Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochöfen und Hochofenbetrieb.

Eine Auslaugung gerösteter phosphorhaltiger Erze mit schweflig-
säurehaltigem Wasser zur Entfernung der Phosphorsäure führte
Jacoby 1871 zu Kladno in Böhmen ein. Dieselbe blieb nicht ohne
Erfolg bis 1881 im Betriebe, wurde dann aber nach Einführung des
Thomasverfahrens überflüssig.

Winderzeugung und Winderhitzung sind die wichtigsten
Hülfsmittel für den Hochofenbetrieb. Die Winderzeugung wird bewirkt

[Abbildung] Fig. 152.
durch die Gebläse. Bei dem
Hochofenbetriebe kommen nur
Cylindergebläse in Anwendung.
Die älteste Form derselben, die
Balanciermaschine, die sich in
England lange allein behauptet
hatte, wurde mehr und mehr von
den durch John Gjers in den
sechziger Jahren in Cleveland
eingeführten direkt wirkenden,
stehenden Gebläsen mit einer

Kurbelstange ("Cleveland-
maschine") verdrängt. Bei diesen
befindet sich der Dampfcylinder
über dem Gebläsecylinder, dessen
oberer Deckel zugleich die Fuss-
platte für den Dampfcylinder
bildet, die gemeinschaftliche Kol-
benstange ist unter dem Gebläse-
cylinder mit der Kurbelstange, welche die Schwungradwelle bewegt, ver-
bunden. Man giebt diesen Maschinen keinen grossen Hub (ca. 1200 mm),
damit der Aufbau der Maschine nicht zu hoch wird, aber grosse Durch-
messer (ca. 1000 und 2500 mm bei Dampf und Windcylinder) und
verbindet zwei oder drei miteinander. Bei Zwillingsgebläsen werden
die Kurbeln zu 180°, bei Drillingsmaschinen zu 120° gegeneinander
gestellt. Die Zwillingsmaschinen von Kitson & Co. in Leeds be-
währten sich besonders gut.

Auf dem Kontinent fand dagegen der Typus der stehenden, direkt
wirkenden Gebläse mit doppelten Kurbelstangen von Seraing, wie
schon im vorhergehenden Jahrzehnt, so auch in den siebziger Jahren,
grössere Verbreitung. Bei diesen befindet sich das Querhaupt, das
mit den beiden Kurbelstangen, welche die beiden Schwungräder
bewegen, verbunden ist, zwischen Dampf- und Gebläsecylinder und

Hochöfen und Hochofenbetrieb.

Eine Auslaugung gerösteter phosphorhaltiger Erze mit schweflig-
säurehaltigem Wasser zur Entfernung der Phosphorsäure führte
Jacoby 1871 zu Kladno in Böhmen ein. Dieselbe blieb nicht ohne
Erfolg bis 1881 im Betriebe, wurde dann aber nach Einführung des
Thomasverfahrens überflüssig.

Winderzeugung und Winderhitzung sind die wichtigsten
Hülfsmittel für den Hochofenbetrieb. Die Winderzeugung wird bewirkt

[Abbildung] Fig. 152.
durch die Gebläse. Bei dem
Hochofenbetriebe kommen nur
Cylindergebläse in Anwendung.
Die älteste Form derselben, die
Balanciermaschine, die sich in
England lange allein behauptet
hatte, wurde mehr und mehr von
den durch John Gjers in den
sechziger Jahren in Cleveland
eingeführten direkt wirkenden,
stehenden Gebläsen mit einer

Kurbelstange („Cleveland-
maschine“) verdrängt. Bei diesen
befindet sich der Dampfcylinder
über dem Gebläsecylinder, dessen
oberer Deckel zugleich die Fuſs-
platte für den Dampfcylinder
bildet, die gemeinschaftliche Kol-
benstange ist unter dem Gebläse-
cylinder mit der Kurbelstange, welche die Schwungradwelle bewegt, ver-
bunden. Man giebt diesen Maschinen keinen groſsen Hub (ca. 1200 mm),
damit der Aufbau der Maschine nicht zu hoch wird, aber groſse Durch-
messer (ca. 1000 und 2500 mm bei Dampf und Windcylinder) und
verbindet zwei oder drei miteinander. Bei Zwillingsgebläsen werden
die Kurbeln zu 180°, bei Drillingsmaschinen zu 120° gegeneinander
gestellt. Die Zwillingsmaschinen von Kitson & Co. in Leeds be-
währten sich besonders gut.

