beweisen, dass man den Unterzeichneten in völliger Unkenntniss von des Kaisers Absicht, ihm die Benutzung der gewöhnlichen Flussstrasse zu verwehren, von Shang-hae abreisen liess.
Ein ähnliches Stillschweigen wurde gegen Admiral Hope, Ober- befehlshaber von Ihrer Majestät Kriegsschiffen in diesen Meeren, beob- achtet, als er zu Förderung des Seiner Excellenz Kwei-lian in dem oben bezeichneten Schreiben mitgetheilten Zweckes am 17. Juni vor der Flussmündung erschien, um die bevorstehende Ankunft des Unter- zeichneten und seines Collegen, des französischen Gesandten, zu mel- den. Der Admiral erhielt die Versicherung, dass die Durchfahrt von der sogenannten Miliz geschlossen sei, welche er die sperrenden Balken bewachend fand, und zwar ohne Befehl ihrer Regierung, von deren Beamten, wie die Milizen wiederholt versicherten, keiner in der Nähe des Ortes war; sie sei ferner nicht zur Abwehr der Fremden, sondern einheimischer Feinde gesperrt. Diese falschen Darstellungen be- gleitete ein falscher Schein: die Batterieen der Werke waren maskirt, keine Banner wehten darauf, kein Soldat zeigte sich. Ferner: um jeder Verificirung der Aussagen der Milizen vorzubeugen, verhinderte man allen Verkehr mit dem Ufer. Nachdem sie versprochen hatten, die Hindernisse im Flusse zu beseitigen, leugneten die Milizen dieses Versprechen. Sie betrugen sich grob und gewaltsam gegen die Offi- ciere, welche abgeschickt wurden mit ihnen zu reden, und gingen in einem Falle so weit, das Leben eines Herrn zu bedrohen, welcher mit einer Botschaft vom Admiral beauftragt war.
Das war die Lage der Dinge, als der Unterzeichnete ausserhalb der Barre eintraf. Da er fand, dass die Beamten fortfuhren unsichtbar zu bleiben, während die Milizen auf der Aussage beharrten, dass die Flusssperre ihr eigenes unautorisirtes Werk sei, so ersuchte er den Admiral, Schritte zu thun, die ihn in Stand setzten, zur bestimmten Zeit die Hauptstadt zu erreichen. Dieses wollte der Admiral -- nach gehöriger Anzeige an die Milizen und nachdem er den Abend vorher von ihnen die Versicherung erhalten hatte, dass sie gewiss nichts weiter mitzutheilen haben würden -- am 25. Juni, dem achten Tage nach seiner Ankunft, bewerkstelligen, als die Forts, welche diese acht Tage lang allem Anschein nach verlassen gewesen waren, plötzlich das Feuer auf sein Geschwader eröffneten. Offenbar haben die in den Forts commandirenden Officiere, um diese verrätherische Handlungs- weise zu verbergen, Seiner Majestät noch eine Erfindung aufgebun- den, indem sie Dieselbe glauben machten, das britische Geschwader hätte die Offensive ergriffen und die Forts bombardirt. Das ist ohne jede Grundlage; kein Schuss wurde gefeuert, bis die Batterieen be-
Das englische Ultimatum.
beweisen, dass man den Unterzeichneten in völliger Unkenntniss von des Kaisers Absicht, ihm die Benutzung der gewöhnlichen Flussstrasse zu verwehren, von Shang-hae abreisen liess.
Ein ähnliches Stillschweigen wurde gegen Admiral Hope, Ober- befehlshaber von Ihrer Majestät Kriegsschiffen in diesen Meeren, beob- achtet, als er zu Förderung des Seiner Excellenz Kwei-liaṅ in dem oben bezeichneten Schreiben mitgetheilten Zweckes am 17. Juni vor der Flussmündung erschien, um die bevorstehende Ankunft des Unter- zeichneten und seines Collegen, des französischen Gesandten, zu mel- den. Der Admiral erhielt die Versicherung, dass die Durchfahrt von der sogenannten Miliz geschlossen sei, welche er die sperrenden Balken bewachend fand, und zwar ohne Befehl ihrer Regierung, von deren Beamten, wie die Milizen wiederholt versicherten, keiner in der Nähe des Ortes war; sie sei ferner nicht zur Abwehr der Fremden, sondern einheimischer Feinde gesperrt. Diese falschen Darstellungen be- gleitete ein falscher Schein: die Batterieen der Werke waren maskirt, keine Banner wehten darauf, kein Soldat zeigte sich. Ferner: um jeder Verificirung der Aussagen der Milizen vorzubeugen, verhinderte man allen Verkehr mit dem Ufer. Nachdem sie versprochen hatten, die Hindernisse im Flusse zu beseitigen, leugneten die Milizen dieses Versprechen. Sie betrugen sich grob und gewaltsam gegen die Offi- ciere, welche abgeschickt wurden mit ihnen zu reden, und gingen in einem Falle so weit, das Leben eines Herrn zu bedrohen, welcher mit einer Botschaft vom Admiral beauftragt war.
