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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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hinunter fährt, oder daß sie kein rechtes warmes Zimmer haben,
wenn sie statt eines tüchtigen Ofens, der einen bedeutenden
Raum einnehmen soll, nur etwa ein vornehmes Straßburger-
Oefelchen wollen, das ein Monument vorstellt, ein Grabmal
oder so etwas. Prachtliebe und Mode werden oft in die erste
Linie gestellt und Gesundheit und Bequemlichkeit erst in die
zweite oder gar in die dritte. Gesundheit gehört aber in die
erste Linie. Ja ich bin überhaupt der Meinung, daß Gesund-
heit und Schönheit nicht zweierlei Wege gehen; was nicht ge-
sund ist, ist auch nicht schön, während umgekehrt das Gesunde
schon einen großen Schritt in die Schönheit hinein gethan hat.

Es geschieht freilich oft, daß das, was man an einen
schönen Bau verwendet, auch zugleich der Gesundheit dient, daß
z. B. die hohen Zimmer, die man der Vornehmheit wegen will,
auch der Gesundheit zuträglich sind, und wir so wider Willen
für unsere Gesundheit sorgen. Aber für die Gesundheit sollte
man mit Willen sorgen und nicht wider Willen. Der wohl-
habende Mittelstand ist natürlich besser daran, als die armen
Leute. Aber daß auch hier nicht die Gesundheitsregeln obenan
stehen, liegt auf der Hand. Die Gesundheit ist eben eine ge-
duldige Gesundheit und hat nicht viel von dem, was man
Reputation und einen gesetzten Kopf nennt. Sie ist zufrieden,
wenn man ihr dient, ohne daß man es weiß und sagt; wenn
man die rechten Speisen ißt, weil sie einen gut dünken, ein
helles Zimmer hat, weil Nachmittags Gäste kommen. Aber die
Gesundheit ist etwas so herrliches, daß man ihr auch in diesem
Stück mehr Ehre anthun sollte. Man sollte die Stube von
allem Staub rein halten, nicht damit die Frau Base, wenn sie
mit der Nagelspitze über Kasten und Kommoden fährt, kein
Stäublein mehr entdeckt, und es dann überall heißt, daß man
nirgends so gut abstäube wie bei uns. Wir sollten gut ab-
stäuben, keinerlei Staub in unsern Zimmern dulden, damit
unsere Lungen sauber blieben, damit diese feinen Röhrchen und
Canälchen nicht verderbt und verstopft würden. Wir sollten
unser Fleisch gut zubereiten, nicht um der Feinschmecker willen,
sondern um dem Blute gute Säfte zuzuführen; eine kräftig
gewürzte Brühe dran haben, nicht weil ein Gast diesen Haut-

hinunter fährt, oder daß ſie kein rechtes warmes Zimmer haben,
wenn ſie ſtatt eines tüchtigen Ofens, der einen bedeutenden
Raum einnehmen ſoll, nur etwa ein vornehmes Straßburger-
Oefelchen wollen, das ein Monument vorſtellt, ein Grabmal
oder ſo etwas. Prachtliebe und Mode werden oft in die erſte
Linie geſtellt und Geſundheit und Bequemlichkeit erſt in die
zweite oder gar in die dritte. Geſundheit gehört aber in die
erſte Linie. Ja ich bin überhaupt der Meinung, daß Geſund-
heit und Schönheit nicht zweierlei Wege gehen; was nicht ge-
ſund iſt, iſt auch nicht ſchön, während umgekehrt das Geſunde
ſchon einen großen Schritt in die Schönheit hinein gethan hat.

