das 100 Tonnen wog, hatte 9750 mm Durchmesser und machte 35 bis 40 Umdrehungen in der Minute. Die Fertigwalze bestand aus zwei Triogerüsten, die durch eine dreifache Verbundmaschine von 6000 bis 8000 Pferdekräften betrieben wurde. Die Geschwindigkeit konnte auf 120 Umdrehungen der Walzen in der Minute gesteigert werden. Das Auswalzen geschah in zwei Hitzen. Die Schienen wurden schief ab- geschnitten, nach dem Verfahren von Robert Sayer mittels der Schere von John Fritz.
Die amerikanischen Blockwalzwerke hatten (1886) 750 bis 900 mm, die Fertigwalzen 550 bis 610 mm Durchmesser; erstere machten 40 bis 45, letztere 80 bis 90 Umdrehungen in der Minute. Das Auswalzen einer Schiene dauerte nicht ganz eine halbe Minute. Eine Erzeugung von 600 Tonnen Vignolschienen in 24 Stunden war nicht selten. Das Edgar-Thomson-Werk hatte es sogar auf 725 Tonnen oder 2650 Schienen von 9 m Länge (30 kg pro Meter Gewicht) im Tage oder 4170 Tonnen in der Woche und etwa 160000 Tonnen im Jahre gebracht. Charakteristisch war dabei, dass fast alle Arbeit mechanisch geschah. Die Blöcke wurden mit Lokomotiven vom Bessemerwerk angefahren, mit Hülfe hydraulischer Hebewerke in die Wärmöfen, die nach Siemens' System erbaut und mit Naturgas geheizt wurden, ein- gesetzt u. s. w.
Universalwalzwerke für Profileisen 1) wurden 1886 in Europa von Hugo Sack in Duisburg und fast gleichzeitig in Amerika von J. S. Seaman in Pittsburg erfunden und patentiert. Das Sacksche Universal-Trägerwalzwerk 2) arbeitete gleichzeitig mit vier Walzen, von denen die zwei seitlichen Schleppwalzen waren.
1885 bereits hatte Dr. F. Kögel in Stassfurt das Schrägwalzen- verfahren 3) (D. R. P. Nr. 34617 vom 27. Januar 1886) erfunden. Mit einem Universalwalzwerk wollte er mit zwei oder mehr Walzen und acht Hülfsmaschinen alle erdenklichen Arten von Profileisen, und sowohl aus massiven als hohlen Blöcken Röhren aller Art für Leitungen, Wellen, Schraubenrohre, Rippenrohre, sowie ganz neue Profile walzen. Durch die erste Hülfsmaschine sollte den Stäben bei dem Ein- und Austrittsende und der periodischen Kompression eine so verschiedene Rotation gegeben werden, dass dadurch den Aussen- fasern eine seilartige Windung erteilt würde; hierdurch würde eine
1) Siehe Stahl und Eisen 1886, S. 765; 1887, S. 540.
2) Daselbst 1898, S. 1076.
3) Zeitschr. d. Oberschl. Berg- und Hüttenm. Vereins 1886, S. 354; Stahl und Eisen 1887, S. 451.
Beck, Geschichte des Eisens. 51
Die Walzwerke.
das 100 Tonnen wog, hatte 9750 mm Durchmesser und machte 35 bis 40 Umdrehungen in der Minute. Die Fertigwalze bestand aus zwei Triogerüsten, die durch eine dreifache Verbundmaschine von 6000 bis 8000 Pferdekräften betrieben wurde. Die Geschwindigkeit konnte auf 120 Umdrehungen der Walzen in der Minute gesteigert werden. Das Auswalzen geschah in zwei Hitzen. Die Schienen wurden schief ab- geschnitten, nach dem Verfahren von Robert Sayer mittels der Schere von John Fritz.
Die amerikanischen Blockwalzwerke hatten (1886) 750 bis 900 mm, die Fertigwalzen 550 bis 610 mm Durchmesser; erstere machten 40 bis 45, letztere 80 bis 90 Umdrehungen in der Minute. Das Auswalzen einer Schiene dauerte nicht ganz eine halbe Minute. Eine Erzeugung von 600 Tonnen Vignolschienen in 24 Stunden war nicht selten. Das Edgar-Thomson-Werk hatte es sogar auf 725 Tonnen oder 2650 Schienen von 9 m Länge (30 kg pro Meter Gewicht) im Tage oder 4170 Tonnen in der Woche und etwa 160000 Tonnen im Jahre gebracht. Charakteristisch war dabei, daſs fast alle Arbeit mechanisch geschah. Die Blöcke wurden mit Lokomotiven vom Bessemerwerk angefahren, mit Hülfe hydraulischer Hebewerke in die Wärmöfen, die nach Siemens’ System erbaut und mit Naturgas geheizt wurden, ein- gesetzt u. s. w.