Das war die Lage der Dinge, als der Unterzeichnete ausserhalb der Barre eintraf. Da er fand, dass die Beamten fortfuhren unsichtbar zu bleiben, während die Milizen auf der Aussage beharrten, dass die Flusssperre ihr eigenes unautorisirtes Werk sei, so ersuchte er den Admiral, Schritte zu thun, die ihn in Stand setzten, zur bestimmten Zeit die Hauptstadt zu erreichen. Dieses wollte der Admiral — nach gehöriger Anzeige an die Milizen und nachdem er den Abend vorher von ihnen die Versicherung erhalten hatte, dass sie gewiss nichts weiter mitzutheilen haben würden — am 25. Juni, dem achten Tage nach seiner Ankunft, bewerkstelligen, als die Forts, welche diese acht Tage lang allem Anschein nach verlassen gewesen waren, plötzlich das Feuer auf sein Geschwader eröffneten. Offenbar haben die in den Forts commandirenden Officiere, um diese verrätherische Handlungs- weise zu verbergen, Seiner Majestät noch eine Erfindung aufgebun- den, indem sie Dieselbe glauben machten, das britische Geschwader hätte die Offensive ergriffen und die Forts bombardirt. Das ist ohne jede Grundlage; kein Schuss wurde gefeuert, bis die Batterieen be-
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Das englische Ultimatum.
beweisen, dass man den Unterzeichneten in völliger Unkenntniss von des
Kaisers Absicht, ihm die Benutzung der gewöhnlichen Flussstrasse zu
verwehren, von Shang-hae abreisen liess.
Ein ähnliches Stillschweigen wurde gegen Admiral Hope, Ober-
befehlshaber von Ihrer Majestät Kriegsschiffen in diesen Meeren, beob-
achtet, als er zu Förderung des Seiner Excellenz Kwei-liaṅ in dem
oben bezeichneten Schreiben mitgetheilten Zweckes am 17. Juni vor
der Flussmündung erschien, um die bevorstehende Ankunft des Unter-
zeichneten und seines Collegen, des französischen Gesandten, zu mel-
den. Der Admiral erhielt die Versicherung, dass die Durchfahrt von
der sogenannten Miliz geschlossen sei, welche er die sperrenden Balken
bewachend fand, und zwar ohne Befehl ihrer Regierung, von deren
Beamten, wie die Milizen wiederholt versicherten, keiner in der Nähe
des Ortes war; sie sei ferner nicht zur Abwehr der Fremden, sondern
einheimischer Feinde gesperrt. Diese falschen Darstellungen be-
gleitete ein falscher Schein: die Batterieen der Werke waren maskirt,
keine Banner wehten darauf, kein Soldat zeigte sich. Ferner: um
jeder Verificirung der Aussagen der Milizen vorzubeugen, verhinderte
man allen Verkehr mit dem Ufer. Nachdem sie versprochen hatten,
die Hindernisse im Flusse zu beseitigen, leugneten die Milizen dieses
Versprechen. Sie betrugen sich grob und gewaltsam gegen die Offi-
ciere, welche abgeschickt wurden mit ihnen zu reden, und gingen in
einem Falle so weit, das Leben eines Herrn zu bedrohen, welcher mit
einer Botschaft vom Admiral beauftragt war.
Das war die Lage der Dinge, als der Unterzeichnete ausserhalb
der Barre eintraf. Da er fand, dass die Beamten fortfuhren unsichtbar
zu bleiben, während die Milizen auf der Aussage beharrten, dass die
Flusssperre ihr eigenes unautorisirtes Werk sei, so ersuchte er den
Admiral, Schritte zu thun, die ihn in Stand setzten, zur bestimmten
Zeit die Hauptstadt zu erreichen. Dieses wollte der Admiral — nach
gehöriger Anzeige an die Milizen und nachdem er den Abend vorher
von ihnen die Versicherung erhalten hatte, dass sie gewiss nichts
weiter mitzutheilen haben würden — am 25. Juni, dem achten Tage
nach seiner Ankunft, bewerkstelligen, als die Forts, welche diese acht
Tage lang allem Anschein nach verlassen gewesen waren, plötzlich
das Feuer auf sein Geschwader eröffneten. Offenbar haben die in den
Forts commandirenden Officiere, um diese verrätherische Handlungs-
weise zu verbergen, Seiner Majestät noch eine Erfindung aufgebun-
den, indem sie Dieselbe glauben machten, das britische Geschwader
hätte die Offensive ergriffen und die Forts bombardirt. Das ist ohne
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/322>, abgerufen am 22.11.2024.
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