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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Lackarbeiten. V.
Unbegreiflichsten der japanischen Cultur; es enthält gewöhnlich eine
kleine Schublade für den Kamm, die Zahnbürste, Zahnpulver,
Schminke, Pommade und dergleichen unentbehrliche Gegenstände der
Toilette, und bildet eigentlich das ganze Bett des Japaners, der in seinen
Kleidern auf dem Fussboden schläft, und sich gegen Kälte nur mit
dickeren Röcken, selten mit einer Steppdecke schützt. -- In diesen
Läden sind auch die gröberen Lackfabricate zu haben, die feineren
findet man in besonderen Niederlagen.

Das grösste Lackgeschäft in Yeddo hat seinen Sitz bei der
Brücke Nippon-basi, dem Mittelpuncte des Handelsverkehrs, wo
die namhaftesten Firmen aller Branchen ihre Niederlagen haben.
Die eigentliche Heimath der Lackfabrication ist Miako, von wo die
grossen Werkstätten die Waare an ihre Commanditen im ganzen
Lande versenden. Die Erzeugnisse sind bewundernswerth; auch in
diesem Zweige der Industrie stehen die älteren Arbeiten den neuen
voran. Woran es liegt, dass die Fabrication nicht mehr auf der alten
Höhe steht, weiss man nicht; das Material ist heute noch dasselbe,
und doch haben sich die Fabricate nicht nur in der Zeichnung,
sondern auch in der Güte und Feinheit der Oberfläche verschlech-
tert. Die gewöhnliche Grundfarbe ist schwarz oder roth, seltener
dunkelgrün, der schwarze Lack ist häufig mit Gold gesprenkelt;
der eigentliche Goldlack, der theuerste von allen, hat viele ver-
schiedene Nüancen. Die Zeichnung ist auf dem dunkelen Grunde
in Metallfarben ausgeführt und meistens leicht erhaben; matte
Metalle wechseln mit glänzenden; die Japaner bringen durch kunst-
reiche Behandlung des Materials eine unglaubliche Mannichfaltigkeit
der Farbe und Textur hervor; bei kostbaren alten Sachen sind
vielfach Gold- und Silberplättchen in den Lack eingelassen. Die
Zeichnung auf den älteren Stücken ist oft von grosser Schönheit,
Formen und Arbeit von vornehmer, geschmackvoller Eleganz und
der Farbenreiz so ausserordentlich, dass man leicht eine Passion
dafür fasst, welche leider nur zu kostbar ist. Die besten alten
Sachen werden in Japan selbst sehr geschätzt; Sebi, -- so hiess
unser Freund der Lackhändler, -- brachte oft Stücke zur Ansicht,
deren einheimische Preise dem extravagantesten Liebhaber des
Westens zu hoch gewesen wären. Es war ihm dabei nicht um den
Verkauf zu thun, sondern nur um den Stolz und die Befriedigung
sie uns zeigen zu können, bei denen er Sinn und Liebhaberei für
diese wirklich sehr schönen Arbeiten wahrgenommen hatte; seine

Lackarbeiten. V.
Unbegreiflichsten der japanischen Cultur; es enthält gewöhnlich eine
kleine Schublade für den Kamm, die Zahnbürste, Zahnpulver,
Schminke, Pommade und dergleichen unentbehrliche Gegenstände der
Toilette, und bildet eigentlich das ganze Bett des Japaners, der in seinen
Kleidern auf dem Fussboden schläft, und sich gegen Kälte nur mit
dickeren Röcken, selten mit einer Steppdecke schützt. — In diesen
Läden sind auch die gröberen Lackfabricate zu haben, die feineren
findet man in besonderen Niederlagen.