Es geſchieht freilich oft, daß das, was man an einen
ſchönen Bau verwendet, auch zugleich der Geſundheit dient, daß
z. B. die hohen Zimmer, die man der Vornehmheit wegen will,
auch der Geſundheit zuträglich ſind, und wir ſo wider Willen
für unſere Geſundheit ſorgen. Aber für die Geſundheit ſollte
man mit Willen ſorgen und nicht wider Willen. Der wohl-
habende Mittelſtand iſt natürlich beſſer daran, als die armen
Leute. Aber daß auch hier nicht die Geſundheitsregeln obenan
ſtehen, liegt auf der Hand. Die Geſundheit iſt eben eine ge-
duldige Geſundheit und hat nicht viel von dem, was man
Reputation und einen geſetzten Kopf nennt. Sie iſt zufrieden,
wenn man ihr dient, ohne daß man es weiß und ſagt; wenn
man die rechten Speiſen ißt, weil ſie einen gut dünken, ein
helles Zimmer hat, weil Nachmittags Gäſte kommen. Aber die
Geſundheit iſt etwas ſo herrliches, daß man ihr auch in dieſem
Stück mehr Ehre anthun ſollte. Man ſollte die Stube von
allem Staub rein halten, nicht damit die Frau Baſe, wenn ſie
mit der Nagelſpitze über Kaſten und Kommoden fährt, kein
Stäublein mehr entdeckt, und es dann überall heißt, daß man
nirgends ſo gut abſtäube wie bei uns. Wir ſollten gut ab-
ſtäuben, keinerlei Staub in unſern Zimmern dulden, damit
unſere Lungen ſauber blieben, damit dieſe feinen Röhrchen und
Canälchen nicht verderbt und verſtopft würden. Wir ſollten
unſer Fleiſch gut zubereiten, nicht um der Feinſchmecker willen,
ſondern um dem Blute gute Säfte zuzuführen; eine kräftig
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[29/0029] hinunter fährt, oder daß ſie kein rechtes warmes Zimmer haben, wenn ſie ſtatt eines tüchtigen Ofens, der einen bedeutenden Raum einnehmen ſoll, nur etwa ein vornehmes Straßburger- Oefelchen wollen, das ein Monument vorſtellt, ein Grabmal oder ſo etwas. Prachtliebe und Mode werden oft in die erſte Linie geſtellt und Geſundheit und Bequemlichkeit erſt in die zweite oder gar in die dritte. Geſundheit gehört aber in die erſte Linie. Ja ich bin überhaupt der Meinung, daß Geſund- heit und Schönheit nicht zweierlei Wege gehen; was nicht ge- ſund iſt, iſt auch nicht ſchön, während umgekehrt das Geſunde ſchon einen großen Schritt in die Schönheit hinein gethan hat. Es geſchieht freilich oft, daß das, was man an einen ſchönen Bau verwendet, auch zugleich der Geſundheit dient, daß z. B. die hohen Zimmer, die man der Vornehmheit wegen will, auch der Geſundheit zuträglich ſind, und wir ſo wider Willen für unſere Geſundheit ſorgen. Aber für die Geſundheit ſollte man mit Willen ſorgen und nicht wider Willen. Der wohl- habende Mittelſtand iſt natürlich beſſer daran, als die armen Leute. Aber daß auch hier nicht die Geſundheitsregeln obenan ſtehen, liegt auf der Hand. Die Geſundheit iſt eben eine ge- duldige Geſundheit und hat nicht viel von dem, was man Reputation und einen geſetzten Kopf nennt. Sie iſt zufrieden, wenn man ihr dient, ohne daß man es weiß und ſagt; wenn man die rechten Speiſen ißt, weil ſie einen gut dünken, ein helles Zimmer hat, weil Nachmittags Gäſte kommen. Aber die Geſundheit iſt etwas ſo herrliches, daß man ihr auch in dieſem Stück mehr Ehre anthun ſollte. Man ſollte die Stube von allem Staub rein halten, nicht damit die Frau Baſe, wenn ſie mit der Nagelſpitze über Kaſten und Kommoden fährt, kein Stäublein mehr entdeckt, und es dann überall heißt, daß man nirgends ſo gut abſtäube wie bei uns. Wir ſollten gut ab- ſtäuben, keinerlei Staub in unſern Zimmern dulden, damit unſere Lungen ſauber blieben, damit dieſe feinen Röhrchen und Canälchen nicht verderbt und verſtopft würden. Wir ſollten unſer Fleiſch gut zubereiten, nicht um der Feinſchmecker willen, ſondern um dem Blute gute Säfte zuzuführen; eine kräftig gewürzte Brühe dran haben, nicht weil ein Gaſt dieſen Haut-

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/29>, abgerufen am 21.11.2024.