[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Der beschränkte Verkehr mit den Schiffen. Durchsuchung der Landenden. Handelsvorstehers eine Musterung der gesammten Schiffsmannschaftan, und liessen eine Verordnung über das während der Anwesenheit im Hafen zu beobachtende Verhalten vorlesen. Die Ladung wurde unter ihrer Aufsicht gelöscht und auf Desima unter Verschluss und Siegel der Behörden bis zum Verkaufe aufbewahrt. Auch das Gepäck der mit den Schiffen anlangenden Factoreibeamten wurde streng visitirt, und alle verbotenen Gegenstände bis zur Abreise des Besitzers in Beschlag genommen. Nachdem die Ladung gelöscht war hörte der Verkehr wieder auf, nur mit Pässen versehene Per- sonen durften sich in Begleitung japanischer Aufseher nach und von den Schiffen begeben; die ganze Mannschaft wurde täglich gemustert. Alle, welche die Wasserpforte passirten, mussten sich am ganzen Körper nach verbotenen Waaren durchsuchen lassen, mit Ausnahme des Handelsvorstehers und des Schiffscommandanten; und als man dahinter kam, dass die Capitäne dieses Vorrecht missbrauchten146), wurde die Untersuchung auch auf sie, zu Zeiten selbst auf die Handelsvorsteher ausgedehnt. -- Die officielle Abreise war durch kaiserliches Decret auf einen bestimmten Tag des October anbe- raumt; dann mussten die Schiffe auch wirklich ihren Ankerplatz vor Desima verlassen, durften aber am Ausgange der Bucht wieder ankern, und dort so lange bleiben, bis sie ihre Ladung vollständig eingenommen hatten. So genügt der Japaner häufig zugleich dem Wortlaut des Gesetzes und den Forderungen der Billigkeit. Bei der Abfahrt erhielten die Holländer ihre Munition, Waffen und alle sonstigen in Beschlag genommenen Gegenstände zurück, und wurden von Wachtschiffen, welche den Schleichhandel verhüten sollten, weit auf die hohe See hinaus geleitet. Bei allen diesen Beschränkungen genossen die Holländer des 146) Die Japaner machten diese Entdeckung 1772, als ein von den Holländern
verlassenes Schiff nach den Gotto-Inseln trieb. Sie fanden auf demselben unter Andern den künstlichen Anzug des Capitäns, der so eingerichtet war, dass man eine Menge von Sachen, namentlich vor Brust und Bauch, heimlich darin transportiren konnte. Thunberg schildert sehr ergötzlich die Verwunderung der Japaner, dass von diesem Jahre an die Capitäne eben so mager waren, als andere Menschen, während früher starke Wohlbeleibtheit für eine nothwendige Eigenschaft der Schiffs- commandanten gegolten hatte. Der beschränkte Verkehr mit den Schiffen. Durchsuchung der Landenden. Handelsvorstehers eine Musterung der gesammten Schiffsmannschaftan, und liessen eine Verordnung über das während der Anwesenheit im Hafen zu beobachtende Verhalten vorlesen. Die Ladung wurde unter ihrer Aufsicht gelöscht und auf Desima unter Verschluss und Siegel der Behörden bis zum Verkaufe aufbewahrt. Auch das Gepäck der mit den Schiffen anlangenden Factoreibeamten wurde streng visitirt, und alle verbotenen Gegenstände bis zur Abreise des Besitzers in Beschlag genommen. Nachdem die Ladung gelöscht war hörte der Verkehr wieder auf, nur mit Pässen versehene Per- sonen durften sich in Begleitung japanischer Aufseher nach und von den Schiffen begeben; die ganze Mannschaft wurde täglich gemustert. Alle, welche die Wasserpforte passirten, mussten sich am ganzen Körper nach verbotenen Waaren durchsuchen lassen, mit Ausnahme des Handelsvorstehers und des Schiffscommandanten; und als man dahinter kam, dass die Capitäne dieses Vorrecht missbrauchten146), wurde die Untersuchung auch auf sie, zu Zeiten selbst auf die Handelsvorsteher ausgedehnt. — Die officielle Abreise war durch kaiserliches Decret auf einen bestimmten Tag des October anbe- raumt; dann mussten die Schiffe auch wirklich ihren Ankerplatz vor Desima verlassen, durften aber am Ausgange der Bucht wieder ankern, und dort so lange bleiben, bis sie ihre Ladung vollständig eingenommen hatten. So genügt der Japaner häufig zugleich dem Wortlaut des Gesetzes und den Forderungen der Billigkeit. Bei der Abfahrt erhielten die Holländer ihre Munition, Waffen und alle sonstigen in Beschlag genommenen Gegenstände zurück, und wurden von Wachtschiffen, welche den Schleichhandel verhüten sollten, weit auf die hohe See hinaus geleitet. Bei allen diesen Beschränkungen genossen die Holländer des 146) Die Japaner machten diese Entdeckung 1772, als ein von den Holländern
