Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
Blechfabrikation.
[Tabelle]

Ehe man das weiche Flusseisen kannte und nur höher gekohlte
Bessemerstahlbleche verwenden konnte, waren die Festigkeitsziffern
ganz andere gewesen. So verlangte man in Frankreich 1861 bis 1863
von Flusseisenkesselblechen eine Zerreissfestigkeit von 60 bis 70 kg
und 7 bis 10 Prozent Dehnung, während diese Zahlen 1885 von der
französischen Marine auf 40 kg und 28 Prozent festgesetzt wurden.

In Deutschland teilte man damals die Flusseisenbleche in weiche
von 37,6 kg, mittelweiche mit 39 kg und harte mit 45,45 kg Zerreiss-
festigkeit. Die deutsche Marine forderte 1887 für Dampfkesselbleche
noch eine Zerreissfestigkeit von 42 kg, die aber dann besonders auf
Betreiben Krupps auf 40 kg ermässigt wurde. Sehr hohe Anforde-
rungen stellte die amerikanische Marine damals, die meistens mit
Bessemerblechen zu thun hatte. Sie verlangte 45 kg Festigkeit bei
53 Prozent Kontraktion, modifizierte dieselben später

auf 49 kg Festigkeit bei 43 Prozent Kontraktion
oder 46 " " " 50 " "
" 42 " " " 55 " "

Im allgemeinen haben sich besonders die weicheren Flusseisen-
sorten, wie sie der Thomas-Gilchrist-Prozess und das basische
Siemens-Martin-Verfahren liefern, bei der Kesselblechfabrikation sehr
bewährt und hat sich dadurch Deutschland nicht nur von der Über-
legenheit Englands befreit, sondern Bleche erzeugt, die an Güte die
altrenommierten Sorten von Lowmoor und Bowling erreichten oder
übertrafen; besonders leisteten die rheinisch-westfälischen Werke,
namentlich Piedboeuf, und das Borsigwerk in Oberschlesien hierin
hervorragendes, so dass z. B. schon 1884 Bleche des letztgenannten
Werkes von England bezogen wurden. Ebenso zeichnete sich
1887 das Thomasblech von Peine durch seine Weichheit und Güte,
die es dem Lowmoorblech ebenbürtig machte, aus. Nach der Ver-
öffentlichung von J. Wild hatte es folgende Begleitbestandteile: Kohlen-
stoff 0,08, Phosphor 0,05, Mangan 0,40 bis 0,45, Silicium nur in Spuren,

Blechfabrikation.
[Tabelle]

Ehe man das weiche Flusseisen kannte und nur höher gekohlte
Bessemerstahlbleche verwenden konnte, waren die Festigkeitsziffern
ganz andere gewesen. So verlangte man in Frankreich 1861 bis 1863
von Fluſseisenkesselblechen eine Zerreiſsfestigkeit von 60 bis 70 kg
und 7 bis 10 Prozent Dehnung, während diese Zahlen 1885 von der
französischen Marine auf 40 kg und 28 Prozent festgesetzt wurden.

In Deutschland teilte man damals die Fluſseisenbleche in weiche
von 37,6 kg, mittelweiche mit 39 kg und harte mit 45,45 kg Zerreiſs-
festigkeit. Die deutsche Marine forderte 1887 für Dampfkesselbleche
noch eine Zerreiſsfestigkeit von 42 kg, die aber dann besonders auf
Betreiben Krupps auf 40 kg ermäſsigt wurde. Sehr hohe Anforde-
rungen stellte die amerikanische Marine damals, die meistens mit
Bessemerblechen zu thun hatte. Sie verlangte 45 kg Festigkeit bei
53 Prozent Kontraktion, modifizierte dieselben später

auf 49 kg Festigkeit bei 43 Prozent Kontraktion
oder 46 „ „ „ 50 „ „
„ 42 „ „ „ 55 „ „

