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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Der Puddelprozess oder das Flammofenfrischen.
Pietzka 1) zu Witkowitz 1887 ein. Er machte die beiden hinter-
einander liegenden Herde um eine vertikale Achse drehbar. Infolge-
dessen bedurfte es nur einer Feuerung, vor welche man abwechselnd
den einen und den anderen Herd brachte. 1888 waren sieben solcher
Öfen zu Witkowitz in Betrieb. In Deutschland wurden sie auf dem
Zawadski-Eisenwerk des Grafen Strehlitz und zu Friedenshütte in
Schlesien eingeführt. Zu Bautzen benutzte man dieselben zur Fluss-
eisenbereitung. Sie waren mit Generatoren und Wärmespeichern
verbunden. Zu Friedenshütte erzeugten in einem gewöhnlichen
Puddelofen 3 Arbeiter in 12 Stunden 2000 kg Luppeneisen, in einem
Pietzka-Drehofen 6 Arbeiter in 12 Stunden bei 12 Einsätzen (von
500 kg) 6000 kg. Der Kohlenverbrauch betrug dabei nur 43 Prozent
von dem der alten Öfen. Der Gedanke, den Herd des Puddelofens
drehbar zu machen, war übrigens nicht neu. Glanzer zu Brezova
hatte bereits Mitte der siebziger Jahre einen auf einer Drehscheibe
wendbaren Puddelherd konstruiert, doch war der Anschluss an
Feuerbrücke und Fuchs zu mangelhaft, weshalb er aufgegeben wurde.
Denselben Versuch mit demselben Ergebnis hatte dann Pauckmann
zu Lipschitz in Böhmen gemacht. Erst Pietzka gelang es, diese
Schwierigkeit zu überwinden. Sein Gaspuddelofen besteht aus den
Generatoren, dem drehbaren Ofenteil, dem Recuperator und dem
Überhitzkessel. Die Verbrennungsluft wird bei diesem Ofen durch
ein Dampfstrahlgebläse unter der Hüttensohle angesaugt und cirkuliert
unter dem Boden des Herdes, ehe sie in das Gebläse tritt. Ein Teil
derselben gelangt als Unterwind unter den Rost, ein anderer wird
erst an der Ausmündung der Feuerung hin- und hergeführt, hier
weiter erhitzt und tritt dann als Oberwind an der Stirnwand über
der Feuerung ein. Der Kohlenverbrauch war bei den Öfen zu
Witkowitz so gering, dass nach Abrechnung der zur Dampferzeugung
nutzbar gemachten Wärme nur 28,84 kg Steinkohlen für das Puddeln
übrig blieben. Ursprünglich hatte Pietzka seinen Ofen für direkte
Feuerung konstruiert, die günstigen Erfolge der Springeröfen ver-
anlassten ihn, auch seinen Ofen mit Regenerativfeuerung einzurichten.
Diese machte aber den Betrieb zu umständlich und wurde deshalb
wieder verlassen. Dagegen bewährte sich die sogenannte Recuperativ-
feuerung
gut und wurden sämtliche Öfen zu Witkowitz dafür um-
gebaut. Der Recuperator war derart konstruiert, dass die Luft den-
selben rechtwinklig zu dem Zuge der Feuergase nach dem Gegen-

1) D. R. P. Nr. 40218 und 42573; Stahl und Eisen 1888, S. 418.

Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen.
Pietzka 1) zu Witkowitz 1887 ein. Er machte die beiden hinter-
einander liegenden Herde um eine vertikale Achse drehbar. Infolge-
dessen bedurfte es nur einer Feuerung, vor welche man abwechselnd
den einen und den anderen Herd brachte. 1888 waren sieben solcher
Öfen zu Witkowitz in Betrieb. In Deutschland wurden sie auf dem
Zawadski-Eisenwerk des Grafen Strehlitz und zu Friedenshütte in
Schlesien eingeführt. Zu Bautzen benutzte man dieselben zur Fluſs-
eisenbereitung. Sie waren mit Generatoren und Wärmespeichern
verbunden. Zu Friedenshütte erzeugten in einem gewöhnlichen
Puddelofen 3 Arbeiter in 12 Stunden 2000 kg Luppeneisen, in einem
Pietzka-Drehofen 6 Arbeiter in 12 Stunden bei 12 Einsätzen (von
500 kg) 6000 kg. Der Kohlenverbrauch betrug dabei nur 43 Prozent
von dem der alten Öfen. Der Gedanke, den Herd des Puddelofens
drehbar zu machen, war übrigens nicht neu. Glanzer zu Brezova
hatte bereits Mitte der siebziger Jahre einen auf einer Drehscheibe
wendbaren Puddelherd konstruiert, doch war der Anschluſs an
Feuerbrücke und Fuchs zu mangelhaft, weshalb er aufgegeben wurde.
Denselben Versuch mit demselben Ergebnis hatte dann Pauckmann
zu Lipschitz in Böhmen gemacht. Erst Pietzka gelang es, diese
Schwierigkeit zu überwinden. Sein Gaspuddelofen besteht aus den
Generatoren, dem drehbaren Ofenteil, dem Recuperator und dem
Überhitzkessel. Die Verbrennungsluft wird bei diesem Ofen durch
ein Dampfstrahlgebläse unter der Hüttensohle angesaugt und cirkuliert
unter dem Boden des Herdes, ehe sie in das Gebläse tritt. Ein Teil
derselben gelangt als Unterwind unter den Rost, ein anderer wird
erst an der Ausmündung der Feuerung hin- und hergeführt, hier
weiter erhitzt und tritt dann als Oberwind an der Stirnwand über
der Feuerung ein. Der Kohlenverbrauch war bei den Öfen zu
Witkowitz so gering, daſs nach Abrechnung der zur Dampferzeugung
nutzbar gemachten Wärme nur 28,84 kg Steinkohlen für das Puddeln
übrig blieben. Ursprünglich hatte Pietzka seinen Ofen für direkte
Feuerung konstruiert, die günstigen Erfolge der Springeröfen ver-
anlaſsten ihn, auch seinen Ofen mit Regenerativfeuerung einzurichten.
Diese machte aber den Betrieb zu umständlich und wurde deshalb
wieder verlassen. Dagegen bewährte sich die sogenannte Recuperativ-
feuerung
gut und wurden sämtliche Öfen zu Witkowitz dafür um-
gebaut. Der Recuperator war derart konstruiert, daſs die Luft den-
selben rechtwinklig zu dem Zuge der Feuergase nach dem Gegen-