Universalwalzwerke für Profileisen 1) wurden 1886 in Europa von Hugo Sack in Duisburg und fast gleichzeitig in Amerika von J. S. Seaman in Pittsburg erfunden und patentiert. Das Sacksche Universal-Trägerwalzwerk 2) arbeitete gleichzeitig mit vier Walzen, von denen die zwei seitlichen Schleppwalzen waren.
1885 bereits hatte Dr. F. Kögel in Staſsfurt das Schrägwalzen- verfahren 3) (D. R. P. Nr. 34617 vom 27. Januar 1886) erfunden. Mit einem Universalwalzwerk wollte er mit zwei oder mehr Walzen und acht Hülfsmaschinen alle erdenklichen Arten von Profileisen, und sowohl aus massiven als hohlen Blöcken Röhren aller Art für Leitungen, Wellen, Schraubenrohre, Rippenrohre, sowie ganz neue Profile walzen. Durch die erste Hülfsmaschine sollte den Stäben bei dem Ein- und Austrittsende und der periodischen Kompression eine so verschiedene Rotation gegeben werden, daſs dadurch den Auſsen- fasern eine seilartige Windung erteilt würde; hierdurch würde eine
1) Siehe Stahl und Eisen 1886, S. 765; 1887, S. 540.
2) Daselbst 1898, S. 1076.
3) Zeitschr. d. Oberschl. Berg- und Hüttenm. Vereins 1886, S. 354; Stahl und Eisen 1887, S. 451.
Beck, Geschichte des Eisens. 51
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Die Walzwerke.
das 100 Tonnen wog, hatte 9750 mm Durchmesser und machte 35 bis
40 Umdrehungen in der Minute. Die Fertigwalze bestand aus zwei
Triogerüsten, die durch eine dreifache Verbundmaschine von 6000 bis
8000 Pferdekräften betrieben wurde. Die Geschwindigkeit konnte auf
120 Umdrehungen der Walzen in der Minute gesteigert werden. Das
Auswalzen geschah in zwei Hitzen. Die Schienen wurden schief ab-
geschnitten, nach dem Verfahren von Robert Sayer mittels der
Schere von John Fritz.
Die amerikanischen Blockwalzwerke hatten (1886) 750 bis 900 mm,
die Fertigwalzen 550 bis 610 mm Durchmesser; erstere machten 40 bis
45, letztere 80 bis 90 Umdrehungen in der Minute. Das Auswalzen
einer Schiene dauerte nicht ganz eine halbe Minute. Eine Erzeugung
von 600 Tonnen Vignolschienen in 24 Stunden war nicht selten. Das
Edgar-Thomson-Werk hatte es sogar auf 725 Tonnen oder 2650
Schienen von 9 m Länge (30 kg pro Meter Gewicht) im Tage oder
4170 Tonnen in der Woche und etwa 160000 Tonnen im Jahre gebracht.
Charakteristisch war dabei, daſs fast alle Arbeit mechanisch geschah.
Die Blöcke wurden mit Lokomotiven vom Bessemerwerk angefahren,
mit Hülfe hydraulischer Hebewerke in die Wärmöfen, die nach
Siemens’ System erbaut und mit Naturgas geheizt wurden, ein-
gesetzt u. s. w.
Universalwalzwerke für Profileisen 1) wurden 1886 in Europa von
Hugo Sack in Duisburg und fast gleichzeitig in Amerika von
J. S. Seaman in Pittsburg erfunden und patentiert. Das Sacksche
Universal-Trägerwalzwerk 2) arbeitete gleichzeitig mit vier Walzen, von
denen die zwei seitlichen Schleppwalzen waren.
1885 bereits hatte Dr. F. Kögel in Staſsfurt das Schrägwalzen-
verfahren 3) (D. R. P. Nr. 34617 vom 27. Januar 1886) erfunden. Mit
einem Universalwalzwerk wollte er mit zwei oder mehr Walzen und
acht Hülfsmaschinen alle erdenklichen Arten von Profileisen, und
sowohl aus massiven als hohlen Blöcken Röhren aller Art für
Leitungen, Wellen, Schraubenrohre, Rippenrohre, sowie ganz neue
Profile walzen. Durch die erste Hülfsmaschine sollte den Stäben bei
dem Ein- und Austrittsende und der periodischen Kompression eine
so verschiedene Rotation gegeben werden, daſs dadurch den Auſsen-
fasern eine seilartige Windung erteilt würde; hierdurch würde eine
1) Siehe Stahl und Eisen 1886, S. 765; 1887, S. 540.
2) Daselbst 1898, S. 1076.
3) Zeitschr. d. Oberschl. Berg- und Hüttenm. Vereins 1886, S. 354; Stahl und
Eisen 1887, S. 451.
Beck, Geschichte des Eisens. 51
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/817>, abgerufen am 22.11.2024.
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