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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Vulcanische Verheerungen. Die russische Niederlassung. XI.
prallten gegen die aufwärts wallende Meeresfluth und bildeten
dampfende Wasserhosen, welche auf ihrem Wege die Häuser mit
den Fundamenten wegspülten. Die Stadt wurde gänzlich vernichtet,
nur die polygonischen Grundmauern des Kastelles blieben stehen,
in welches viele Bewohner geflüchtet waren, -- ein Denkmal der
alten Christenverfolgung. Die wirbelnde Wasserfluth deckte Gräber
auf und schleuderte Menschen und Thiere hoch in die Luft; man
fand sie mit zerbrochenen Gliedern in den Bäumen hängend oder
mit den Köpfen tief im Schlamme steckend. Dreiundfunfzigtausend
Menschen sollen in jenen Tagen umgekommen, die Verwüstungen
unbeschreiblich gewesen sein. Die Simabara östlich gegenüberliegende
Küste der Landschaft Figo wurde durch die gewaltsam aufwallenden
Meereswogen gänzlich umgestaltet und war nach der Verheerung
kaum wiederzukennen. -- Merkwürdiger Weise scheint das dem
vulcanischen Heerde so nah gelegene Nangasaki wenig von Erd-
beben zu leiden; man verspürt auch dort bisweilen schwache Stösse,
aber die alten wohlerhaltenen Tempel und die schönen aus Quadern
gewölbten Brückenbogen zeigen deutlich, dass die Stadt an einem
Knotenpuncte der Schwingungen gelegen und von heftigen Er-
schütterungen lange Zeit verschont geblieben sein muss.

Die Gesellschaft in Mogi setzte sich gegen drei Uhr, etwa
vierzig Personen stark, in dem mit den holländischen Farben ge-
schmückten Hause des Ortsvorstehers zu Tisch. Der weite beschwer-
liche Weg und die frische Seeluft hatten den Appetit der Gäste geschärft;
man richtete grausame Verwüstungen unter dem Festen und Flüssigen
an; es fehlte auch nicht an Toasten, die Musik der Arkona that
das Ihre zur Erheiterung des Males. -- Auf dem Rückwege zer-
splitterte sich die Gesellschaft in kleine Abtheilungen; der Gesandte
traf schon gegen acht wieder auf der Arkona ein, während Andere
noch bis spät nach Mitternacht mit den Freunden in Desima beim
heiteren Glase die Abentheuer des Tages beschwatzten.

Am 22. Februar machte der Gesandte dem Major Hytrowo
einen Besuch, der seit mehreren Monaten mit seiner jungen Gemalin
in dem russischen Etablissement seinen Wohnsitz aufgeschlagen
hatte. Es liegt an der Nordwestseite der Bucht der Stadt gegen-
über, in einer grünen heimlichen Senkung, von steil ansteigenden
Waldhängen beschattet. Vorrathshäuser und Kohlenlager säumen
den Strand; weiter hinauf stehen die Wohnungen der Officiere und
Mannschaften. Die Anlage datirt aus dem Jahre 1859: damals traf

Vulcanische Verheerungen. Die russische Niederlassung. XI.
prallten gegen die aufwärts wallende Meeresfluth und bildeten
dampfende Wasserhosen, welche auf ihrem Wege die Häuser mit
den Fundamenten wegspülten. Die Stadt wurde gänzlich vernichtet,
nur die polygonischen Grundmauern des Kastelles blieben stehen,
in welches viele Bewohner geflüchtet waren, — ein Denkmal der
alten Christenverfolgung. Die wirbelnde Wasserfluth deckte Gräber
auf und schleuderte Menschen und Thiere hoch in die Luft; man
fand sie mit zerbrochenen Gliedern in den Bäumen hängend oder
mit den Köpfen tief im Schlamme steckend. Dreiundfunfzigtausend
Menschen sollen in jenen Tagen umgekommen, die Verwüstungen
unbeschreiblich gewesen sein. Die Simabara östlich gegenüberliegende
Küste der Landschaft Figo wurde durch die gewaltsam aufwallenden
Meereswogen gänzlich umgestaltet und war nach der Verheerung
kaum wiederzukennen. — Merkwürdiger Weise scheint das dem
vulcanischen Heerde so nah gelegene Naṅgasaki wenig von Erd-
beben zu leiden; man verspürt auch dort bisweilen schwache Stösse,
aber die alten wohlerhaltenen Tempel und die schönen aus Quadern
gewölbten Brückenbogen zeigen deutlich, dass die Stadt an einem
Knotenpuncte der Schwingungen gelegen und von heftigen Er-
schütterungen lange Zeit verschont geblieben sein muss.

