Fortschritte der Bearbeitung des Eisens 1861 bis 1870.
und Eisengesellschaft hatte dieses Verfahren auf ihrem Werk in Süd-Staffordshire 1868 eingeführt und war damit sehr zufrieden. Ramsbottom kam 1868 wieder auf die alte Konstruktion von John Wilkinson im Anfang des Jahrhunderts zurück, indem er ein oscil- lierendes Walzwerk (cogging mill) aus grossen Cylindersegmenten herstellte 1). Er verwendete es als Stahlblockwalze.
Gute Abbildungen wichtiger englischer Walzwerke findet man in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen Staate von 1869; es sind das neue Bessemerwalzwerk zu Dawlais (Taf. I u. II), das Schienen- und Plattenwalzwerk von John Brown in Sheffield (Taf. III), das Blechwalzwerk zu Crewe (Taf. III), die Rohschienenwalzwerke zu Cyfartha (Taf. IV) und zu Rhymney (Taf. V), sowie das Panzerplattenwalzwerk und der Grundplan des Puddel- und Walzwerks zu Rhymney (Taf. V).
Eine grosse Förderung der Schweissarbeit wurde durch die Ein- führung der Siemens-Regeneratorfeuerung herbeigeführt.
Eine eigentümliche Art zu schweissen erfanden 1868 J. Harris und V. Pendred, indem sie einen Horizontaldoppelhammer kon- struierten, vermittelst dessen sie grosse Stücke im Innern des Schweiss- ofens zusammenschweissten 2).
Bei der Herstellung von Stahlröhren für Gewehrläufe ohne Schweissnaht wurden die massiv gegossenen Stahlbarren stark über- schmiedet, um das krystallinische Gefüge zu zerstören und dann durch Tempern weich gemacht. Sie wurden dann der Länge nach durch- gebohrt, an den Enden konisch abgedreht, dass sie durch das Ziehloch konnten, worauf das Ziehen wie gewöhnlich begann. Nach dreimaligem Ziehen mussten sie in Thonmuffeln geglüht werden, um ihnen die Sprödigkeit zu nehmen.
Das Walzen schmiedeeiserner Röhren war besonders in England im Schwung. Englische Röhren von 15 Zoll Durchmesser waren auf der Pariser Ausstellung zu sehen. Neue Verwendungen für derartige Röhren waren durch die in London eingeführte Rohrpost und durch die Ver- wendung für Kolbenstangen und Wellen veranlasst. Kessler fertigte (1864) schmiedeeiserne Röhren in der Weise, dass er Pakete aus Schienen von segmentförmigem Querschnitt bildete, sie im Innern mit feinem Quarzsand ausfüllte, die Enden mit eisernen Stöpseln verschloss und sie dann auswalzte. -- Hawksworth und Harding stellten Stahl-
1) Siehe Jahrbuch von Leoben 1869, Tab. II u. III.
2) Siehe Mechanics Magazine 1869, Vol. 90, p. 157; Berggeist 1869, S. 136, Engl. Patent Nr. 2177.
Fortschritte der Bearbeitung des Eisens 1861 bis 1870.
und Eisengesellschaft hatte dieses Verfahren auf ihrem Werk in Süd-Staffordshire 1868 eingeführt und war damit sehr zufrieden. Ramsbottom kam 1868 wieder auf die alte Konstruktion von John Wilkinson im Anfang des Jahrhunderts zurück, indem er ein oscil- lierendes Walzwerk (cogging mill) aus groſsen Cylindersegmenten herstellte 1). Er verwendete es als Stahlblockwalze.
Gute Abbildungen wichtiger englischer Walzwerke findet man in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preuſsischen Staate von 1869; es sind das neue Bessemerwalzwerk zu Dawlais (Taf. I u. II), das Schienen- und Plattenwalzwerk von John Brown in Sheffield (Taf. III), das Blechwalzwerk zu Crewe (Taf. III), die Rohschienenwalzwerke zu Cyfartha (Taf. IV) und zu Rhymney (Taf. V), sowie das Panzerplattenwalzwerk und der Grundplan des Puddel- und Walzwerks zu Rhymney (Taf. V).
Eine groſse Förderung der Schweiſsarbeit wurde durch die Ein- führung der Siemens-Regeneratorfeuerung herbeigeführt.
Eine eigentümliche Art zu schweiſsen erfanden 1868 J. Harris und V. Pendred, indem sie einen Horizontaldoppelhammer kon- struierten, vermittelst dessen sie groſse Stücke im Innern des Schweiſs- ofens zusammenschweiſsten 2).
