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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Verzückungen des Ost-Königs.
richtet worden war, kam nun dem "himmlischen Vater" zu Fuss
bis zum zweiten Palastthore entgegen; letzterer zürnte aber und
rief: "Siu-tsuen 87), du begehst arges Unrecht! Ist dir das be-
wusst?" Der Tien-wan kniete mit dem Nord-König und allen
Anwesenden nieder und sprach: "Dein unwürdiger Sohn weiss,
dass er unrecht handelt und bittet den himmlischen Vater, ihm
gnädig zu vergeben." Dieser antwortete mit lauter Stimme: "Da
du deinen Fehler eingestehst, so musst du mit vierzig Streichen
gestraft werden." Darauf werfen sich der Nord-König und alle
Anwesenden mit dem Antlitz zur Erde, flehen thränenden Auges,
dass ihrem Herrn die verdiente Strafe erlassen werde und erbieten
sich, sie statt seiner zu leiden. Der Tien-wan verweist ihnen ihre
Fürbitte, weil er die Strafe verdiene, und da der "himmlische
Vater" auf Vollziehung derselben besteht, so streckt der Tien-wan
sich zur Erde, um die Streiche zu empfangen. Da spricht der
himmlische Vater: "Da du gehorsam bist, so will ich dir die Strafe
erlassen." Dann bezeichnet er ihm vier Frauen, die er von seinem
Hofe entlassen solle, verweist ihn für weitere Verhaltungsbefehle
an den Ost-König, dem er dieselben mitgetheilt habe und kehrt in
den Himmel zurück. Der Nordfürst und sein Gefolge geleiten den
Tien-wan ehrfurchtsvoll in seine Gemächer, während Yan sich
aus seiner Verzückung erholt und wieder Ost-König wird. Der
Nord-König berichtet ihm dann das zweite Herabsteigen des
himmlischen Vaters, von welchem Yan natürlich noch nichts weiss.

Nun begiebt sich der Ost-König zum Tien-wan, um ihm
die während der ersten Verzückung gegebenen Befehle des himm-
lischen Vaters auszurichten, welche die Frauen ihm mitgetheilt
haben. Hun-siu-tsuen nimmt sie mit grosser Zerknirschung auf
und rühmt die Weisheit von Yan's Belehrungen. Dieser verwahrt
sich in ehrerbietiger Rede gegen jeden Antheil an den Weisungen,
welche der reine Ausfluss des himmlischen Vaters seien. Zunächst
soll Tien-wan den Thronerben sorgfältiger erziehen und vor den
Einflüssen der Witterung hüten. Dann sollen die bei öffent-
lichen Arbeiten beschäftigten Frauen nicht so grausam behandelt
werden. Die dritte Verwarnung lautet, dass er Männer und Frauen,
die sich gegen ihn vergingen, nicht sofort mit dem Tode bestrafen
müsse; alle solche Fälle, bittet der Ost-König, möchten ihm selbst

87) Siu-tsuen ist Vornamen, Hun Familiennamen.

Verzückungen des Ost-Königs.
richtet worden war, kam nun dem »himmlischen Vater« zu Fuss
bis zum zweiten Palastthore entgegen; letzterer zürnte aber und
rief: »Siu-tsuen 87), du begehst arges Unrecht! Ist dir das be-
wusst?« Der Tien-waṅ kniete mit dem Nord-König und allen
Anwesenden nieder und sprach: »Dein unwürdiger Sohn weiss,
dass er unrecht handelt und bittet den himmlischen Vater, ihm
gnädig zu vergeben.« Dieser antwortete mit lauter Stimme: »Da
du deinen Fehler eingestehst, so musst du mit vierzig Streichen
gestraft werden.« Darauf werfen sich der Nord-König und alle
Anwesenden mit dem Antlitz zur Erde, flehen thränenden Auges,
dass ihrem Herrn die verdiente Strafe erlassen werde und erbieten
sich, sie statt seiner zu leiden. Der Tien-waṅ verweist ihnen ihre
Fürbitte, weil er die Strafe verdiene, und da der »himmlische
Vater« auf Vollziehung derselben besteht, so streckt der Tien-waṅ
sich zur Erde, um die Streiche zu empfangen. Da spricht der
himmlische Vater: »Da du gehorsam bist, so will ich dir die Strafe
erlassen.« Dann bezeichnet er ihm vier Frauen, die er von seinem
Hofe entlassen solle, verweist ihn für weitere Verhaltungsbefehle
an den Ost-König, dem er dieselben mitgetheilt habe und kehrt in
den Himmel zurück. Der Nordfürst und sein Gefolge geleiten den
Tien-waṅ ehrfurchtsvoll in seine Gemächer, während Yaṅ sich
aus seiner Verzückung erholt und wieder Ost-König wird. Der
Nord-König berichtet ihm dann das zweite Herabsteigen des
himmlischen Vaters, von welchem Yaṅ natürlich noch nichts weiss.