Die Gesellschaft in Mogi setzte sich gegen drei Uhr, etwa
vierzig Personen stark, in dem mit den holländischen Farben ge-
schmückten Hause des Ortsvorstehers zu Tisch. Der weite beschwer-
liche Weg und die frische Seeluft hatten den Appetit der Gäste geschärft;
man richtete grausame Verwüstungen unter dem Festen und Flüssigen
an; es fehlte auch nicht an Toasten, die Musik der Arkona that
das Ihre zur Erheiterung des Males. — Auf dem Rückwege zer-
splitterte sich die Gesellschaft in kleine Abtheilungen; der Gesandte
traf schon gegen acht wieder auf der Arkona ein, während Andere
noch bis spät nach Mitternacht mit den Freunden in Desima beim
heiteren Glase die Abentheuer des Tages beschwatzten.

Am 22. Februar machte der Gesandte dem Major Hytrowo
einen Besuch, der seit mehreren Monaten mit seiner jungen Gemalin
in dem russischen Etablissement seinen Wohnsitz aufgeschlagen
hatte. Es liegt an der Nordwestseite der Bucht der Stadt gegen-
über, in einer grünen heimlichen Senkung, von steil ansteigenden
Waldhängen beschattet. Vorrathshäuser und Kohlenlager säumen
den Strand; weiter hinauf stehen die Wohnungen der Officiere und
Mannschaften. Die Anlage datirt aus dem Jahre 1859: damals traf

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[200/0220] Vulcanische Verheerungen. Die russische Niederlassung. XI. prallten gegen die aufwärts wallende Meeresfluth und bildeten dampfende Wasserhosen, welche auf ihrem Wege die Häuser mit den Fundamenten wegspülten. Die Stadt wurde gänzlich vernichtet, nur die polygonischen Grundmauern des Kastelles blieben stehen, in welches viele Bewohner geflüchtet waren, — ein Denkmal der alten Christenverfolgung. Die wirbelnde Wasserfluth deckte Gräber auf und schleuderte Menschen und Thiere hoch in die Luft; man fand sie mit zerbrochenen Gliedern in den Bäumen hängend oder mit den Köpfen tief im Schlamme steckend. Dreiundfunfzigtausend Menschen sollen in jenen Tagen umgekommen, die Verwüstungen unbeschreiblich gewesen sein. Die Simabara östlich gegenüberliegende Küste der Landschaft Figo wurde durch die gewaltsam aufwallenden Meereswogen gänzlich umgestaltet und war nach der Verheerung kaum wiederzukennen. — Merkwürdiger Weise scheint das dem vulcanischen Heerde so nah gelegene Naṅgasaki wenig von Erd- beben zu leiden; man verspürt auch dort bisweilen schwache Stösse, aber die alten wohlerhaltenen Tempel und die schönen aus Quadern gewölbten Brückenbogen zeigen deutlich, dass die Stadt an einem Knotenpuncte der Schwingungen gelegen und von heftigen Er- schütterungen lange Zeit verschont geblieben sein muss. Die Gesellschaft in Mogi setzte sich gegen drei Uhr, etwa vierzig Personen stark, in dem mit den holländischen Farben ge- schmückten Hause des Ortsvorstehers zu Tisch. Der weite beschwer- liche Weg und die frische Seeluft hatten den Appetit der Gäste geschärft; man richtete grausame Verwüstungen unter dem Festen und Flüssigen an; es fehlte auch nicht an Toasten, die Musik der Arkona that das Ihre zur Erheiterung des Males. — Auf dem Rückwege zer- splitterte sich die Gesellschaft in kleine Abtheilungen; der Gesandte traf schon gegen acht wieder auf der Arkona ein, während Andere noch bis spät nach Mitternacht mit den Freunden in Desima beim heiteren Glase die Abentheuer des Tages beschwatzten. Am 22. Februar machte der Gesandte dem Major Hytrowo einen Besuch, der seit mehreren Monaten mit seiner jungen Gemalin in dem russischen Etablissement seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte. Es liegt an der Nordwestseite der Bucht der Stadt gegen- über, in einer grünen heimlichen Senkung, von steil ansteigenden Waldhängen beschattet. Vorrathshäuser und Kohlenlager säumen den Strand; weiter hinauf stehen die Wohnungen der Officiere und Mannschaften. Die Anlage datirt aus dem Jahre 1859: damals traf

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/220>, abgerufen am 21.11.2024.