[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.XI. Friedhöfe. Baumgruppen bekunden mehrhundertjähriges Alter; die wuchtigenDächer der Tempel und Portale ruhen auf stämmigen Säulenpfosten, deren Holz durch die Zeit tief dunkele Färbung angenommen hat; ihre Ornamentik beschränkt sich in edelem Maasse auf die Balken- köpfe, Verkröpfungen und Füllungen, die in breitem markigem Schnitzwerk bald phantastische Ungeheuer, bald stylisirte Pflanzen-, auch Wogen- und Wolkengebilde darstellen. Der Ton des Ganzen ist tief gesättigt; dichte Epheumassen bekleiden die aus bläulich- grauen Quadern meist polygonisch gefügten Strebemauern der Terrassen; die weissen Papierfenster der Priesterwohnungen und die hellen Fugen der schwärzlichen Dächer vertiefen wie Glanzlichter die dunkele Wirkung. Hinter den Tempeln bauen die Gräberstätten sich auf, welche II. 13
XI. Friedhöfe. Baumgruppen bekunden mehrhundertjähriges Alter; die wuchtigenDächer der Tempel und Portale ruhen auf stämmigen Säulenpfosten, deren Holz durch die Zeit tief dunkele Färbung angenommen hat; ihre Ornamentik beschränkt sich in edelem Maasse auf die Balken- köpfe, Verkröpfungen und Füllungen, die in breitem markigem Schnitzwerk bald phantastische Ungeheuer, bald stylisirte Pflanzen-, auch Wogen- und Wolkengebilde darstellen. Der Ton des Ganzen ist tief gesättigt; dichte Epheumassen bekleiden die aus bläulich- grauen Quadern meist polygonisch gefügten Strebemauern der Terrassen; die weissen Papierfenster der Priesterwohnungen und die hellen Fugen der schwärzlichen Dächer vertiefen wie Glanzlichter die dunkele Wirkung. Hinter den Tempeln bauen die Gräberstätten sich auf, welche II. 13
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XI. Friedhöfe.
Baumgruppen bekunden mehrhundertjähriges Alter; die wuchtigen
Dächer der Tempel und Portale ruhen auf stämmigen Säulenpfosten,
deren Holz durch die Zeit tief dunkele Färbung angenommen hat;
ihre Ornamentik beschränkt sich in edelem Maasse auf die Balken-
köpfe, Verkröpfungen und Füllungen, die in breitem markigem
Schnitzwerk bald phantastische Ungeheuer, bald stylisirte Pflanzen-,
auch Wogen- und Wolkengebilde darstellen. Der Ton des Ganzen
ist tief gesättigt; dichte Epheumassen bekleiden die aus bläulich-
grauen Quadern meist polygonisch gefügten Strebemauern der
Terrassen; die weissen Papierfenster der Priesterwohnungen und
die hellen Fugen der schwärzlichen Dächer vertiefen wie Glanzlichter
die dunkele Wirkung.
Hinter den Tempeln bauen die Gräberstätten sich auf, welche
an dieser Seite den Bergeshang auf der ganzen Länge der Stadt bis
zur Höhe von vier- bis fünfhundert Fuss einnehmen. Endlose
Treppchen führen, in verschiedenen Höhen von ebenlaufenden
Pfaden geschnitten, bis oben hinauf; dazwischen liegen auf unzähl-
baren unregelmässigen Terrassen die Ruhestätten, vielleicht familien-
weise abgetheilt, in Gruppen, deren jede von einer niedrigen Mauer
umgeben ist. Aus den gedrängten Reihen der vielgestaltigen Grab-
steine ragen Laternensäulen und Buddastatuen hervor, letztere oft
in ganzen Reihen von einförmiger Bildung; hier und da ein statt-
liches Denkmal. Alles ist, besonders in den tiefer gelegenen älteren
Theilen, mit Moos, Epheu, Immergrün und zierlichen Farrenkräutern
dicht bewachsen. Wo der vorspringende Boden einen Absatz bildet
ist der Raum zu einer grösseren Anlage benutzt; stattliche Strebe-
mauern stützen hier die Terrasse, das Erbbegräbniss eines ange-
sehenen Hauses tragend. Kiefern, Cryptomerien, herrliche Kampher-
bäume, Eichen, Lorbeern, Cypressen, Thuja, Ahorn und Podocarpus
ragen in prächtigen Gruppen aus dem Orangen-, Camelien-, Bam-
bus- und Myrthen-Gebüsch, aus Stechpalmen, Aralien-, Ligustrum-,
Viburnum-, Elaeagnus-Sträuchern hervor, den abschüssigen Fels-
boden beschattend, wo zwischen Moos und Epheuranken eine Fülle
wuchernder Kräuter spriesst. Hier und da steht die malerische
Wohnung eines Todtengräbers oder ein Vorrathsschuppen mit fer-
tigen Grabsteinen und Götzenbildern. Das Ganze liegt in reizender
Verwilderung; man kann hier Tage lang umherirren, ohne sich an
der Anmuth und Lieblichkeit der Landschaft zu sättigen. Die Lage
nach Norden schützt den Hang vor Sonnengluth, daher die unver-
II. 13
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