Nun begiebt sich der Ost-König zum Tien-waṅ, um ihm
die während der ersten Verzückung gegebenen Befehle des himm-
lischen Vaters auszurichten, welche die Frauen ihm mitgetheilt
haben. Huṅ-siu-tsuen nimmt sie mit grosser Zerknirschung auf
und rühmt die Weisheit von Yaṅ’s Belehrungen. Dieser verwahrt
sich in ehrerbietiger Rede gegen jeden Antheil an den Weisungen,
welche der reine Ausfluss des himmlischen Vaters seien. Zunächst
soll Tien-waṅ den Thronerben sorgfältiger erziehen und vor den
Einflüssen der Witterung hüten. Dann sollen die bei öffent-
lichen Arbeiten beschäftigten Frauen nicht so grausam behandelt
werden. Die dritte Verwarnung lautet, dass er Männer und Frauen,
die sich gegen ihn vergingen, nicht sofort mit dem Tode bestrafen
müsse; alle solche Fälle, bittet der Ost-König, möchten ihm selbst

87) Siu-tsuen ist Vornamen, Huṅ Familiennamen.
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[206/0228] Verzückungen des Ost-Königs. richtet worden war, kam nun dem »himmlischen Vater« zu Fuss bis zum zweiten Palastthore entgegen; letzterer zürnte aber und rief: »Siu-tsuen 87), du begehst arges Unrecht! Ist dir das be- wusst?« Der Tien-waṅ kniete mit dem Nord-König und allen Anwesenden nieder und sprach: »Dein unwürdiger Sohn weiss, dass er unrecht handelt und bittet den himmlischen Vater, ihm gnädig zu vergeben.« Dieser antwortete mit lauter Stimme: »Da du deinen Fehler eingestehst, so musst du mit vierzig Streichen gestraft werden.« Darauf werfen sich der Nord-König und alle Anwesenden mit dem Antlitz zur Erde, flehen thränenden Auges, dass ihrem Herrn die verdiente Strafe erlassen werde und erbieten sich, sie statt seiner zu leiden. Der Tien-waṅ verweist ihnen ihre Fürbitte, weil er die Strafe verdiene, und da der »himmlische Vater« auf Vollziehung derselben besteht, so streckt der Tien-waṅ sich zur Erde, um die Streiche zu empfangen. Da spricht der himmlische Vater: »Da du gehorsam bist, so will ich dir die Strafe erlassen.« Dann bezeichnet er ihm vier Frauen, die er von seinem Hofe entlassen solle, verweist ihn für weitere Verhaltungsbefehle an den Ost-König, dem er dieselben mitgetheilt habe und kehrt in den Himmel zurück. Der Nordfürst und sein Gefolge geleiten den Tien-waṅ ehrfurchtsvoll in seine Gemächer, während Yaṅ sich aus seiner Verzückung erholt und wieder Ost-König wird. Der Nord-König berichtet ihm dann das zweite Herabsteigen des himmlischen Vaters, von welchem Yaṅ natürlich noch nichts weiss. Nun begiebt sich der Ost-König zum Tien-waṅ, um ihm die während der ersten Verzückung gegebenen Befehle des himm- lischen Vaters auszurichten, welche die Frauen ihm mitgetheilt haben. Huṅ-siu-tsuen nimmt sie mit grosser Zerknirschung auf und rühmt die Weisheit von Yaṅ’s Belehrungen. Dieser verwahrt sich in ehrerbietiger Rede gegen jeden Antheil an den Weisungen, welche der reine Ausfluss des himmlischen Vaters seien. Zunächst soll Tien-waṅ den Thronerben sorgfältiger erziehen und vor den Einflüssen der Witterung hüten. Dann sollen die bei öffent- lichen Arbeiten beschäftigten Frauen nicht so grausam behandelt werden. Die dritte Verwarnung lautet, dass er Männer und Frauen, die sich gegen ihn vergingen, nicht sofort mit dem Tode bestrafen müsse; alle solche Fälle, bittet der Ost-König, möchten ihm selbst 87) Siu-tsuen ist Vornamen, Huṅ Familiennamen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/228>, abgerufen am 21.11.2024.