[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Angriff auf den Kien-tsan. Anh. II. meer, um in Nangasaki ein Schreiben der Regierung über die Her-stellung des freundschaftlichen Verhältnisses zu den Fremden abzu- geben. Er hatte am 7. Juli Abends vor dem inneren Eingange der Strasse von Simonoseki Anker geworfen und schickte sich am fol- genden Morgen zur Weiterreise an, als von der Küste von Nangato her ein Boot mit japanischen Beamten kam, welche allerlei Fragen über seine Herkunft, Bestimmung u. s. w. thaten und nach kurzem Bescheide abgewiesen wurden. Bald darauf hörte man Signal- schüsse am Ufer. Der Capitän, welcher vom Angriff auf den Pembroke nichts wusste, hatte kein Arg, liess Anker lichten und fuhr in die Meerenge ein, als plötzlich eine Batterie zwei scharfe Schüsse feuerte, deren Kugeln weit hinter dem Heck des Dampfers einschlugen. Man hielt es für eine Schiessübung. Als aber die nächste Kugel dicht über das Schiff wegsauste und noch zwei andere Batterieen zu spielen begannen, ging der Capitän, um die Bedeutung des Grusses zu erfahren, vor Anker und brachte ein Boot zu Wasser, das im nächsten Augenblick von einem schweren Geschosse zerschmettert wurde. Zu gleicher Zeit eröffneten auch zwei vor Simonoseki liegende Schiffe europäischer Bauart das Feuer. Da galt also kein Zaudern, der Capitän liess Anker und Kette im Stich und setzte seine Fahrt mit voller Dampfkraft fort, während ein eiserner Hagel sein Takelwerk zerriss und die Brustwehr zer- trümmerte. Die beiden Schiffe vor Simonoseki hatten unterdessen Segel gesetzt und liefen bei dem günstigen Winde dem Kien-tsan rasch auf; der Capitän entschloss sich daher mit seinem flach gehen- den Dampfer durch einen bis dahin unversuchten Seitenarm der Meerenge zu laufen, den gewöhnlieh nur Dschunken benutzen, und rettete sich dadurch; denn die weit grösseren Schiffe mit der Flagge von Nangato wagten sich nicht in das seichte Fahrwasser. Er musste zwanzig Minuten lang das wohlunterhaltene Feuer mehrerer Batterieen und Schiffe aushalten, entkam aber ohne Verlust an Menschenleben und ohne Leck, obgleich der Rumpf des Kien-tsan an Steuerbord mit Kugeln gespickt wurde. Einige Matrosen waren durch Holzsplitter leicht verletzt. Auf der Weiterreise nach Nangasaki begegnete der Kien-tsan Angriff auf den Kien-tšaṅ. Anh. II. meer, um in Naṅgasaki ein Schreiben der Regierung über die Her-stellung des freundschaftlichen Verhältnisses zu den Fremden abzu- geben. Er hatte am 7. Juli Abends vor dem inneren Eingange der Strasse von Simonoseki Anker geworfen und schickte sich am fol- genden Morgen zur Weiterreise an, als von der Küste von Naṅgato her ein Boot mit japanischen Beamten kam, welche allerlei Fragen über seine Herkunft, Bestimmung u. s. w. thaten und nach kurzem Bescheide abgewiesen wurden. Bald darauf hörte man Signal- schüsse am Ufer. Der Capitän, welcher vom Angriff auf den Pembroke nichts wusste, hatte kein Arg, liess Anker lichten und fuhr in die Meerenge ein, als plötzlich eine Batterie zwei scharfe Schüsse feuerte, deren Kugeln weit hinter dem Heck des Dampfers einschlugen. Man hielt es für eine Schiessübung. Als aber die nächste Kugel dicht über das Schiff wegsauste und noch zwei andere Batterieen zu spielen begannen, ging der Capitän, um die Bedeutung des Grusses zu erfahren, vor Anker und brachte ein Boot zu Wasser, das im nächsten Augenblick von einem schweren Geschosse zerschmettert wurde. Zu gleicher Zeit eröffneten auch zwei vor Simonoseki liegende Schiffe europäischer Bauart das Feuer. Da galt also kein Zaudern, der Capitän liess Anker und Kette im Stich und setzte seine Fahrt mit voller Dampfkraft fort, während ein eiserner Hagel sein Takelwerk zerriss und die Brustwehr zer- trümmerte. Die beiden Schiffe vor Simonoseki hatten unterdessen Segel gesetzt und liefen bei dem günstigen Winde dem Kien-tšaṅ rasch auf; der Capitän entschloss sich daher mit seinem flach gehen- den Dampfer durch einen bis dahin unversuchten Seitenarm der Meerenge zu