Fahrwassers auf den Sand und blieb einige Minuten lang die unbe- wegliche Zielscheibe der Strandbatterieen. Sein dem Lande zuge- wendeter Bord wurde denn auch dicht mit Kugeln bepflastert, und auf dem Verdeck fielen zwölf Mann, davon fünf zum Tode ver- wundet. Flott geworden ging er wieder zwischen den Schiffen durch, gab ihnen noch zwei Breitseiten, brachte das eine Segel- schiff zum Sinken, kehrte dann abermals um und gewann, ohne einen Schuss an den Batterieen vorübergleitend, das freie Wasser des Binnenmeeres.
Ein von Nangasaki direct gehendes Packetboot hatte schon am 15. Juli die Nachricht von dem auf den Kien-tsan verübten Angriff nach Yokuhama gebracht, wo das seeräuberische Gebahren des Fürsten von Nangato Staunen und Entrüstung weckte. Seit Jahren war der Weg nach Nangasaki und Nord-China durch das Binnenmeer und die Strasse von Simonoseki für Dampfer der ge- wöhnliche; jetzt wurde aus heiterer Luft auf friedlich passirende Schiffe gefeuert. Admiral Jaures beschloss diese beispiellose Ver- letzung des Völkerrechtes und die Kränkung der französischen Flagge sofort exemplarisch zu bestrafen, und liess schon am 15. den Aviso Tancrede in See gehen, mit dem Befehl, ihn im Bungo-Canal zu erwarten. Er selbst brach mit der Semiramis am 16. Juli dahin auf, nachdem der englische Geschwader-Commandant ihm ver- sprochen, seine Operationen gegen Satsuma bis zur Rückkehr der französischen Schiffe aufzuschieben. Die Corvetten Monge und Dupleix blieben vor Yokuhama. -- Am Eingange des Golfes von Yeddo begegnete die Semiramis der Medusa und nahm die Depeschen vom Kien-tsan nebst dem Schlachtbericht des Capitän van Casembroot an Bord. Den 18. holte sie den Tancrede ein, lief mit ihm den 19. durch den Canal von Bungo, und ging Abends vor dem inneren Eingang der Strasse von Simonoseki unter dem südlichen Ufer zu Anker. Am folgenden Morgen lässt Admiral Jaures Generalmarsch schlagen und fährt mit beiden Schiffen langsam die Küste von Kiusiu hinauf. Bald signalisiren zwei ferne Kanonen- schüsse ihre Ankunft. Gegen sechs Uhr werden auf dem nörd- lichen Ufer, dem Territorium des Fürsten von Nangato zwei Batte- rieen sichtbar; die Fregatte ist in dem starken Strom schwer zu regieren, fährt sich fest, wird aber nach einer Viertelstunde wieder flott und ankert etwas höher hinauf vor dem Städtchen Tana-ura, in Schussweite des gegenüberliegenden nördlichen Ufers. Dort bemerkt
Operationen gegen Simonoseki. Anh. II.
Fahrwassers auf den Sand und blieb einige Minuten lang die unbe- wegliche Zielscheibe der Strandbatterieen. Sein dem Lande zuge- wendeter Bord wurde denn auch dicht mit Kugeln bepflastert, und auf dem Verdeck fielen zwölf Mann, davon fünf zum Tode ver- wundet. Flott geworden ging er wieder zwischen den Schiffen durch, gab ihnen noch zwei Breitseiten, brachte das eine Segel- schiff zum Sinken, kehrte dann abermals um und gewann, ohne einen Schuss an den Batterieen vorübergleitend, das freie Wasser des Binnenmeeres.
