Macintosh hatte schon 1825 vorgeschlagen, die Cementation in Kohlengas, d. h. einem Gemenge von Kohlenoxyd und Kohlenwasser- stoffgas, vorzunehmen. Die Stäbe sollten senkrecht in Kammern auf- gestellt, erhitzt und das entschwefelte Gas durchgeleitet werden. Das Verfahren gab angeblich gute Resultate, war aber zu teuer. Man hat dieses Verfahren auch in den siebziger Jahren wieder versucht, aber ohne praktischen Erfolg.
Th. J. Barrow machte Anfang der siebziger Jahre grobe Stahl- werkzeuge in der Weise, dass er sie aus Gusseisen in Formen goss, sie sodann in Eisenoxyd glühte, um sie in Schmiedeeisen überzuführen, und sie zuletzt in glühenden Retorten einem Strom von Gasolin und reinem Holzkohlengas aussetzte, wodurch sie zu Stahl cementiert wurden. Die Werkzeuge wurden alsdann getempert, geschliffen und poliert.
1877 wollte man Bessemer- und Martinstahl in der Weise für feinen Tiegelgussstahl verwenden, dass man Stäbe davon in einem mit Kohlenstickstoff getränkten Brennmaterial cementierte.
J. G. Bates nahm 1891 ein Patent (D. R. P. Nr. 57729) auf den Zusatz von Kryolith zum Cementierpulver und Th. Langer liess sich in demselben Jahre (D. R. P. Nr. 55544) ein Gemenge von 15 Tln. Salz, 1 Tl. Borax und 5 Tln. gelbem Blutlaugensalz mit einem kleinen Zusatz von gebrannten Hornspänen als Härtepulver für Schmiedeeisen- Temperguss patentieren. Für denselben Zweck schlugen Coomes und Hyde (D. R. P. Nr. 57880) eine konzentrierte Lösung von Kochsalz, Zucker und Salmiak vor. Le Garnier empfahl 1893 die Anwendung des elektrischen Stromes zur Beschleunigung der Cementation.
Der grösste Fortschritt der Tiegelgussstahlfabrikation bestand in der Einführung der Siemens-Regenerator-Schmelzöfen, welche die Produktion erhöhten und den Brennstoffverbrauch ver- ringerten. Man vergrösserte diese Öfen mehr und mehr. 1880 hatte man schon Flammschmelzöfen für 40 Tiegel. Da man die Tiegel nur in zwei Reihen aufstellte, wurden diese Öfen sehr lang. Natürlich erfuhren die Siemens-Stahlschmelzöfen vielerlei Abänderungen je nach den Verhältnissen und wurden viele Patente auf diese abgeänderten Konstruktionen genommen.
Um 1875 fand in den Vereinigten Staaten der Swindell-Ofen grössere Verbreitung.
Für den Guss kleiner Stahlgusswaren erwies sich Piats beweglicher Tiegelschmelzofen (Fig. 294), der zuerst auf der Pariser Ausstellung 1889 die Aufmerksamkeit erregte, als zweckmässig. Bei diesem wurde
Cement- und Tiegelguſsstahl.
Macintosh hatte schon 1825 vorgeschlagen, die Cementation in Kohlengas, d. h. einem Gemenge von Kohlenoxyd und Kohlenwasser- stoffgas, vorzunehmen. Die Stäbe sollten senkrecht in Kammern auf- gestellt, erhitzt und das entschwefelte Gas durchgeleitet werden. Das Verfahren gab angeblich gute Resultate, war aber zu teuer. Man hat dieses Verfahren auch in den siebziger Jahren wieder versucht, aber ohne praktischen Erfolg.
Th. J. Barrow machte Anfang der siebziger Jahre grobe Stahl- werkzeuge in der Weise, daſs er sie aus Guſseisen in Formen goſs, sie sodann in Eisenoxyd glühte, um sie in Schmiedeeisen überzuführen, und sie zuletzt in glühenden Retorten einem Strom von Gasolin und reinem Holzkohlengas aussetzte, wodurch sie zu Stahl cementiert wurden. Die Werkzeuge wurden alsdann getempert, geschliffen und poliert.
1877 wollte man Bessemer- und Martinstahl in der Weise für feinen Tiegelguſsstahl verwenden, daſs man Stäbe davon in einem mit Kohlenstickstoff getränkten Brennmaterial cementierte.
