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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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II. Der Golf von Yeddo. Kanagava.
waren Kozusima und Volcano sichtbar, hohe schroffe Felseninseln,
die sich in breiten düsteren Massen von dem grellen Gewitter-
himmel abhoben. Bald darauf wurden auch Cap Idsu und die Berge
von Simoda nach den Beobachtungen erkannt, denn es war Nie-
mand an Bord der die japanischen Küsten jemals gesehen hatte.
Die Fregatte lief jetzt unter vollen Segeln vor dem Winde mit einer
Fahrt von zwölf Knoten zwischen Cap Idsu und der Vulcaninsel
Ohosima durch, deren Gipfel in Rauch und Wolken lag, dann queer
über den äusseren Golf von Yeddo auf Cap Sangami los. Die See
wurde immer belebter; hunderte von Segeln furchten, oder glitten
vielmehr nach allen Richtungen über die bewegte Fluth, -- denn
die leichteren japanischen Fahrzeuge sind sehr flach gebaut, und
scheinen bei raschem Segeln die Wellen kaum zu berühren. -- Vor
Cap Sangami brandet die See zwischen dunkelen Klippen; westlich
davon liegt das altberühmte Kamakura, die Residenz des Yoritomo
und seiner Dynastie. Hier -- bei Sangami -- verengt sich die Bai;
wir segelten längs der westlichen Küste an Uraga, wo manches
fremde Schiff zurückgewiesen wurde, dann am Vorgebirge Kamisaki
vorbei, das mit der gegenüberliegenden Spitze Sanuki den Eingang
in die innere Bai von Yeddo bildet. Die Ufer sind bewaldet und
hügelig; zwischen grünen Vorgebirgen schweift der Blick in tiefein-
geschnittene Buchten, und am Fusse der Höhen liegen Städte und
Dörfer mit schützenden Strandbatterieen.

Gegen zwei Uhr Nachmittags ging die Thetis in der Bucht
von Kanagava vor Anker. Hier lagen mehrere europäische Fahr-
zeuge, darunter englische Transportschiffe, die Pferde für den
chinesischen Krieg an Bord nehmen sollten. Der Legations-Secretär
Pieschel bestieg ein Boot und erkundigte sich zunächst bei einem
der Schiffe nach dem Landungsplatz; von dort aber ruderten schon
Boote auf die Fregatte zu, von denen eines angerufen wurde. An
Bord befand sich ein Ungar, welcher Proviantlieferungen übernom-
men hatte, und der Herrn Pieschel meldete, dass die Arkona schon
seit zehn Tagen vor Yeddo liege. Unser Boot kehrte nun nach
der Thetis zurück; dort hatten sich unterdessen drei japanische Beamte
mit einem holländisch redenden Dolmetscher eingefunden, welche
Capitän Jachmann im Namen des Gouverneurs von Kanagava be-
grüssten und nach dem Namen, Vaterland und Bestimmung des
Schiffes fragten. Es waren fein gekleidete Leute in schweren
dunkelen Seidenstoffen, mit intelligenten Gesichtern, höflich und

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II. Der Golf von Yeddo. Kanagava.
waren Kozusima und Volcano sichtbar, hohe schroffe Felseninseln,
die sich in breiten düsteren Massen von dem grellen Gewitter-
himmel abhoben. Bald darauf wurden auch Cap Idsu und die Berge
von Simoda nach den Beobachtungen erkannt, denn es war Nie-
mand an Bord der die japanischen Küsten jemals gesehen hatte.
Die Fregatte lief jetzt unter vollen Segeln vor dem Winde mit einer
Fahrt von zwölf Knoten zwischen Cap Idsu und der Vulcaninsel
Ohosima durch, deren Gipfel in Rauch und Wolken lag, dann queer
über den äusseren Golf von Yeddo auf Cap Saṅgami los. Die See
wurde immer belebter; hunderte von Segeln furchten, oder glitten
vielmehr nach allen Richtungen über die bewegte Fluth, — denn
die leichteren japanischen Fahrzeuge sind sehr flach gebaut, und
scheinen bei raschem Segeln die Wellen kaum zu berühren. — Vor
Cap Saṅgami brandet die See zwischen dunkelen Klippen; westlich
davon liegt das altberühmte Kamakura, die Residenz des Yoritomo
und seiner Dynastie. Hier — bei Saṅgami — verengt sich die Bai;
wir segelten längs der westlichen Küste an Uraga, wo manches
fremde Schiff zurückgewiesen wurde, dann am Vorgebirge Kamisaki
vorbei, das mit der gegenüberliegenden Spitze Sanuki den Eingang
in die innere Bai von Yeddo bildet. Die Ufer sind bewaldet und
hügelig; zwischen grünen Vorgebirgen schweift der Blick in tiefein-
geschnittene Buchten, und am Fusse der Höhen liegen Städte und
Dörfer mit schützenden Strandbatterieen.

