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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Anh. II. Angriff auf die Medusa. Der Wioming.
sie an, berichtete sein Abentheuer und gab Depeschen für den
Admiral Jaures mit. Die Medusa war also einigermaassen vorbe-
reitet, als sie in die Strasse von Simonoseki einlief.

Vor der Stadt lagen wieder die beiden Schiffe, eine Brigg
und eine Bark mit der Flagge des Fürsten von Nangato im Gross-
top. Sie gaben Signalschüsse ab, und der Commandant der Medusa,
Capitän van Casembroot, machte die Corvette gefechtsklar. Als
sie sich auf drei Kabellängen genähert hatte, eröffneten die beiden
Schiffe und die nächste Batterie ein heftiges Feuer. Capitän Ca-
sembroot
antwortete sehr nachdrücklich aus seinen acht Backbords-
geschützen, brachte auch, langsam avancirend, jene Batterie zum
Schweigen, und beabsichtigte die Schiffe in Grund zu bohren; doch
war das Wasser nicht tief genug, und er musste, von drei anderen
im Gebüsch versteckten Batterieen jetzt mit einem Kugelregen über-
schüttet, bei der Ungleichheit des Kampfes seinen Weg schneller
fortsetzen. Die Medusa erhielt in dem anderthalbstündigen Kampfe
einunddreissig Schüsse, davon siebzehn in den Rumpf. Ein dreissig-
pfündiges Geschoss tödtete drei Mann und verwundete einige andere
mehr oder weniger schwer. Mehrere sechzehnzöllige Granaten
platzten an Bord, und zweimal brach Feuer aus, das bald wieder
gelöscht wurde. Hätte eine Kugel das Steuerruder oder die Maschine
beschädigt, so war das Schiff verloren.

Als der Pembroke in Shanghai eintraf, lag dort die ameri-
kanische Dampfcorvette Wioming, ein Schiff von geringem Tief-
gange und grosser Schnelligkeit, mit wenigen Kanonen vom stärksten
Kaliber. Der Capitän beschloss sogleich an den Japanern Rache
zu üben, dampfte wenige Tage nach der Medusa in die Strasse von
Simonoseki
hinein und fand ausser den beiden Segelschiffen noch
einen Dampfer des Fürsten von Nangato vor der Stadt. Er lief,
auf den geringen Tiefgang seines Fahrzeugs vertrauend, mit voller
Schnelligkeit ohne einen Schuss abzugeben durch das Feuer der
Batterieen, dann mitten zwischen den Dampfer und die Segel-
schiffe hinein, denen er seine Breitseiten gab. Der Dampfer,
der eben angreifen wollte, war stark bemannt; eine Kugel scheint
durch seinen Kessel gegangen zu sein, wenigstens strömte der
siedende Dampf in dichten Wolken aus dem Rumpf, und die
Bemannung warf sich Rettung suchend in das Wasser. Der
Wioming sollte nun umwenden um den Kampf mit den Schiffen
wieder aufzunehmen, gerieth aber bei der geringen Breite des

II. 19

Anh. II. Angriff auf die Medusa. Der Wiomiṅg.
sie an, berichtete sein Abentheuer und gab Depeschen für den
Admiral Jaurès mit. Die Medusa war also einigermaassen vorbe-
reitet, als sie in die Strasse von Simonoseki einlief.

Vor der Stadt lagen wieder die beiden Schiffe, eine Brigg
und eine Bark mit der Flagge des Fürsten von Naṅgato im Gross-
top. Sie gaben Signalschüsse ab, und der Commandant der Medusa,
Capitän van Casembroot, machte die Corvette gefechtsklar. Als
sie sich auf drei Kabellängen genähert hatte, eröffneten die beiden
Schiffe und die nächste Batterie ein heftiges Feuer. Capitän Ca-
sembroot
antwortete sehr nachdrücklich aus seinen acht Backbords-
geschützen, brachte auch, langsam avancirend, jene Batterie zum
Schweigen, und beabsichtigte die Schiffe in Grund zu bohren; doch
war das Wasser nicht tief genug, und er musste, von drei anderen
im Gebüsch versteckten Batterieen jetzt mit einem Kugelregen über-
schüttet, bei der Ungleichheit des Kampfes seinen Weg schneller
fortsetzen. Die Medusa erhielt in dem anderthalbstündigen Kampfe
einunddreissig Schüsse, davon siebzehn in den Rumpf. Ein dreissig-
pfündiges Geschoss tödtete drei Mann und verwundete einige andere
mehr oder weniger schwer. Mehrere sechzehnzöllige Granaten
platzten an Bord, und zweimal brach Feuer aus, das bald wieder
gelöscht wurde. Hätte eine Kugel das Steuerruder oder die Maschine
beschädigt, so war das Schiff verloren.