J. G. Bates nahm 1891 ein Patent (D. R. P. Nr. 57729) auf den Zusatz von Kryolith zum Cementierpulver und Th. Langer lieſs sich in demselben Jahre (D. R. P. Nr. 55544) ein Gemenge von 15 Tln. Salz, 1 Tl. Borax und 5 Tln. gelbem Blutlaugensalz mit einem kleinen Zusatz von gebrannten Hornspänen als Härtepulver für Schmiedeeisen- Temperguſs patentieren. Für denselben Zweck schlugen Coomes und Hyde (D. R. P. Nr. 57880) eine konzentrierte Lösung von Kochsalz, Zucker und Salmiak vor. Le Garnier empfahl 1893 die Anwendung des elektrischen Stromes zur Beschleunigung der Cementation.
Der gröſste Fortschritt der Tiegelguſsstahlfabrikation bestand in der Einführung der Siemens-Regenerator-Schmelzöfen, welche die Produktion erhöhten und den Brennstoffverbrauch ver- ringerten. Man vergröſserte diese Öfen mehr und mehr. 1880 hatte man schon Flammschmelzöfen für 40 Tiegel. Da man die Tiegel nur in zwei Reihen aufstellte, wurden diese Öfen sehr lang. Natürlich erfuhren die Siemens-Stahlschmelzöfen vielerlei Abänderungen je nach den Verhältnissen und wurden viele Patente auf diese abgeänderten Konstruktionen genommen.
Um 1875 fand in den Vereinigten Staaten der Swindell-Ofen gröſsere Verbreitung.
Für den Guſs kleiner Stahlguſswaren erwies sich Piats beweglicher Tiegelschmelzofen (Fig. 294), der zuerst auf der Pariser Ausstellung 1889 die Aufmerksamkeit erregte, als zweckmäſsig. Bei diesem wurde
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Cement- und Tiegelguſsstahl.
Macintosh hatte schon 1825 vorgeschlagen, die Cementation in
Kohlengas, d. h. einem Gemenge von Kohlenoxyd und Kohlenwasser-
stoffgas, vorzunehmen. Die Stäbe sollten senkrecht in Kammern auf-
gestellt, erhitzt und das entschwefelte Gas durchgeleitet werden. Das
Verfahren gab angeblich gute Resultate, war aber zu teuer. Man hat
dieses Verfahren auch in den siebziger Jahren wieder versucht, aber
ohne praktischen Erfolg.
Th. J. Barrow machte Anfang der siebziger Jahre grobe Stahl-
werkzeuge in der Weise, daſs er sie aus Guſseisen in Formen goſs, sie
sodann in Eisenoxyd glühte, um sie in Schmiedeeisen überzuführen,
und sie zuletzt in glühenden Retorten einem Strom von Gasolin und
reinem Holzkohlengas aussetzte, wodurch sie zu Stahl cementiert
wurden. Die Werkzeuge wurden alsdann getempert, geschliffen und
poliert.
1877 wollte man Bessemer- und Martinstahl in der Weise für
feinen Tiegelguſsstahl verwenden, daſs man Stäbe davon in einem
mit Kohlenstickstoff getränkten Brennmaterial cementierte.
J. G. Bates nahm 1891 ein Patent (D. R. P. Nr. 57729) auf den
Zusatz von Kryolith zum Cementierpulver und Th. Langer lieſs sich
in demselben Jahre (D. R. P. Nr. 55544) ein Gemenge von 15 Tln.
Salz, 1 Tl. Borax und 5 Tln. gelbem Blutlaugensalz mit einem kleinen
Zusatz von gebrannten Hornspänen als Härtepulver für Schmiedeeisen-
Temperguſs patentieren. Für denselben Zweck schlugen Coomes und
Hyde (D. R. P. Nr. 57880) eine konzentrierte Lösung von Kochsalz,
Zucker und Salmiak vor. Le Garnier empfahl 1893 die Anwendung
des elektrischen Stromes zur Beschleunigung der Cementation.
Der gröſste Fortschritt der Tiegelguſsstahlfabrikation
bestand in der Einführung der Siemens-Regenerator-Schmelzöfen,
welche die Produktion erhöhten und den Brennstoffverbrauch ver-
ringerten. Man vergröſserte diese Öfen mehr und mehr. 1880 hatte
man schon Flammschmelzöfen für 40 Tiegel. Da man die Tiegel nur
in zwei Reihen aufstellte, wurden diese Öfen sehr lang. Natürlich
erfuhren die Siemens-Stahlschmelzöfen vielerlei Abänderungen je nach
den Verhältnissen und wurden viele Patente auf diese abgeänderten
Konstruktionen genommen.
Um 1875 fand in den Vereinigten Staaten der Swindell-Ofen
gröſsere Verbreitung.
Für den Guſs kleiner Stahlguſswaren erwies sich Piats beweglicher
Tiegelschmelzofen (Fig. 294), der zuerst auf der Pariser Ausstellung
1889 die Aufmerksamkeit erregte, als zweckmäſsig. Bei diesem wurde
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/750>, abgerufen am 22.11.2024.
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