1) D. R. P. Nr. 40218 und 42573; Stahl und Eisen 1888, S. 418.
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[606/0622] Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen. Pietzka 1) zu Witkowitz 1887 ein. Er machte die beiden hinter- einander liegenden Herde um eine vertikale Achse drehbar. Infolge- dessen bedurfte es nur einer Feuerung, vor welche man abwechselnd den einen und den anderen Herd brachte. 1888 waren sieben solcher Öfen zu Witkowitz in Betrieb. In Deutschland wurden sie auf dem Zawadski-Eisenwerk des Grafen Strehlitz und zu Friedenshütte in Schlesien eingeführt. Zu Bautzen benutzte man dieselben zur Fluſs- eisenbereitung. Sie waren mit Generatoren und Wärmespeichern verbunden. Zu Friedenshütte erzeugten in einem gewöhnlichen Puddelofen 3 Arbeiter in 12 Stunden 2000 kg Luppeneisen, in einem Pietzka-Drehofen 6 Arbeiter in 12 Stunden bei 12 Einsätzen (von 500 kg) 6000 kg. Der Kohlenverbrauch betrug dabei nur 43 Prozent von dem der alten Öfen. Der Gedanke, den Herd des Puddelofens drehbar zu machen, war übrigens nicht neu. Glanzer zu Brezova hatte bereits Mitte der siebziger Jahre einen auf einer Drehscheibe wendbaren Puddelherd konstruiert, doch war der Anschluſs an Feuerbrücke und Fuchs zu mangelhaft, weshalb er aufgegeben wurde. Denselben Versuch mit demselben Ergebnis hatte dann Pauckmann zu Lipschitz in Böhmen gemacht. Erst Pietzka gelang es, diese Schwierigkeit zu überwinden. Sein Gaspuddelofen besteht aus den Generatoren, dem drehbaren Ofenteil, dem Recuperator und dem Überhitzkessel. Die Verbrennungsluft wird bei diesem Ofen durch ein Dampfstrahlgebläse unter der Hüttensohle angesaugt und cirkuliert unter dem Boden des Herdes, ehe sie in das Gebläse tritt. Ein Teil derselben gelangt als Unterwind unter den Rost, ein anderer wird erst an der Ausmündung der Feuerung hin- und hergeführt, hier weiter erhitzt und tritt dann als Oberwind an der Stirnwand über der Feuerung ein. Der Kohlenverbrauch war bei den Öfen zu Witkowitz so gering, daſs nach Abrechnung der zur Dampferzeugung nutzbar gemachten Wärme nur 28,84 kg Steinkohlen für das Puddeln übrig blieben. Ursprünglich hatte Pietzka seinen Ofen für direkte Feuerung konstruiert, die günstigen Erfolge der Springeröfen ver- anlaſsten ihn, auch seinen Ofen mit Regenerativfeuerung einzurichten. Diese machte aber den Betrieb zu umständlich und wurde deshalb wieder verlassen. Dagegen bewährte sich die sogenannte Recuperativ- feuerung gut und wurden sämtliche Öfen zu Witkowitz dafür um- gebaut. Der Recuperator war derart konstruiert, daſs die Luft den- selben rechtwinklig zu dem Zuge der Feuergase nach dem Gegen- 1) D. R. P. Nr. 40218 und 42573; Stahl und Eisen 1888, S. 418.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/622>, abgerufen am 22.11.2024.