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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Beharrlichkeit der Missionare.
Dominicaner, Franciscaner und Augustiner, 117 Jesuiten, 100 Semi-
naristen, 100 Katecheten. Mit ihnen schifften sich mehrere japanische
Geistliche, Candidaten und Laienbrüder und der aus der Geschichte
des Taiko-sama bekannte Taka-yama-Ukon mit seiner Familie ein.
Die Abfahrenden hatten viele kleine Boote mitgenommen, in welchen
sie die Ufer heimlich wieder zu erreichen hofften, aber die japanischen
Wachtschiffe geleiteten sie weit auf die hohe See hinaus und ver-
eitelten jeden Landungsversuch. 18 Jesuitenvätern, einigen Laien-
brüdern und Seminaristen und mehreren Mönchen aus den anderen
Orden gelang es, sich zur Zeit der Abfahrt in Nangasaki zu ver-
bergen und von da heimlich unter allerlei Verkleidungen wieder in
das Innere des Landes zu dringen. Man rechnete um diese Zeit
gegen 600,000 Christen in Japan.

Während der Kämpfe zwischen Jyeyas und Fide-yori 82)
und noch einige Monate nachher hatten die Christen Ruhe; bald
aber fand Fide-tada Veranlassung, mit verschärfter Strenge gegen
sie aufzutreten. Es wurde bekannt, dass viele Geistliche sich dem
Verbannungsedict entzogen hatten, dass sie taufend, predigend
und die Gemeinden zum Widerstande anfeuernd durch das Land
schweiften. Zwei spanische Schiffe setzten auf Kiusiu 26 Francis-
caner an das Land, und auch auf anderen Schiffen, welche der
Sturm an die Küsten warf, fand man Geistliche. Dieser hartnäckige
Ungehorsam der Fremden musste den Siogun erbittern, es handelte
sich um die Behauptung seines Ansehns 83). Während man bisher

82) Adams und die Holländer behaupten, dass die Jesuiten und die japanischen
Christen in diesem Kampfe auf der Seite des Fide-yori gestanden hätten. Die
Jesuiten stellen in ihren Schriften vielfach Reflexionen darüber an, wie sich die
Lage für die Christen gestaltet hätte, wenn Fide-yori siegte. Sie haben offenbar
versucht, sich an seinem Hofe Eingang zu verschaffen, bekennen aber selbst, an dem
Widerstande seiner abergläubischen Mutter gescheitert zu sein. Adams schreibt,
Fide-tada habe deshalb die Maassregeln gegen die Christen verschärft, weil er bei Ein-
nahme der Festung dort Jesuiten und Mönche gefunden hätte. Die Jesuiten dagegen,
welche keinen Grund hätten es zu verhehlen, -- denn die Sache des Fide-yori erscheint
auch in ihren Berichten als eine rechtmässige, -- behaupten, dass nur ein Priester ihrer
Gesellschaft sich in der Stadt -- nicht in der Festung -- verkleidet aufgehalten und
mit genauer Noth aus dem allgemeinen Gemetzel das Leben gerettet habe.
83) Die vielfach wiederholte Erzählung, dass um diese Zeit die Vorsteher des portu-
giesischen Handels sich mit einigen japanischen Grossen verschworen und den König von
Spanien durch ein Schreiben zur Eroberung Japans aufgefordert hätten, -- dass dieser
Brief, durch Wegnahme des portugiesischen Schiffes, in die Hände der Holländer und
durch sie an den Siogun gelangt sei, beruht auf keinem irgend sicheren Zeugniss.
I. 6

Beharrlichkeit der Missionare.
Dominicaner, Franciscaner und Augustiner, 117 Jesuiten, 100 Semi-
naristen, 100 Katecheten. Mit ihnen schifften sich mehrere japanische
Geistliche, Candidaten und Laienbrüder und der aus der Geschichte
des Taïko-sama bekannte Taka-yama-Ukon mit seiner Familie ein.
Die Abfahrenden hatten viele kleine Boote mitgenommen, in welchen
sie die Ufer heimlich wieder zu erreichen hofften, aber die japanischen
Wachtschiffe geleiteten sie weit auf die hohe See hinaus und ver-
eitelten jeden Landungsversuch. 18 Jesuitenvätern, einigen Laien-
brüdern und Seminaristen und mehreren Mönchen aus den anderen
Orden gelang es, sich zur Zeit der Abfahrt in Naṅgasaki zu ver-
bergen und von da heimlich unter allerlei Verkleidungen wieder in
das Innere des Landes zu dringen. Man rechnete um diese Zeit
gegen 600,000 Christen in Japan.