verlassenes Schiff nach den Gotto-Inseln trieb. Sie fanden auf demselben unter Andern den künstlichen Anzug des Capitäns, der so eingerichtet war, dass man eine Menge von Sachen, namentlich vor Brust und Bauch, heimlich darin transportiren konnte. Thunberg schildert sehr ergötzlich die Verwunderung der Japaner, dass von diesem Jahre an die Capitäne eben so mager waren, als andere Menschen, während früher starke Wohlbeleibtheit für eine nothwendige Eigenschaft der Schiffs- commandanten gegolten hatte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0171" n="141"/><fw place="top" type="header">Der beschränkte Verkehr mit den Schiffen. Durchsuchung der Landenden.</fw><lb/> Handelsvorstehers eine Musterung der gesammten Schiffsmannschaft<lb/> an, und liessen eine Verordnung über das während der Anwesenheit<lb/> im Hafen zu beobachtende Verhalten vorlesen. Die Ladung wurde<lb/> unter ihrer Aufsicht gelöscht und auf <hi rendition="#k"><placeName>Desima</placeName></hi> unter Verschluss und<lb/> Siegel der Behörden bis zum Verkaufe aufbewahrt. Auch das<lb/> Gepäck der mit den Schiffen anlangenden Factoreibeamten wurde<lb/> streng visitirt, und alle verbotenen Gegenstände bis zur Abreise des<lb/> Besitzers in Beschlag genommen. Nachdem die Ladung gelöscht<lb/> war hörte der Verkehr wieder auf, nur mit Pässen versehene Per-<lb/> sonen durften sich in Begleitung japanischer Aufseher nach und von<lb/> den Schiffen begeben; die ganze Mannschaft wurde täglich gemustert.<lb/> Alle, welche die Wasserpforte passirten, mussten sich am ganzen<lb/> Körper nach verbotenen Waaren durchsuchen lassen, mit Ausnahme<lb/> des Handelsvorstehers und des Schiffscommandanten; und als man<lb/> dahinter kam, dass die Capitäne dieses Vorrecht missbrauchten<note place="foot" n="146)">Die Japaner machten diese Entdeckung 1772, als ein von den Holländern<lb/> verlassenes Schiff nach den <placeName><hi rendition="#k">Gotto</hi>-Inseln</placeName> trieb. Sie fanden auf demselben unter<lb/> Andern den künstlichen Anzug des Capitäns, der so eingerichtet war, dass man eine<lb/> Menge von Sachen, namentlich vor Brust und Bauch, heimlich darin transportiren<lb/> konnte. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119036495">Thunberg</persName> schildert sehr ergötzlich die Verwunderung der Japaner, dass<lb/> von diesem Jahre an die Capitäne eben so mager waren, als andere Menschen,<lb/> während früher starke Wohlbeleibtheit für eine nothwendige Eigenschaft der Schiffs-<lb/> commandanten gegolten hatte.</note>,<lb/> wurde die Untersuchung auch auf sie, zu Zeiten selbst auf die<lb/> Handelsvorsteher ausgedehnt. — Die officielle Abreise war durch<lb/> kaiserliches Decret auf einen bestimmten Tag des October anbe-<lb/> raumt; dann mussten die Schiffe auch wirklich ihren Ankerplatz vor<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Desima</placeName></hi> verlassen, durften aber am Ausgange der Bucht wieder<lb/> ankern, und dort so lange bleiben, bis sie ihre Ladung vollständig<lb/> eingenommen hatten. So genügt der Japaner häufig zugleich dem<lb/> Wortlaut des Gesetzes und den Forderungen der Billigkeit. Bei<lb/> der Abfahrt erhielten die Holländer ihre Munition, Waffen und alle<lb/> sonstigen in Beschlag genommenen Gegenstände zurück, und wurden<lb/> von Wachtschiffen, welche den Schleichhandel verhüten sollten,<lb/> weit auf die hohe See hinaus geleitet.</p><lb/> <p>Bei allen diesen Beschränkungen genossen die Holländer des<lb/> kostbaren Vorrechtes der Hofreise, deren Zweck war, dem <hi rendition="#k">Siogun</hi>,<lb/> dem Thronfolger und den höchsten Staatsbeamten Geschenke zu<lb/> überreichen. Der Handelsvorsteher und einige seiner Untergebenen —<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0171]
Der beschränkte Verkehr mit den Schiffen. Durchsuchung der Landenden.
