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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Umgegend von Nangasaki. XI.
man in Yeddo freilich nur Theekannen und Tässchen, Saki-Flaschen,
Schüsseln und dgl., und selten mehrere von demselben Muster be-
kommen konnte. Recht schön waren in Nangasaki einige grosse
Becken, Schüsseln und Vasen, zu deren Dimensionen die bunte
phantastische Malerei besonders passt; vor allem erregte aber das
sogenannte Eierschalen-Porcelan die Kauflust, Tassen die kaum
dicker sind als ein Kartenblatt, die meisten leicht und skizzenhaft
aber sehr geschickt mit Blumen und Schmetterlingen bemalt. -- Die
lange Seefahrt hatte unseren Schacher-Appetit wieder geschärft,
und so wanderte zum Schrecken der Schiffscommandanten noch
manche Kiste an Bord, denn auf Kriegsschiffen ist niemals Platz.

Die Schönheit der Umgebungen ist kaum zu beschreiben;
wohin man sich wendet, die reichste, herrlichste Landschaft. Südlich
erhebt sich der Bergeshang steil aus dem ebenen bis zum Rande
mit dichten Häusermassen gefüllten Thalboden; an der äussersten
Strasse, welche am Fuss der Höhe hinläuft, liegen nebeneinander
auf Felsfundamenten stattliche Tempelportale in langer Reihe.
Breite steinerne Treppen führen hinan zu geräumigen Terrassen,
beschattet vom dichten Wipfelgewölbe ehrwürdiger Riesenkiefern.
Dort stehen Glockenhäuser und Reinigungshallen, Monumente und
Nebencapellen von mancherlei Form, bald schlank und zierlich,
bald breit und massig, meist in einfachen ernsten Verhältnissen
gebaut, dazwischen Gruppen schöner Gewächse, besonders Ci-
cadeen, deren dunkele unförmliche Stämme und krause Wipfel
mit den lederartig glänzenden Wedeln eine charakteristische
Zierde bilden. Die Form und Anlage dieser Höfe ist unregelmässig
und bei jedem Tempel anders, der Bewegung des Bodens und vor
Allem dem Bedürfniss der Landschaft angepasst. Hier zeigt sich
die ganze Meisterschaft der Japaner in geschickter Benutzung der
Bodengestalt. -- Bahnen von breiten Quadern durchschneiden die Höfe
und führen auf die einzelnen Gebäude oft in schiefen und diagonalen
Linien zu, den Flächenraum in angenehmen Verhältnissen abtheilend,
wie accentuirte Striche, die in wenigen Zügen den geometrischen
Gedanken des unregelmässigen Grundrisses ausdrücken. Zuweilen
steigt man über mehrere solcher Terrassen durch reiche Portale
zum Haupttempel hinan, der, von Priesterwohnungen umgeben, bald
gradeaus, bald seitwärts vom Aufgange liegt. Der Eindruck dieser
Höfe, welche lachende Aussichten über das Häusermeer und den
belebten Hafen bieten, ist ernst und grossartig. Die gewaltigen

Umgegend von Naṅgasaki. XI.
man in Yeddo freilich nur Theekannen und Tässchen, Saki-Flaschen,
Schüsseln und dgl., und selten mehrere von demselben Muster be-
kommen konnte. Recht schön waren in Naṅgasaki einige grosse
Becken, Schüsseln und Vasen, zu deren Dimensionen die bunte
phantastische Malerei besonders passt; vor allem erregte aber das
sogenannte Eierschalen-Porcelan die Kauflust, Tassen die kaum
dicker sind als ein Kartenblatt, die meisten leicht und skizzenhaft
aber sehr geschickt mit Blumen und Schmetterlingen bemalt. — Die
lange Seefahrt hatte unseren Schacher-Appetit wieder geschärft,
und so wanderte zum Schrecken der Schiffscommandanten noch
manche Kiste an Bord, denn auf Kriegsschiffen ist niemals Platz.