Auf dem Kontinent fand dagegen der Typus der stehenden, direkt
wirkenden Gebläse mit doppelten Kurbelstangen von Seraing, wie
schon im vorhergehenden Jahrzehnt, so auch in den siebziger Jahren,
gröſsere Verbreitung. Bei diesen befindet sich das Querhaupt, das
mit den beiden Kurbelstangen, welche die beiden Schwungräder
bewegen, verbunden ist, zwischen Dampf- und Gebläsecylinder und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0448" n="432"/>
          <fw place="top" type="header">Hochöfen und Hochofenbetrieb.</fw><lb/>
          <p>Eine Auslaugung gerösteter phosphorhaltiger Erze mit schweflig-<lb/>
säurehaltigem Wasser zur Entfernung der Phosphorsäure führte<lb/><hi rendition="#g">Jacoby</hi> 1871 zu Kladno in Böhmen ein. Dieselbe blieb nicht ohne<lb/>
Erfolg bis 1881 im Betriebe, wurde dann aber nach Einführung des<lb/>
Thomasverfahrens überflüssig.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Winderzeugung</hi> und <hi rendition="#g">Winderhitzung</hi> sind die wichtigsten<lb/>
Hülfsmittel für den Hochofenbetrieb. Die Winderzeugung wird bewirkt<lb/><figure><head>Fig. 152.</head></figure><lb/>
durch die <hi rendition="#g">Gebläse.</hi> Bei dem<lb/>
Hochofenbetriebe kommen nur<lb/>
Cylindergebläse in Anwendung.<lb/>
Die älteste Form derselben, die<lb/>
Balanciermaschine, die sich in<lb/>
England lange allein behauptet<lb/>
hatte, wurde mehr und mehr von<lb/>
den durch <hi rendition="#g">John Gjers</hi> in den<lb/>
sechziger Jahren in Cleveland<lb/>
eingeführten direkt wirkenden,<lb/>
stehenden Gebläsen mit <hi rendition="#g">einer</hi></p><lb/>
          <p>Kurbelstange (&#x201E;Cleveland-<lb/>
maschine&#x201C;) verdrängt. Bei diesen<lb/>
befindet sich der Dampfcylinder<lb/>
über dem Gebläsecylinder, dessen<lb/>
oberer Deckel zugleich die Fu&#x017F;s-<lb/>
platte für den Dampfcylinder<lb/>
bildet, die gemeinschaftliche Kol-<lb/>
benstange ist unter dem Gebläse-<lb/>
cylinder mit der Kurbelstange, welche die Schwungradwelle bewegt, ver-<lb/>
bunden. Man giebt diesen Maschinen keinen gro&#x017F;sen Hub (ca. 1200 mm),<lb/>
damit der Aufbau der Maschine nicht zu hoch wird, aber gro&#x017F;se Durch-<lb/>
messer (ca. 1000 und 2500 mm bei Dampf und Windcylinder) und<lb/>
verbindet zwei oder drei miteinander. Bei Zwillingsgebläsen werden<lb/>
die Kurbeln zu 180°, bei Drillingsmaschinen zu 120° gegeneinander<lb/>
gestellt. Die Zwillingsmaschinen von <hi rendition="#g">Kitson &amp; Co.</hi> in Leeds be-<lb/>
währten sich besonders gut.</p><lb/>
          <p>Auf dem Kontinent fand dagegen der Typus der stehenden, direkt<lb/>
wirkenden Gebläse mit doppelten Kurbelstangen von <hi rendition="#g">Seraing,</hi> wie<lb/>
schon im vorhergehenden Jahrzehnt, so auch in den siebziger Jahren,<lb/>
grö&#x017F;sere Verbreitung. Bei diesen befindet sich das Querhaupt, das<lb/>
mit den beiden Kurbelstangen, welche die beiden Schwungräder<lb/>
bewegen, verbunden ist, zwischen Dampf- und Gebläsecylinder und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[432/0448] Hochöfen und Hochofenbetrieb. Eine Auslaugung gerösteter phosphorhaltiger Erze mit schweflig- säurehaltigem Wasser zur Entfernung der Phosphorsäure führte Jacoby 1871 zu Kladno in Böhmen ein. Dieselbe blieb nicht ohne Erfolg bis 1881 im Betriebe, wurde dann aber nach Einführung des Thomasverfahrens überflüssig. Winderzeugung und Winderhitzung sind die wichtigsten Hülfsmittel für den Hochofenbetrieb. Die Winderzeugung wird bewirkt [Abbildung Fig. 152.] durch die Gebläse. Bei dem Hochofenbetriebe kommen nur Cylindergebläse in Anwendung. Die älteste Form derselben, die Balanciermaschine, die sich in England lange allein behauptet hatte, wurde mehr und mehr von den durch John Gjers in den sechziger Jahren in Cleveland eingeführten direkt wirkenden, stehenden Gebläsen mit einer Kurbelstange („Cleveland- maschine“) verdrängt. Bei diesen befindet sich der Dampfcylinder über dem Gebläsecylinder, dessen oberer Deckel zugleich die Fuſs- platte für den Dampfcylinder bildet, die gemeinschaftliche Kol- benstange ist unter dem Gebläse- cylinder mit der Kurbelstange, welche die Schwungradwelle bewegt, ver- bunden. Man giebt diesen Maschinen keinen groſsen Hub (ca. 1200 mm), damit der Aufbau der Maschine nicht zu hoch wird, aber groſse Durch- messer (ca. 1000 und 2500 mm bei Dampf und Windcylinder) und verbindet zwei oder drei miteinander. Bei Zwillingsgebläsen werden die Kurbeln zu 180°, bei Drillingsmaschinen zu 120° gegeneinander gestellt. Die Zwillingsmaschinen von Kitson & Co. in Leeds be- währten sich besonders gut. Auf dem Kontinent fand dagegen der Typus der stehenden, direkt wirkenden Gebläse mit doppelten Kurbelstangen von Seraing, wie schon im vorhergehenden Jahrzehnt, so auch in den siebziger Jahren, gröſsere Verbreitung. Bei diesen befindet sich das Querhaupt, das mit den beiden Kurbelstangen, welche die beiden Schwungräder bewegen, verbunden ist, zwischen Dampf- und Gebläsecylinder und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/448
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/448>, abgerufen am 22.11.2024.