Gegen zwei Uhr Nachmittags ging die Thetis in der Bucht
von Kanagava vor Anker. Hier lagen mehrere europäische Fahr-
zeuge, darunter englische Transportschiffe, die Pferde für den
chinesischen Krieg an Bord nehmen sollten. Der Legations-Secretär
Pieschel bestieg ein Boot und erkundigte sich zunächst bei einem
der Schiffe nach dem Landungsplatz; von dort aber ruderten schon
Boote auf die Fregatte zu, von denen eines angerufen wurde. An
Bord befand sich ein Ungar, welcher Proviantlieferungen übernom-
men hatte, und der Herrn Pieschel meldete, dass die Arkona schon
seit zehn Tagen vor Yeddo liege. Unser Boot kehrte nun nach
der Thetis zurück; dort hatten sich unterdessen drei japanische Beamte
mit einem holländisch redenden Dolmetscher eingefunden, welche
Capitän Jachmann im Namen des Gouverneurs von Kanagava be-
grüssten und nach dem Namen, Vaterland und Bestimmung des
Schiffes fragten. Es waren fein gekleidete Leute in schweren
dunkelen Seidenstoffen, mit intelligenten Gesichtern, höflich und

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[241/0271] II. Der Golf von Yeddo. Kanagava. waren Kozusima und Volcano sichtbar, hohe schroffe Felseninseln, die sich in breiten düsteren Massen von dem grellen Gewitter- himmel abhoben. Bald darauf wurden auch Cap Idsu und die Berge von Simoda nach den Beobachtungen erkannt, denn es war Nie- mand an Bord der die japanischen Küsten jemals gesehen hatte. Die Fregatte lief jetzt unter vollen Segeln vor dem Winde mit einer Fahrt von zwölf Knoten zwischen Cap Idsu und der Vulcaninsel Ohosima durch, deren Gipfel in Rauch und Wolken lag, dann queer über den äusseren Golf von Yeddo auf Cap Saṅgami los. Die See wurde immer belebter; hunderte von Segeln furchten, oder glitten vielmehr nach allen Richtungen über die bewegte Fluth, — denn die leichteren japanischen Fahrzeuge sind sehr flach gebaut, und scheinen bei raschem Segeln die Wellen kaum zu berühren. — Vor Cap Saṅgami brandet die See zwischen dunkelen Klippen; westlich davon liegt das altberühmte Kamakura, die Residenz des Yoritomo und seiner Dynastie. Hier — bei Saṅgami — verengt sich die Bai; wir segelten längs der westlichen Küste an Uraga, wo manches fremde Schiff zurückgewiesen wurde, dann am Vorgebirge Kamisaki vorbei, das mit der gegenüberliegenden Spitze Sanuki den Eingang in die innere Bai von Yeddo bildet. Die Ufer sind bewaldet und hügelig; zwischen grünen Vorgebirgen schweift der Blick in tiefein- geschnittene Buchten, und am Fusse der Höhen liegen Städte und Dörfer mit schützenden Strandbatterieen. Gegen zwei Uhr Nachmittags ging die Thetis in der Bucht von Kanagava vor Anker. Hier lagen mehrere europäische Fahr- zeuge, darunter englische Transportschiffe, die Pferde für den chinesischen Krieg an Bord nehmen sollten. Der Legations-Secretär Pieschel bestieg ein Boot und erkundigte sich zunächst bei einem der Schiffe nach dem Landungsplatz; von dort aber ruderten schon Boote auf die Fregatte zu, von denen eines angerufen wurde. An Bord befand sich ein Ungar, welcher Proviantlieferungen übernom- men hatte, und der Herrn Pieschel meldete, dass die Arkona schon seit zehn Tagen vor Yeddo liege. Unser Boot kehrte nun nach der Thetis zurück; dort hatten sich unterdessen drei japanische Beamte mit einem holländisch redenden Dolmetscher eingefunden, welche Capitän Jachmann im Namen des Gouverneurs von Kanagava be- grüssten und nach dem Namen, Vaterland und Bestimmung des Schiffes fragten. Es waren fein gekleidete Leute in schweren dunkelen Seidenstoffen, mit intelligenten Gesichtern, höflich und I. 16

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/271>, abgerufen am 24.11.2024.