Im allgemeinen haben sich besonders die weicheren Fluſseisen-
sorten, wie sie der Thomas-Gilchrist-Prozeſs und das basische
Siemens-Martin-Verfahren liefern, bei der Kesselblechfabrikation sehr
bewährt und hat sich dadurch Deutschland nicht nur von der Über-
legenheit Englands befreit, sondern Bleche erzeugt, die an Güte die
altrenommierten Sorten von Lowmoor und Bowling erreichten oder
übertrafen; besonders leisteten die rheinisch-westfälischen Werke,
namentlich Piedboeuf, und das Borsigwerk in Oberschlesien hierin
hervorragendes, so daſs z. B. schon 1884 Bleche des letztgenannten
Werkes von England bezogen wurden. Ebenso zeichnete sich
1887 das Thomasblech von Peine durch seine Weichheit und Güte,
die es dem Lowmoorblech ebenbürtig machte, aus. Nach der Ver-
öffentlichung von J. Wild hatte es folgende Begleitbestandteile: Kohlen-
stoff 0,08, Phosphor 0,05, Mangan 0,40 bis 0,45, Silicium nur in Spuren,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0862" n="846"/>
              <fw place="top" type="header">Blechfabrikation.</fw><lb/>
              <table>
                <row>
                  <cell/>
                </row>
              </table>
              <p>Ehe man das weiche Flusseisen kannte und nur höher gekohlte<lb/>
Bessemerstahlbleche verwenden konnte, waren die Festigkeitsziffern<lb/>
ganz andere gewesen. So verlangte man in Frankreich 1861 bis 1863<lb/>
von Flu&#x017F;seisenkesselblechen eine Zerrei&#x017F;sfestigkeit von 60 bis 70 kg<lb/>
und 7 bis 10 Prozent Dehnung, während diese Zahlen 1885 von der<lb/>
französischen Marine auf 40 kg und 28 Prozent festgesetzt wurden.</p><lb/>
              <p>In Deutschland teilte man damals die Flu&#x017F;seisenbleche in weiche<lb/>
von 37,6 kg, mittelweiche mit 39 kg und harte mit 45,45 kg Zerrei&#x017F;s-<lb/>
festigkeit. Die deutsche Marine forderte 1887 für Dampfkesselbleche<lb/>
noch eine Zerrei&#x017F;sfestigkeit von 42 kg, die aber dann besonders auf<lb/>
Betreiben <hi rendition="#g">Krupps</hi> auf 40 kg ermä&#x017F;sigt wurde. Sehr hohe Anforde-<lb/>
rungen stellte die amerikanische Marine damals, die meistens mit<lb/>
Bessemerblechen zu thun hatte. Sie verlangte 45 kg Festigkeit bei<lb/>
53 Prozent Kontraktion, modifizierte dieselben später</p><lb/>
              <list>
                <item>auf 49 kg Festigkeit bei 43 Prozent Kontraktion</item><lb/>
                <item>oder 46 &#x201E; &#x201E; &#x201E; 50 &#x201E; &#x201E;</item><lb/>
                <item>&#x201E; 42 &#x201E; &#x201E; &#x201E; 55 &#x201E; &#x201E;</item>
              </list><lb/>
              <p>Im allgemeinen haben sich besonders die weicheren Flu&#x017F;seisen-<lb/>
sorten, wie sie der Thomas-Gilchrist-Proze&#x017F;s und das basische<lb/>
Siemens-Martin-Verfahren liefern, bei der Kesselblechfabrikation sehr<lb/>
bewährt und hat sich dadurch Deutschland nicht nur von der Über-<lb/>
legenheit Englands befreit, sondern Bleche erzeugt, die an Güte die<lb/>
altrenommierten Sorten von Lowmoor und Bowling erreichten oder<lb/>
übertrafen; besonders leisteten die rheinisch-westfälischen Werke,<lb/>
namentlich Piedboeuf, und das Borsigwerk in Oberschlesien hierin<lb/>
hervorragendes, so da&#x017F;s z. B. schon 1884 Bleche des letztgenannten<lb/>
Werkes von England bezogen wurden. Ebenso zeichnete sich<lb/>
1887 das Thomasblech von Peine durch seine Weichheit und Güte,<lb/>
die es dem Lowmoorblech ebenbürtig machte, aus. Nach der Ver-<lb/>
öffentlichung von J. <hi rendition="#g">Wild</hi> hatte es folgende Begleitbestandteile: Kohlen-<lb/>
stoff 0,08, Phosphor 0,05, Mangan 0,40 bis 0,45, Silicium nur in Spuren,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[846/0862] Blechfabrikation. Ehe man das weiche Flusseisen kannte und nur höher gekohlte Bessemerstahlbleche verwenden konnte, waren die Festigkeitsziffern ganz andere gewesen. So verlangte man in Frankreich 1861 bis 1863 von Fluſseisenkesselblechen eine Zerreiſsfestigkeit von 60 bis 70 kg und 7 bis 10 Prozent Dehnung, während diese Zahlen 1885 von der französischen Marine auf 40 kg und 28 Prozent festgesetzt wurden. In Deutschland teilte man damals die Fluſseisenbleche in weiche von 37,6 kg, mittelweiche mit 39 kg und harte mit 45,45 kg Zerreiſs- festigkeit. Die deutsche Marine forderte 1887 für Dampfkesselbleche noch eine Zerreiſsfestigkeit von 42 kg, die aber dann besonders auf Betreiben Krupps auf 40 kg ermäſsigt wurde. Sehr hohe Anforde- rungen stellte die amerikanische Marine damals, die meistens mit Bessemerblechen zu thun hatte. Sie verlangte 45 kg Festigkeit bei 53 Prozent Kontraktion, modifizierte dieselben später auf 49 kg Festigkeit bei 43 Prozent Kontraktion oder 46 „ „ „ 50 „ „ „ 42 „ „ „ 55 „ „ Im allgemeinen haben sich besonders die weicheren Fluſseisen- sorten, wie sie der Thomas-Gilchrist-Prozeſs und das basische Siemens-Martin-Verfahren liefern, bei der Kesselblechfabrikation sehr bewährt und hat sich dadurch Deutschland nicht nur von der Über- legenheit Englands befreit, sondern Bleche erzeugt, die an Güte die altrenommierten Sorten von Lowmoor und Bowling erreichten oder übertrafen; besonders leisteten die rheinisch-westfälischen Werke, namentlich Piedboeuf, und das Borsigwerk in Oberschlesien hierin hervorragendes, so daſs z. B. schon 1884 Bleche des letztgenannten Werkes von England bezogen wurden. Ebenso zeichnete sich 1887 das Thomasblech von Peine durch seine Weichheit und Güte, die es dem Lowmoorblech ebenbürtig machte, aus. Nach der Ver- öffentlichung von J. Wild hatte es folgende Begleitbestandteile: Kohlen- stoff 0,08, Phosphor 0,05, Mangan 0,40 bis 0,45, Silicium nur in Spuren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/862
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/862>, abgerufen am 22.11.2024.