laufen, den gewöhnlieh nur Dschunken benutzen, und rettete sich dadurch; denn die weit grösseren Schiffe mit der Flagge von Naṅgato wagten sich nicht in das seichte Fahrwasser. Er musste zwanzig Minuten lang das wohlunterhaltene Feuer mehrerer Batterieen und Schiffe aushalten, entkam aber ohne Verlust an Menschenleben und ohne Leck, obgleich der Rumpf des Kien-tšaṅ an Steuerbord mit Kugeln gespickt wurde. Einige Matrosen waren durch Holzsplitter leicht verletzt. Auf der Weiterreise nach Naṅgasaki begegnete der Kien-tšaṅ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0308" n="288"/><fw place="top" type="header">Angriff auf den <hi rendition="#k">Kien-tšaṅ</hi>. Anh. II.</fw><lb/> meer, um in <hi rendition="#k"><placeName>Naṅgasaki</placeName></hi> ein Schreiben der Regierung über die Her-<lb/> stellung des freundschaftlichen Verhältnisses zu den Fremden abzu-<lb/> geben. Er hatte am 7. Juli Abends vor dem inneren Eingange der<lb/><placeName>Strasse von <hi rendition="#k">Simonoseki</hi></placeName> Anker geworfen und schickte sich am fol-<lb/> genden Morgen zur Weiterreise an, als von der Küste von <hi rendition="#k"><placeName>Naṅgato</placeName></hi><lb/> her ein Boot mit japanischen Beamten kam, welche allerlei Fragen<lb/> über seine Herkunft, Bestimmung u. s. w. thaten und nach kurzem<lb/> Bescheide abgewiesen wurden. Bald darauf hörte man Signal-<lb/> schüsse am Ufer. 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Angriff auf den Kien-tšaṅ. Anh. II.
meer, um in Naṅgasaki ein Schreiben der Regierung über die Her-
stellung des freundschaftlichen Verhältnisses zu den Fremden abzu-
geben. Er hatte am 7. Juli Abends vor dem inneren Eingange der
Strasse von Simonoseki Anker geworfen und schickte sich am fol-
genden Morgen zur Weiterreise an, als von der Küste von Naṅgato
her ein Boot mit japanischen Beamten kam, welche allerlei Fragen
über seine Herkunft, Bestimmung u. s. w. thaten und nach kurzem
Bescheide abgewiesen wurden. Bald darauf hörte man Signal-
schüsse am Ufer. Der Capitän, welcher vom Angriff auf den
Pembroke nichts wusste, hatte kein Arg, liess Anker lichten
und fuhr in die Meerenge ein, als plötzlich eine Batterie zwei
scharfe Schüsse feuerte, deren Kugeln weit hinter dem Heck des
Dampfers einschlugen. Man hielt es für eine Schiessübung. Als
aber die nächste Kugel dicht über das Schiff wegsauste und noch
zwei andere Batterieen zu spielen begannen, ging der Capitän, um
die Bedeutung des Grusses zu erfahren, vor Anker und brachte ein
Boot zu Wasser, das im nächsten Augenblick von einem schweren
Geschosse zerschmettert wurde. Zu gleicher Zeit eröffneten auch
zwei vor Simonoseki liegende Schiffe europäischer Bauart das Feuer.
Da galt also kein Zaudern, der Capitän liess Anker und Kette im
Stich und setzte seine Fahrt mit voller Dampfkraft fort, während
ein eiserner Hagel sein Takelwerk zerriss und die Brustwehr zer-
trümmerte. Die beiden Schiffe vor Simonoseki hatten unterdessen
Segel gesetzt und liefen bei dem günstigen Winde dem Kien-tšaṅ
rasch auf; der Capitän entschloss sich daher mit seinem flach gehen-
den Dampfer durch einen bis dahin unversuchten Seitenarm der
Meerenge zu laufen, den gewöhnlieh nur Dschunken benutzen, und
rettete sich dadurch; denn die weit grösseren Schiffe mit der Flagge
von Naṅgato wagten sich nicht in das seichte Fahrwasser. Er
musste zwanzig Minuten lang das wohlunterhaltene Feuer mehrerer
Batterieen und Schiffe aushalten, entkam aber ohne Verlust an
Menschenleben und ohne Leck, obgleich der Rumpf des Kien-tšaṅ
an Steuerbord mit Kugeln gespickt wurde. Einige Matrosen waren
durch Holzsplitter leicht verletzt.
Auf der Weiterreise nach Naṅgasaki begegnete der Kien-tšaṅ
der niederländischen Dampfcorvette Medusa, welche mit dem unter-
dess zum General-Consul ernannten Herrn de Graeff van Polsbroek
an Bord auf dem Wege nach Yokuhama war und ebenfalls durch
das Binnenmeer gehen sollte. Der Capitän des Kien-tšaṅ sprach
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