[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Schicksal sehr zufrieden und übten die frechste Bosheit. Nach dem Bericht von Augenzeugen waren sie die Geissel des Land- volks, verwüsteten muthwillig, was sie nicht brauchen konnten, und marterten die Bauern im schweren Frohndienst mit teuflischer Grau- samkeit zu Tode. Vergleicht man diese Truppen mit denjenigen, welche 1851 von Kuan-si auszogen, selbst mit denen, welche Meadows 1853 in Nan-kin und Tsin-kian sah, so zeigt sich, dass ihre Entartung gleichen Schritt hielt mit dem Sinken ihrer Lehre und der wachsenden Verirrung des Lenkers. Als Gegenstück zu jenem Edicte des Tien-wan möge hier der Brief stehen, welchen er gleich nach Einnahme von Nan-kin 1853 an seinen Lehrer, den Missionar Roberts in Kan-ton schrieb: "Obwohl lange Zeit verging, seit wir uns trennten, hege ich Wegen der Vielfältigkeit der öffentlichen Angelegenheiten, die Schicksal sehr zufrieden und übten die frechste Bosheit. Nach dem Bericht von Augenzeugen waren sie die Geissel des Land- volks, verwüsteten muthwillig, was sie nicht brauchen konnten, und marterten die Bauern im schweren Frohndienst mit teuflischer Grau- samkeit zu Tode. Vergleicht man diese Truppen mit denjenigen, welche 1851 von Kuaṅ-si auszogen, selbst mit denen, welche Meadows 1853 in Nan-kiṅ und Tšiṅ-kiaṅ sah, so zeigt sich, dass ihre Entartung gleichen Schritt hielt mit dem Sinken ihrer Lehre und der wachsenden Verirrung des Lenkers. Als Gegenstück zu jenem Edicte des Tien-waṅ möge hier der Brief stehen, welchen er gleich nach Einnahme von Nan-kiṅ 1853 an seinen Lehrer, den Missionar Roberts in Kan-ton schrieb: »Obwohl lange Zeit verging, seit wir uns trennten, hege ich Wegen der Vielfältigkeit der öffentlichen Angelegenheiten, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0426" n="404"/><fw place="top" type="header">Brief des <hi rendition="#k"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118967266">Tien-waṅ</persName></hi> an Mr. <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no2007052574">Roberts</persName>. XIII.</fw><lb/> Schicksal sehr zufrieden und übten die frechste Bosheit. Nach<lb/> dem Bericht von Augenzeugen waren sie die Geissel des Land-<lb/> volks, verwüsteten muthwillig, was sie nicht brauchen konnten, und<lb/> marterten die Bauern im schweren Frohndienst mit teuflischer Grau-<lb/> samkeit zu Tode. 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Brief des Tien-waṅ an Mr. Roberts. XIII.
Schicksal sehr zufrieden und übten die frechste Bosheit. Nach
dem Bericht von Augenzeugen waren sie die Geissel des Land-
volks, verwüsteten muthwillig, was sie nicht brauchen konnten, und
marterten die Bauern im schweren Frohndienst mit teuflischer Grau-
samkeit zu Tode. Vergleicht man diese Truppen mit denjenigen,
welche 1851 von Kuaṅ-si auszogen, selbst mit denen, welche
Meadows 1853 in Nan-kiṅ und Tšiṅ-kiaṅ sah, so zeigt sich, dass
ihre Entartung gleichen Schritt hielt mit dem Sinken ihrer Lehre
und der wachsenden Verirrung des Lenkers. Als Gegenstück zu
jenem Edicte des Tien-waṅ möge hier der Brief stehen, welchen
er gleich nach Einnahme von Nan-kiṅ 1853 an seinen Lehrer, den
Missionar Roberts in Kan-ton schrieb:
»Obwohl lange Zeit verging, seit wir uns trennten, hege ich
doch beständig in Liebe dein Andenken. Jetzt, da holde Frühlings-
lüfte die Menschen grüssen, gedachte ich deiner in der Ferne, mein
verehrter älterer Bruder! Wahrhaft ruhmwürdig ist es, dass du über
Myriaden Meilen des Oceans hergekommen bist, die wahre Lehre des
Erlösers zu verkünden, und dass du von ganzem Herzen dem Herrn
dienst. Ehrerbietig theile ich dir mit, dass der himmlische Vater mich
trotz meiner Unwürdigkeit und Schwäche nicht verworfen, sondern in
der Fülle seiner Gnade befähigt hat, die in Lian-gun und Kiaṅ-nan
(Hu-nan, Hu-pi, Gan-wui und Kiaṅ-su) begriffenen weiten Länder
in Besitz zu nehmen. Ich schrieb dir wiederholt, erhielt aber noch
keine Antwort.
Wegen der Vielfältigkeit der öffentlichen Angelegenheiten, die
meine Aufmerksamkeit beschäftigen, hatte ich nicht Musse, das Volk
früh und spät zu unterrichten. Aber ich machte dem Heer und der
übrigen Bevölkerung die zehn Gebote kund, und lehrte sie, Morgens
und Abends zu beten. Doch sind ihrer nicht Viele, die das Evange-
lium verstehen. Deshalb finde ich angemessen, dir den Boten … in
Person zu senden, um dir Frieden zu wünschen, und dich, mein
älterer Bruder, zu ersuchen, wenn du mich nicht verlassen willst, zu
mir (zu kommen) recht viele Brüder mitzubringen, um das Evangelium
zu verbreiten und den heiligen Gebrauch der Taufe zu üben. Später,
wenn mein Unternehmen erfolgreich zu Ende geführt ist, will ich die
Lehre im ganzen Reich aussäen, dass Alle zu dem einen Herrn zurück-
kehren und nur den wahren Gott anbeten mögen. Das ist, wonach
mein Herz wahrhaft strebt. Ich unterlasse andere Dinge zu berühren,
und sage für jetzt nicht mehr. Mit Segenswünschen grüsst dich dein
unwissender jüngerer Bruder Huṅ-siu-tsuen.«
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