Als der Pembroke in Shanghai eintraf, lag dort die ameri-
kanische Dampfcorvette Wiomiṅg, ein Schiff von geringem Tief-
gange und grosser Schnelligkeit, mit wenigen Kanonen vom stärksten
Kaliber. Der Capitän beschloss sogleich an den Japanern Rache
zu üben, dampfte wenige Tage nach der Medusa in die Strasse von
Simonoseki
hinein und fand ausser den beiden Segelschiffen noch
einen Dampfer des Fürsten von Naṅgato vor der Stadt. Er lief,
auf den geringen Tiefgang seines Fahrzeugs vertrauend, mit voller
Schnelligkeit ohne einen Schuss abzugeben durch das Feuer der
Batterieen, dann mitten zwischen den Dampfer und die Segel-
schiffe hinein, denen er seine Breitseiten gab. Der Dampfer,
der eben angreifen wollte, war stark bemannt; eine Kugel scheint
durch seinen Kessel gegangen zu sein, wenigstens strömte der
siedende Dampf in dichten Wolken aus dem Rumpf, und die
Bemannung warf sich Rettung suchend in das Wasser. Der
Wiomiṅg sollte nun umwenden um den Kampf mit den Schiffen
wieder aufzunehmen, gerieth aber bei der geringen Breite des

II. 19
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[289/0309] Anh. II. Angriff auf die Medusa. Der Wiomiṅg. sie an, berichtete sein Abentheuer und gab Depeschen für den Admiral Jaurès mit. Die Medusa war also einigermaassen vorbe- reitet, als sie in die Strasse von Simonoseki einlief. Vor der Stadt lagen wieder die beiden Schiffe, eine Brigg und eine Bark mit der Flagge des Fürsten von Naṅgato im Gross- top. Sie gaben Signalschüsse ab, und der Commandant der Medusa, Capitän van Casembroot, machte die Corvette gefechtsklar. Als sie sich auf drei Kabellängen genähert hatte, eröffneten die beiden Schiffe und die nächste Batterie ein heftiges Feuer. Capitän Ca- sembroot antwortete sehr nachdrücklich aus seinen acht Backbords- geschützen, brachte auch, langsam avancirend, jene Batterie zum Schweigen, und beabsichtigte die Schiffe in Grund zu bohren; doch war das Wasser nicht tief genug, und er musste, von drei anderen im Gebüsch versteckten Batterieen jetzt mit einem Kugelregen über- schüttet, bei der Ungleichheit des Kampfes seinen Weg schneller fortsetzen. Die Medusa erhielt in dem anderthalbstündigen Kampfe einunddreissig Schüsse, davon siebzehn in den Rumpf. Ein dreissig- pfündiges Geschoss tödtete drei Mann und verwundete einige andere mehr oder weniger schwer. Mehrere sechzehnzöllige Granaten platzten an Bord, und zweimal brach Feuer aus, das bald wieder gelöscht wurde. Hätte eine Kugel das Steuerruder oder die Maschine beschädigt, so war das Schiff verloren. Als der Pembroke in Shanghai eintraf, lag dort die ameri- kanische Dampfcorvette Wiomiṅg, ein Schiff von geringem Tief- gange und grosser Schnelligkeit, mit wenigen Kanonen vom stärksten Kaliber. Der Capitän beschloss sogleich an den Japanern Rache zu üben, dampfte wenige Tage nach der Medusa in die Strasse von Simonoseki hinein und fand ausser den beiden Segelschiffen noch einen Dampfer des Fürsten von Naṅgato vor der Stadt. Er lief, auf den geringen Tiefgang seines Fahrzeugs vertrauend, mit voller Schnelligkeit ohne einen Schuss abzugeben durch das Feuer der Batterieen, dann mitten zwischen den Dampfer und die Segel- schiffe hinein, denen er seine Breitseiten gab. Der Dampfer, der eben angreifen wollte, war stark bemannt; eine Kugel scheint durch seinen Kessel gegangen zu sein, wenigstens strömte der siedende Dampf in dichten Wolken aus dem Rumpf, und die Bemannung warf sich Rettung suchend in das Wasser. Der Wiomiṅg sollte nun umwenden um den Kampf mit den Schiffen wieder aufzunehmen, gerieth aber bei der geringen Breite des II. 19

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/309>, abgerufen am 17.06.2024.