Die Schönheit der Umgebungen ist kaum zu beschreiben;
wohin man sich wendet, die reichste, herrlichste Landschaft. Südlich
erhebt sich der Bergeshang steil aus dem ebenen bis zum Rande
mit dichten Häusermassen gefüllten Thalboden; an der äussersten
Strasse, welche am Fuss der Höhe hinläuft, liegen nebeneinander
auf Felsfundamenten stattliche Tempelportale in langer Reihe.
Breite steinerne Treppen führen hinan zu geräumigen Terrassen,
beschattet vom dichten Wipfelgewölbe ehrwürdiger Riesenkiefern.
Dort stehen Glockenhäuser und Reinigungshallen, Monumente und
Nebencapellen von mancherlei Form, bald schlank und zierlich,
bald breit und massig, meist in einfachen ernsten Verhältnissen
gebaut, dazwischen Gruppen schöner Gewächse, besonders Ci-
cadeen, deren dunkele unförmliche Stämme und krause Wipfel
mit den lederartig glänzenden Wedeln eine charakteristische
Zierde bilden. Die Form und Anlage dieser Höfe ist unregelmässig
und bei jedem Tempel anders, der Bewegung des Bodens und vor
Allem dem Bedürfniss der Landschaft angepasst. Hier zeigt sich
die ganze Meisterschaft der Japaner in geschickter Benutzung der
Bodengestalt. — Bahnen von breiten Quadern durchschneiden die Höfe
und führen auf die einzelnen Gebäude oft in schiefen und diagonalen
Linien zu, den Flächenraum in angenehmen Verhältnissen abtheilend,
wie accentuirte Striche, die in wenigen Zügen den geometrischen
Gedanken des unregelmässigen Grundrisses ausdrücken. Zuweilen
steigt man über mehrere solcher Terrassen durch reiche Portale
zum Haupttempel hinan, der, von Priesterwohnungen umgeben, bald
gradeaus, bald seitwärts vom Aufgange liegt. Der Eindruck dieser
Höfe, welche lachende Aussichten über das Häusermeer und den
belebten Hafen bieten, ist ernst und grossartig. Die gewaltigen

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[192/0212] Umgegend von Naṅgasaki. XI. man in Yeddo freilich nur Theekannen und Tässchen, Saki-Flaschen, Schüsseln und dgl., und selten mehrere von demselben Muster be- kommen konnte. Recht schön waren in Naṅgasaki einige grosse Becken, Schüsseln und Vasen, zu deren Dimensionen die bunte phantastische Malerei besonders passt; vor allem erregte aber das sogenannte Eierschalen-Porcelan die Kauflust, Tassen die kaum dicker sind als ein Kartenblatt, die meisten leicht und skizzenhaft aber sehr geschickt mit Blumen und Schmetterlingen bemalt. — Die lange Seefahrt hatte unseren Schacher-Appetit wieder geschärft, und so wanderte zum Schrecken der Schiffscommandanten noch manche Kiste an Bord, denn auf Kriegsschiffen ist niemals Platz. Die Schönheit der Umgebungen ist kaum zu beschreiben; wohin man sich wendet, die reichste, herrlichste Landschaft. Südlich erhebt sich der Bergeshang steil aus dem ebenen bis zum Rande mit dichten Häusermassen gefüllten Thalboden; an der äussersten Strasse, welche am Fuss der Höhe hinläuft, liegen nebeneinander auf Felsfundamenten stattliche Tempelportale in langer Reihe. Breite steinerne Treppen führen hinan zu geräumigen Terrassen, beschattet vom dichten Wipfelgewölbe ehrwürdiger Riesenkiefern. Dort stehen Glockenhäuser und Reinigungshallen, Monumente und Nebencapellen von mancherlei Form, bald schlank und zierlich, bald breit und massig, meist in einfachen ernsten Verhältnissen gebaut, dazwischen Gruppen schöner Gewächse, besonders Ci- cadeen, deren dunkele unförmliche Stämme und krause Wipfel mit den lederartig glänzenden Wedeln eine charakteristische Zierde bilden. Die Form und Anlage dieser Höfe ist unregelmässig und bei jedem Tempel anders, der Bewegung des Bodens und vor Allem dem Bedürfniss der Landschaft angepasst. Hier zeigt sich die ganze Meisterschaft der Japaner in geschickter Benutzung der Bodengestalt. — Bahnen von breiten Quadern durchschneiden die Höfe und führen auf die einzelnen Gebäude oft in schiefen und diagonalen Linien zu, den Flächenraum in angenehmen Verhältnissen abtheilend, wie accentuirte Striche, die in wenigen Zügen den geometrischen Gedanken des unregelmässigen Grundrisses ausdrücken. Zuweilen steigt man über mehrere solcher Terrassen durch reiche Portale zum Haupttempel hinan, der, von Priesterwohnungen umgeben, bald gradeaus, bald seitwärts vom Aufgange liegt. Der Eindruck dieser Höfe, welche lachende Aussichten über das Häusermeer und den belebten Hafen bieten, ist ernst und grossartig. Die gewaltigen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/212>, abgerufen am 24.11.2024.