Während der Kämpfe zwischen Jyeyas und Fide-yori 82)
und noch einige Monate nachher hatten die Christen Ruhe; bald
aber fand Fide-tada Veranlassung, mit verschärfter Strenge gegen
sie aufzutreten. Es wurde bekannt, dass viele Geistliche sich dem
Verbannungsedict entzogen hatten, dass sie taufend, predigend
und die Gemeinden zum Widerstande anfeuernd durch das Land
schweiften. Zwei spanische Schiffe setzten auf Kiusiu 26 Francis-
caner an das Land, und auch auf anderen Schiffen, welche der
Sturm an die Küsten warf, fand man Geistliche. Dieser hartnäckige
Ungehorsam der Fremden musste den Siogun erbittern, es handelte
sich um die Behauptung seines Ansehns 83). Während man bisher

82) Adams und die Holländer behaupten, dass die Jesuiten und die japanischen
Christen in diesem Kampfe auf der Seite des Fide-yori gestanden hätten. Die
Jesuiten stellen in ihren Schriften vielfach Reflexionen darüber an, wie sich die
Lage für die Christen gestaltet hätte, wenn Fide-yori siegte. Sie haben offenbar
versucht, sich an seinem Hofe Eingang zu verschaffen, bekennen aber selbst, an dem
Widerstande seiner abergläubischen Mutter gescheitert zu sein. Adams schreibt,
Fide-tada habe deshalb die Maassregeln gegen die Christen verschärft, weil er bei Ein-
nahme der Festung dort Jesuiten und Mönche gefunden hätte. Die Jesuiten dagegen,
welche keinen Grund hätten es zu verhehlen, — denn die Sache des Fide-yori erscheint
auch in ihren Berichten als eine rechtmässige, — behaupten, dass nur ein Priester ihrer
Gesellschaft sich in der Stadt — nicht in der Festung — verkleidet aufgehalten und
mit genauer Noth aus dem allgemeinen Gemetzel das Leben gerettet habe.
83) Die vielfach wiederholte Erzählung, dass um diese Zeit die Vorsteher des portu-
giesischen Handels sich mit einigen japanischen Grossen verschworen und den König von
Spanien durch ein Schreiben zur Eroberung Japans aufgefordert hätten, — dass dieser
Brief, durch Wegnahme des portugiesischen Schiffes, in die Hände der Holländer und
durch sie an den Siogun gelangt sei, beruht auf keinem irgend sicheren Zeugniss.
I. 6
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[81/0111] Beharrlichkeit der Missionare. Dominicaner, Franciscaner und Augustiner, 117 Jesuiten, 100 Semi- naristen, 100 Katecheten. Mit ihnen schifften sich mehrere japanische Geistliche, Candidaten und Laienbrüder und der aus der Geschichte des Taïko-sama bekannte Taka-yama-Ukon mit seiner Familie ein. Die Abfahrenden hatten viele kleine Boote mitgenommen, in welchen sie die Ufer heimlich wieder zu erreichen hofften, aber die japanischen Wachtschiffe geleiteten sie weit auf die hohe See hinaus und ver- eitelten jeden Landungsversuch. 18 Jesuitenvätern, einigen Laien- brüdern und Seminaristen und mehreren Mönchen aus den anderen Orden gelang es, sich zur Zeit der Abfahrt in Naṅgasaki zu ver- bergen und von da heimlich unter allerlei Verkleidungen wieder in das Innere des Landes zu dringen. Man rechnete um diese Zeit gegen 600,000 Christen in Japan. Während der Kämpfe zwischen Jyeyas und Fide-yori 82) und noch einige Monate nachher hatten die Christen Ruhe; bald aber fand Fide-tada Veranlassung, mit verschärfter Strenge gegen sie aufzutreten. Es wurde bekannt, dass viele Geistliche sich dem Verbannungsedict entzogen hatten, dass sie taufend, predigend und die Gemeinden zum Widerstande anfeuernd durch das Land schweiften. Zwei spanische Schiffe setzten auf Kiusiu 26 Francis- caner an das Land, und auch auf anderen Schiffen, welche der Sturm an die Küsten warf, fand man Geistliche. Dieser hartnäckige Ungehorsam der Fremden musste den Siogun erbittern, es handelte sich um die Behauptung seines Ansehns 83). Während man bisher 82) Adams und die Holländer behaupten, dass die Jesuiten und die japanischen Christen in diesem Kampfe auf der Seite des Fide-yori gestanden hätten. Die Jesuiten stellen in ihren Schriften vielfach Reflexionen darüber an, wie sich die Lage für die Christen gestaltet hätte, wenn Fide-yori siegte. Sie haben offenbar versucht, sich an seinem Hofe Eingang zu verschaffen, bekennen aber selbst, an dem Widerstande seiner abergläubischen Mutter gescheitert zu sein. Adams schreibt, Fide-tada habe deshalb die Maassregeln gegen die Christen verschärft, weil er bei Ein- nahme der Festung dort Jesuiten und Mönche gefunden hätte. Die Jesuiten dagegen, welche keinen Grund hätten es zu verhehlen, — denn die Sache des Fide-yori erscheint auch in ihren Berichten als eine rechtmässige, — behaupten, dass nur ein Priester ihrer Gesellschaft sich in der Stadt — nicht in der Festung — verkleidet aufgehalten und mit genauer Noth aus dem allgemeinen Gemetzel das Leben gerettet habe. 83) Die vielfach wiederholte Erzählung, dass um diese Zeit die Vorsteher des portu- giesischen Handels sich mit einigen japanischen Grossen verschworen und den König von Spanien durch ein Schreiben zur Eroberung Japans aufgefordert hätten, — dass dieser Brief, durch Wegnahme des portugiesischen Schiffes, in die Hände der Holländer und durch sie an den Siogun gelangt sei, beruht auf keinem irgend sicheren Zeugniss. I. 6

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/111>, abgerufen am 18.05.2024.