Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829. Gadhi. Geliebtes Weib! schläft unser Knabe? Maja. Er schläft. Horch, wie die Stürme brausen! Fürchterlich Dräut das Gewitter, und der Regen gießt In Strömen nieder. Was die schwache Hand Des Menschen baut, kann heute nicht beschützen. Gadhi. Wie ich's vermocht, hab' ich die Wand gesichert Ein ew'ges Dach wölbt uns der heil'ge Baum; Sein greises Haupt hat oft das Flammenauge Des Blitzes unversehrt geschaut. Der Donner Rollt machtlos über ihm, -- ich zittre nicht. Maja. O wär' ich stark wie Du, und schlüge frey Sich keiner Schuld bewußt dieß bange Herz! Dein edler Blick, der in die reinen Tiefen Der eignen Brust geschaut, darf muthgestählt Sich zu des Himmels dunkelm Antlitz wenden. Ich aber zittre, wenn die Erde zittert; Und wie der Sturmwind durch die Wipfel saust, Bewegt ein nimmer schlummerndes Gefühl Dieß schuld'ge Herz. -- Gadhi. Geliebtes Weib! ſchlaͤft unſer Knabe? Maja. Er ſchlaͤft. Horch, wie die Stuͤrme brauſen! Fuͤrchterlich Draͤut das Gewitter, und der Regen gießt In Stroͤmen nieder. Was die ſchwache Hand Des Menſchen baut, kann heute nicht beſchuͤtzen. Gadhi. Wie ich’s vermocht, hab’ ich die Wand geſichert Ein ew’ges Dach woͤlbt uns der heil’ge Baum; Sein greiſes Haupt hat oft das Flammenauge Des Blitzes unverſehrt geſchaut. Der Donner Rollt machtlos uͤber ihm, — ich zittre nicht. Maja. O waͤr’ ich ſtark wie Du, und ſchluͤge frey Sich keiner Schuld bewußt dieß bange Herz! Dein edler Blick, der in die reinen Tiefen Der eignen Bruſt geſchaut, darf muthgeſtaͤhlt Sich zu des Himmels dunkelm Antlitz wenden. Ich aber zittre, wenn die Erde zittert; Und wie der Sturmwind durch die Wipfel ſauſt, Bewegt ein nimmer ſchlummerndes Gefuͤhl Dieß ſchuld’ge Herz. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0016" n="6"/> <sp who="#GAD"> <speaker> <hi rendition="#g">Gadhi.</hi> </speaker><lb/> <p> <hi rendition="#et">Geliebtes Weib! ſchlaͤft unſer Knabe?</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#g">Maja.</hi> </speaker><lb/> <p>Er ſchlaͤft. Horch, wie die Stuͤrme brauſen!<lb/> Fuͤrchterlich<lb/> Draͤut das Gewitter, und der Regen gießt<lb/> In Stroͤmen nieder. Was die ſchwache Hand<lb/> Des Menſchen baut, kann heute nicht beſchuͤtzen.</p> </sp><lb/> <sp who="#GAD"> <speaker> <hi rendition="#g">Gadhi.</hi> </speaker><lb/> <p>Wie ich’s vermocht, hab’ ich die Wand geſichert<lb/> Ein ew’ges Dach woͤlbt uns der heil’ge Baum;<lb/> Sein greiſes Haupt hat oft das Flammenauge<lb/> Des Blitzes unverſehrt geſchaut. Der Donner<lb/> Rollt machtlos uͤber ihm, — ich zittre nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#g">Maja.</hi> </speaker><lb/> <p>O waͤr’ ich ſtark wie Du, und ſchluͤge frey<lb/> Sich keiner Schuld bewußt dieß bange Herz!<lb/> Dein edler Blick, der in die reinen Tiefen<lb/> Der eignen Bruſt geſchaut, darf muthgeſtaͤhlt<lb/> Sich zu des Himmels dunkelm Antlitz wenden.<lb/> Ich aber zittre, wenn die Erde zittert;<lb/> Und wie der Sturmwind durch die Wipfel ſauſt,<lb/> Bewegt ein nimmer ſchlummerndes Gefuͤhl<lb/> Dieß ſchuld’ge Herz. —</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Gadhi.
Geliebtes Weib! ſchlaͤft unſer Knabe?
Maja.
Er ſchlaͤft. Horch, wie die Stuͤrme brauſen!
Fuͤrchterlich
Draͤut das Gewitter, und der Regen gießt
In Stroͤmen nieder. Was die ſchwache Hand
Des Menſchen baut, kann heute nicht beſchuͤtzen.
Gadhi.
Wie ich’s vermocht, hab’ ich die Wand geſichert
Ein ew’ges Dach woͤlbt uns der heil’ge Baum;
Sein greiſes Haupt hat oft das Flammenauge
Des Blitzes unverſehrt geſchaut. Der Donner
Rollt machtlos uͤber ihm, — ich zittre nicht.
Maja.
O waͤr’ ich ſtark wie Du, und ſchluͤge frey
Sich keiner Schuld bewußt dieß bange Herz!
Dein edler Blick, der in die reinen Tiefen
Der eignen Bruſt geſchaut, darf muthgeſtaͤhlt
Sich zu des Himmels dunkelm Antlitz wenden.
Ich aber zittre, wenn die Erde zittert;
Und wie der Sturmwind durch die Wipfel ſauſt,
Bewegt ein nimmer ſchlummerndes Gefuͤhl
Dieß ſchuld’ge Herz. —
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