Bei der Herstellung von Stahlröhren für Gewehrläufe ohne Schweiſsnaht wurden die massiv gegossenen Stahlbarren stark über- schmiedet, um das krystallinische Gefüge zu zerstören und dann durch Tempern weich gemacht. Sie wurden dann der Länge nach durch- gebohrt, an den Enden konisch abgedreht, daſs sie durch das Ziehloch konnten, worauf das Ziehen wie gewöhnlich begann. Nach dreimaligem Ziehen muſsten sie in Thonmuffeln geglüht werden, um ihnen die Sprödigkeit zu nehmen.
Das Walzen schmiedeeiserner Röhren war besonders in England im Schwung. Englische Röhren von 15 Zoll Durchmesser waren auf der Pariser Ausstellung zu sehen. Neue Verwendungen für derartige Röhren waren durch die in London eingeführte Rohrpost und durch die Ver- wendung für Kolbenstangen und Wellen veranlaſst. Keſsler fertigte (1864) schmiedeeiserne Röhren in der Weise, daſs er Pakete aus Schienen von segmentförmigem Querschnitt bildete, sie im Innern mit feinem Quarzsand ausfüllte, die Enden mit eisernen Stöpseln verschloſs und sie dann auswalzte. — Hawksworth und Harding stellten Stahl-
1) Siehe Jahrbuch von Leoben 1869, Tab. II u. III.
2) Siehe Mechanics Magazine 1869, Vol. 90, p. 157; Berggeist 1869, S. 136, Engl. Patent Nr. 2177.
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und Eisengesellschaft hatte dieses Verfahren auf ihrem Werk in
Süd-Staffordshire 1868 eingeführt und war damit sehr zufrieden.
Ramsbottom kam 1868 wieder auf die alte Konstruktion von John
Wilkinson im Anfang des Jahrhunderts zurück, indem er ein oscil-
lierendes Walzwerk (cogging mill) aus groſsen Cylindersegmenten
herstellte 1). Er verwendete es als Stahlblockwalze.
Gute Abbildungen wichtiger englischer Walzwerke findet man in
der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preuſsischen
Staate von 1869; es sind das neue Bessemerwalzwerk zu Dawlais
(Taf. I u. II), das Schienen- und Plattenwalzwerk von John Brown
in Sheffield (Taf. III), das Blechwalzwerk zu Crewe (Taf. III), die
Rohschienenwalzwerke zu Cyfartha (Taf. IV) und zu Rhymney (Taf. V),
sowie das Panzerplattenwalzwerk und der Grundplan des Puddel- und
Walzwerks zu Rhymney (Taf. V).
Eine groſse Förderung der Schweiſsarbeit wurde durch die Ein-
führung der Siemens-Regeneratorfeuerung herbeigeführt.
Eine eigentümliche Art zu schweiſsen erfanden 1868 J. Harris
und V. Pendred, indem sie einen Horizontaldoppelhammer kon-
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ofens zusammenschweiſsten 2).
Bei der Herstellung von Stahlröhren für Gewehrläufe ohne
Schweiſsnaht wurden die massiv gegossenen Stahlbarren stark über-
schmiedet, um das krystallinische Gefüge zu zerstören und dann durch
Tempern weich gemacht. Sie wurden dann der Länge nach durch-
gebohrt, an den Enden konisch abgedreht, daſs sie durch das Ziehloch
konnten, worauf das Ziehen wie gewöhnlich begann. Nach dreimaligem
Ziehen muſsten sie in Thonmuffeln geglüht werden, um ihnen die
Sprödigkeit zu nehmen.
Das Walzen schmiedeeiserner Röhren war besonders in England
im Schwung. Englische Röhren von 15 Zoll Durchmesser waren auf der
Pariser Ausstellung zu sehen. Neue Verwendungen für derartige Röhren
waren durch die in London eingeführte Rohrpost und durch die Ver-
wendung für Kolbenstangen und Wellen veranlaſst. Keſsler fertigte
(1864) schmiedeeiserne Röhren in der Weise, daſs er Pakete aus Schienen
von segmentförmigem Querschnitt bildete, sie im Innern mit feinem
Quarzsand ausfüllte, die Enden mit eisernen Stöpseln verschloſs und
sie dann auswalzte. — Hawksworth und Harding stellten Stahl-
1) Siehe Jahrbuch von Leoben 1869, Tab. II u. III.
2) Siehe Mechanics Magazine 1869, Vol. 90, p. 157; Berggeist 1869, S. 136,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/231>, abgerufen am 24.11.2024.
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