf der Weltausstellung in Wien im Jahre 1873 hatte Joaquim de Souza Mursa Eisenprodukte ausgestellt. Er verhüttete zu São João de Ipateva Magneteisenstein mit Kalk in einem Holz- kohlenhochofen, das Roheisen wurde in Herden gefrischt, die Luppen zerschroten und zu Stäben ausgeschmiedet. Eine ausführlichere Mitteilung über die Eisenindustrie Brasiliens aus dem Jahre 1893 1) verdanken wir Paul Ferrand, Professor an der brasilianischen Bergakademie zu Ouro-Preto, der wir folgende Notizen entnehmen. Die wichtigsten Eisenerzlagerstätten finden sich in den Provinzen Minas Geraes, Espiritu Santo, Sao Paulo, Santa Catharina, Rio grande do Sul, Goyaz und Matto Grosso. Die Eisenindustrie ist besonders in den Staaten Minas und São Paulo vertreten. Neben den kleinen Stück- öfen (cadinhos), von denen je vier bis sechs in einem gemeinsamen Mauerwerk vereinigt sind, und den kleinen katalanischen Feuern giebt es auch zwei Hochofenanlagen, beide für Holzkohlenbetrieb ein- gerichtet. Die eine davon ist Eigentum der Provinz Sao Paulo und wurde im Jahre 1810 in Ipateva errichtet. Sie besitzt zwei alte Öfen von 8 m Höhe, von denen abwechselnd einer in Betrieb ist, und einen neuen Ofen von 12 m Höhe, der indessen noch nicht angeblasen war. Zur Verhüttung gelangte ein Magnetit, dessen Analyse 67 Prozent metallisches Eisen, dabei aber eine gewisse Menge Titan und Phosphor aufweist. Das Eisen wird mit kaltem Wind er- blasen, und der Brennmaterialaufwand ist sehr beträchtlich. Die Weiterverarbeitung des Roheisens erfolgt in zwei Feuern, die im Tage 1) Im Septemberheft der Revue universelle des Mines von 1893; Stahl und Eisen 1894, S. 370.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1364>, abgerufen am 23.11.2024.