Handelsvorstehers eine Musterung der gesammten Schiffsmannschaft
an, und liessen eine Verordnung über das während der Anwesenheit
im Hafen zu beobachtende Verhalten vorlesen. Die Ladung wurde
unter ihrer Aufsicht gelöscht und auf Desima unter Verschluss und
Siegel der Behörden bis zum Verkaufe aufbewahrt. Auch das
Gepäck der mit den Schiffen anlangenden Factoreibeamten wurde
streng visitirt, und alle verbotenen Gegenstände bis zur Abreise des
Besitzers in Beschlag genommen. Nachdem die Ladung gelöscht
war hörte der Verkehr wieder auf, nur mit Pässen versehene Per-
sonen durften sich in Begleitung japanischer Aufseher nach und von
den Schiffen begeben; die ganze Mannschaft wurde täglich gemustert.
Alle, welche die Wasserpforte passirten, mussten sich am ganzen
Körper nach verbotenen Waaren durchsuchen lassen, mit Ausnahme
des Handelsvorstehers und des Schiffscommandanten; und als man
dahinter kam, dass die Capitäne dieses Vorrecht missbrauchten 146),
wurde die Untersuchung auch auf sie, zu Zeiten selbst auf die
Handelsvorsteher ausgedehnt. — Die officielle Abreise war durch
kaiserliches Decret auf einen bestimmten Tag des October anbe-
raumt; dann mussten die Schiffe auch wirklich ihren Ankerplatz vor
Desima verlassen, durften aber am Ausgange der Bucht wieder
ankern, und dort so lange bleiben, bis sie ihre Ladung vollständig
eingenommen hatten. So genügt der Japaner häufig zugleich dem
Wortlaut des Gesetzes und den Forderungen der Billigkeit. Bei
der Abfahrt erhielten die Holländer ihre Munition, Waffen und alle
sonstigen in Beschlag genommenen Gegenstände zurück, und wurden
von Wachtschiffen, welche den Schleichhandel verhüten sollten,
weit auf die hohe See hinaus geleitet.
Bei allen diesen Beschränkungen genossen die Holländer des
kostbaren Vorrechtes der Hofreise, deren Zweck war, dem Siogun,
dem Thronfolger und den höchsten Staatsbeamten Geschenke zu
überreichen. Der Handelsvorsteher und einige seiner Untergebenen —
146) Die Japaner machten diese Entdeckung 1772, als ein von den Holländern
verlassenes Schiff nach den Gotto-Inseln trieb. Sie fanden auf demselben unter
Andern den künstlichen Anzug des Capitäns, der so eingerichtet war, dass man eine
Menge von Sachen, namentlich vor Brust und Bauch, heimlich darin transportiren
konnte. Thunberg schildert sehr ergötzlich die Verwunderung der Japaner, dass
von diesem Jahre an die Capitäne eben so mager waren, als andere Menschen,
während früher starke Wohlbeleibtheit für eine nothwendige Eigenschaft der Schiffs-
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