Das grösste Lackgeschäft in Yeddo hat seinen Sitz bei der
Brücke Nippon-basi, dem Mittelpuncte des Handelsverkehrs, wo
die namhaftesten Firmen aller Branchen ihre Niederlagen haben.
Die eigentliche Heimath der Lackfabrication ist Miako, von wo die
grossen Werkstätten die Waare an ihre Commanditen im ganzen
Lande versenden. Die Erzeugnisse sind bewundernswerth; auch in
diesem Zweige der Industrie stehen die älteren Arbeiten den neuen
voran. Woran es liegt, dass die Fabrication nicht mehr auf der alten
Höhe steht, weiss man nicht; das Material ist heute noch dasselbe,
und doch haben sich die Fabricate nicht nur in der Zeichnung,
sondern auch in der Güte und Feinheit der Oberfläche verschlech-
tert. Die gewöhnliche Grundfarbe ist schwarz oder roth, seltener
dunkelgrün, der schwarze Lack ist häufig mit Gold gesprenkelt;
der eigentliche Goldlack, der theuerste von allen, hat viele ver-
schiedene Nüancen. Die Zeichnung ist auf dem dunkelen Grunde
in Metallfarben ausgeführt und meistens leicht erhaben; matte
Metalle wechseln mit glänzenden; die Japaner bringen durch kunst-
reiche Behandlung des Materials eine unglaubliche Mannichfaltigkeit
der Farbe und Textur hervor; bei kostbaren alten Sachen sind
vielfach Gold- und Silberplättchen in den Lack eingelassen. Die
Zeichnung auf den älteren Stücken ist oft von grosser Schönheit,
Formen und Arbeit von vornehmer, geschmackvoller Eleganz und
der Farbenreiz so ausserordentlich, dass man leicht eine Passion
dafür fasst, welche leider nur zu kostbar ist. Die besten alten
Sachen werden in Japan selbst sehr geschätzt; Sebi, — so hiess
unser Freund der Lackhändler, — brachte oft Stücke zur Ansicht,
deren einheimische Preise dem extravagantesten Liebhaber des
Westens zu hoch gewesen wären. Es war ihm dabei nicht um den
Verkauf zu thun, sondern nur um den Stolz und die Befriedigung
sie uns zeigen zu können, bei denen er Sinn und Liebhaberei für
diese wirklich sehr schönen Arbeiten wahrgenommen hatte; seine

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[316/0346] Lackarbeiten. V. Unbegreiflichsten der japanischen Cultur; es enthält gewöhnlich eine kleine Schublade für den Kamm, die Zahnbürste, Zahnpulver, Schminke, Pommade und dergleichen unentbehrliche Gegenstände der Toilette, und bildet eigentlich das ganze Bett des Japaners, der in seinen Kleidern auf dem Fussboden schläft, und sich gegen Kälte nur mit dickeren Röcken, selten mit einer Steppdecke schützt. — In diesen Läden sind auch die gröberen Lackfabricate zu haben, die feineren findet man in besonderen Niederlagen. Das grösste Lackgeschäft in Yeddo hat seinen Sitz bei der Brücke Nippon-basi, dem Mittelpuncte des Handelsverkehrs, wo die namhaftesten Firmen aller Branchen ihre Niederlagen haben. Die eigentliche Heimath der Lackfabrication ist Miako, von wo die grossen Werkstätten die Waare an ihre Commanditen im ganzen Lande versenden. Die Erzeugnisse sind bewundernswerth; auch in diesem Zweige der Industrie stehen die älteren Arbeiten den neuen voran. Woran es liegt, dass die Fabrication nicht mehr auf der alten Höhe steht, weiss man nicht; das Material ist heute noch dasselbe, und doch haben sich die Fabricate nicht nur in der Zeichnung, sondern auch in der Güte und Feinheit der Oberfläche verschlech- tert. Die gewöhnliche Grundfarbe ist schwarz oder roth, seltener dunkelgrün, der schwarze Lack ist häufig mit Gold gesprenkelt; der eigentliche Goldlack, der theuerste von allen, hat viele ver- schiedene Nüancen. Die Zeichnung ist auf dem dunkelen Grunde in Metallfarben ausgeführt und meistens leicht erhaben; matte Metalle wechseln mit glänzenden; die Japaner bringen durch kunst- reiche Behandlung des Materials eine unglaubliche Mannichfaltigkeit der Farbe und Textur hervor; bei kostbaren alten Sachen sind vielfach Gold- und Silberplättchen in den Lack eingelassen. Die Zeichnung auf den älteren Stücken ist oft von grosser Schönheit, Formen und Arbeit von vornehmer, geschmackvoller Eleganz und der Farbenreiz so ausserordentlich, dass man leicht eine Passion dafür fasst, welche leider nur zu kostbar ist. Die besten alten Sachen werden in Japan selbst sehr geschätzt; Sebi, — so hiess unser Freund der Lackhändler, — brachte oft Stücke zur Ansicht, deren einheimische Preise dem extravagantesten Liebhaber des Westens zu hoch gewesen wären. Es war ihm dabei nicht um den Verkauf zu thun, sondern nur um den Stolz und die Befriedigung sie uns zeigen zu können, bei denen er Sinn und Liebhaberei für diese wirklich sehr schönen Arbeiten wahrgenommen hatte; seine

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/346>, abgerufen am 22.11.2024.