Ein von Naṅgasaki direct gehendes Packetboot hatte schon am 15. Juli die Nachricht von dem auf den Kien-tšaṅ verübten Angriff nach Yokuhama gebracht, wo das seeräuberische Gebahren des Fürsten von Naṅgato Staunen und Entrüstung weckte. Seit Jahren war der Weg nach Naṅgasaki und Nord-China durch das Binnenmeer und die Strasse von Simonoseki für Dampfer der ge- wöhnliche; jetzt wurde aus heiterer Luft auf friedlich passirende Schiffe gefeuert. Admiral Jaurès beschloss diese beispiellose Ver- letzung des Völkerrechtes und die Kränkung der französischen Flagge sofort exemplarisch zu bestrafen, und liess schon am 15. den Aviso Tancrède in See gehen, mit dem Befehl, ihn im Bungo-Canal zu erwarten. Er selbst brach mit der Semiramis am 16. Juli dahin auf, nachdem der englische Geschwader-Commandant ihm ver- sprochen, seine Operationen gegen Satsuma bis zur Rückkehr der französischen Schiffe aufzuschieben. Die Corvetten Monge und Dupleix blieben vor Yokuhama. — Am Eingange des Golfes von Yeddo begegnete die Semiramis der Medusa und nahm die Depeschen vom Kien-tšaṅ nebst dem Schlachtbericht des Capitän van Casembroot an Bord. Den 18. holte sie den Tancrède ein, lief mit ihm den 19. durch den Canal von Buṅgo, und ging Abends vor dem inneren Eingang der Strasse von Simonoseki unter dem südlichen Ufer zu Anker. Am folgenden Morgen lässt Admiral Jaurès Generalmarsch schlagen und fährt mit beiden Schiffen langsam die Küste von Kiusiu hinauf. Bald signalisiren zwei ferne Kanonen- schüsse ihre Ankunft. Gegen sechs Uhr werden auf dem nörd- lichen Ufer, dem Territorium des Fürsten von Naṅgato zwei Batte- rieen sichtbar; die Fregatte ist in dem starken Strom schwer zu regieren, fährt sich fest, wird aber nach einer Viertelstunde wieder flott und ankert etwas höher hinauf vor dem Städtchen Tana-ura, in Schussweite des gegenüberliegenden nördlichen Ufers. Dort bemerkt
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Operationen gegen Simonoseki. Anh. II.
Fahrwassers auf den Sand und blieb einige Minuten lang die unbe-
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wendeter Bord wurde denn auch dicht mit Kugeln bepflastert, und
auf dem Verdeck fielen zwölf Mann, davon fünf zum Tode ver-
wundet. Flott geworden ging er wieder zwischen den Schiffen
durch, gab ihnen noch zwei Breitseiten, brachte das eine Segel-
schiff zum Sinken, kehrte dann abermals um und gewann, ohne
einen Schuss an den Batterieen vorübergleitend, das freie Wasser
des Binnenmeeres.
Ein von Naṅgasaki direct gehendes Packetboot hatte schon
am 15. Juli die Nachricht von dem auf den Kien-tšaṅ verübten
Angriff nach Yokuhama gebracht, wo das seeräuberische Gebahren
des Fürsten von Naṅgato Staunen und Entrüstung weckte. Seit
Jahren war der Weg nach Naṅgasaki und Nord-China durch das
Binnenmeer und die Strasse von Simonoseki für Dampfer der ge-
wöhnliche; jetzt wurde aus heiterer Luft auf friedlich passirende
Schiffe gefeuert. Admiral Jaurès beschloss diese beispiellose Ver-
letzung des Völkerrechtes und die Kränkung der französischen
Flagge sofort exemplarisch zu bestrafen, und liess schon am 15. den
Aviso Tancrède in See gehen, mit dem Befehl, ihn im Bungo-Canal
zu erwarten. Er selbst brach mit der Semiramis am 16. Juli dahin
auf, nachdem der englische Geschwader-Commandant ihm ver-
sprochen, seine Operationen gegen Satsuma bis zur Rückkehr der
französischen Schiffe aufzuschieben. Die Corvetten Monge und
Dupleix blieben vor Yokuhama. — Am Eingange des Golfes
von Yeddo begegnete die Semiramis der Medusa und nahm die
Depeschen vom Kien-tšaṅ nebst dem Schlachtbericht des Capitän
van Casembroot an Bord. Den 18. holte sie den Tancrède ein,
lief mit ihm den 19. durch den Canal von Buṅgo, und ging
Abends vor dem inneren Eingang der Strasse von Simonoseki unter
dem südlichen Ufer zu Anker. Am folgenden Morgen lässt Admiral
Jaurès Generalmarsch schlagen und fährt mit beiden Schiffen langsam
die Küste von Kiusiu hinauf. Bald signalisiren zwei ferne Kanonen-
schüsse ihre Ankunft. Gegen sechs Uhr werden auf dem nörd-
lichen Ufer, dem Territorium des Fürsten von Naṅgato zwei Batte-
rieen sichtbar; die Fregatte ist in dem starken Strom schwer zu
regieren, fährt sich fest, wird aber nach einer Viertelstunde wieder
flott und ankert etwas höher hinauf vor dem Städtchen Tana-ura, in
Schussweite des gegenüberliegenden nördlichen Ufers. Dort bemerkt
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/310>, abgerufen am 26.06.2024.
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