Beim Abschied dankte Graf Eulenburg für den wohlwollen- den Empfang. -- Im Hof präsentirten die Truppen das Gewehr auf englische Commandoworte, und machten die Griffe mit grosser Präcision.
Nun kam der Heiligabend heran -- Weihnachten bei 30° Wärme! Aber gefeiert musste er werden. Eine Tanne wie in Yeddo zu erlangen, war unmöglich, die wuchs nicht auf Hunderte von Meilen; nun wurde ein Weihnachtsbaum gebaut. Das schmale Quergebäude des Hofes bekleideten wir mit dicht belaubtem Bam- bus; davor wurde eine vierzig Fuss hohe Areca-Palme aufgepflanzt und der Stamm mit Bündeln der Musa umbunden, deren Blattwedel in mächtigen Garben herabfielen. In den grasartigen Tuffen des Bambus und unter den durchsichtig zarten Bananenwedeln hingen, magisches Licht strömend, hunderte Papierlaternen; auch die breiten Veranden, wo die Schiffsmannschaft hauste, erhellten bunte chi- nesische Lampen. Das Ganze wirkte sehr hübsch, wenn auch nicht weihnachtlich.
Um etwas aufzubauen hatten einige Begleiter des Gesandten von den wenigen europäischen Händlern in Bankok alle Süssig- keiten, darunter eine Menge Pfefferkuchen aufgekauft und daraus eine Pyramide gebaut, welche Blumen- und Blättergewinde zierten. Dann wurde Punsch gebraut und trotz der Hitze ausgetrunken. So verging der Abend in heiterer Erinnerung an die liebe ferne Heimath, und wurde durch ein siamesisches Feuerwerk beschlossen.
Am 26. December empfing Graf Eulenburg die Besuche des Kalahum und des Phra-klan, mit welchen die letzten Verabredun- gen über die für den folgenden Tag anberaumte feierliche Audienz zu treffen waren. Abends kam der Dampfer Little Eastern, den der König auf die Rhede hinaussandte, mit den Commandeuren der Kriegsschiffe, einigen Officieren, dem Musikcorps der Arkona und vierzig Seesoldaten, so dass das Gesandtschaftshaus an jenem Abend 98 Preussen, mit dem siamesischen Gefolge 150 Personen beherbergte.
Am Morgen des 27. December lagen eine Menge Staatsboote vor dem Gesandtschaftshause, lange schmale Fahrzeuge mit hoch- geschwungenem Schnabel und vergoldetem Baldachin in der Mitte; die Schnäbel waren zum Theil mit rothen goldgestickten Decken und Büscheln von weissem Yackhaar behangen. Das prächtigste
XXI. Weihnachten.
Beim Abschied dankte Graf Eulenburg für den wohlwollen- den Empfang. — Im Hof präsentirten die Truppen das Gewehr auf englische Commandoworte, und machten die Griffe mit grosser Präcision.
Nun kam der Heiligabend heran — Weihnachten bei 30° Wärme! Aber gefeiert musste er werden. Eine Tanne wie in Yeddo zu erlangen, war unmöglich, die wuchs nicht auf Hunderte von Meilen; nun wurde ein Weihnachtsbaum gebaut. Das schmale Quergebäude des Hofes bekleideten wir mit dicht belaubtem Bam- bus; davor wurde eine vierzig Fuss hohe Areca-Palme aufgepflanzt und der Stamm mit Bündeln der Musa umbunden, deren Blattwedel in mächtigen Garben herabfielen. In den grasartigen Tuffen des Bambus und unter den durchsichtig zarten Bananenwedeln hingen, magisches Licht strömend, hunderte Papierlaternen; auch die breiten Veranden, wo die Schiffsmannschaft hauste, erhellten bunte chi- nesische Lampen. Das Ganze wirkte sehr hübsch, wenn auch nicht weihnachtlich.
Um etwas aufzubauen hatten einige Begleiter des Gesandten von den wenigen europäischen Händlern in Baṅkok alle Süssig- keiten, darunter eine Menge Pfefferkuchen aufgekauft und daraus eine Pyramide gebaut, welche Blumen- und Blättergewinde zierten. Dann wurde Punsch gebraut und trotz der Hitze ausgetrunken. So verging der Abend in heiterer Erinnerung an die liebe ferne Heimath, und wurde durch ein siamesisches Feuerwerk beschlossen.
Am 26. December empfing Graf Eulenburg die Besuche des Kalahum und des Phra-klaṅ, mit welchen die letzten Verabredun- gen über die für den folgenden Tag anberaumte feierliche Audienz zu treffen waren. Abends kam der Dampfer Little Eastern, den der König auf die Rhede hinaussandte, mit den Commandeuren der Kriegsschiffe, einigen Officieren, dem Musikcorps der Arkona und vierzig Seesoldaten, so dass das Gesandtschaftshaus an jenem Abend 98 Preussen, mit dem siamesischen Gefolge 150 Personen beherbergte.
Am Morgen des 27. December lagen eine Menge Staatsboote vor dem Gesandtschaftshause, lange schmale Fahrzeuge mit hoch- geschwungenem Schnabel und vergoldetem Baldachin in der Mitte; die Schnäbel waren zum Theil mit rothen goldgestickten Decken und Büscheln von weissem Yackhaar behangen. Das prächtigste
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XXI. Weihnachten.
Beim Abschied dankte Graf Eulenburg für den wohlwollen-
den Empfang. — Im Hof präsentirten die Truppen das Gewehr
auf englische Commandoworte, und machten die Griffe mit grosser
Präcision.
Nun kam der Heiligabend heran — Weihnachten bei 30°
Wärme! Aber gefeiert musste er werden. Eine Tanne wie in
Yeddo zu erlangen, war unmöglich, die wuchs nicht auf Hunderte
von Meilen; nun wurde ein Weihnachtsbaum gebaut. Das schmale
Quergebäude des Hofes bekleideten wir mit dicht belaubtem Bam-
bus; davor wurde eine vierzig Fuss hohe Areca-Palme aufgepflanzt
und der Stamm mit Bündeln der Musa umbunden, deren Blattwedel
in mächtigen Garben herabfielen. In den grasartigen Tuffen des
Bambus und unter den durchsichtig zarten Bananenwedeln hingen,
magisches Licht strömend, hunderte Papierlaternen; auch die breiten
Veranden, wo die Schiffsmannschaft hauste, erhellten bunte chi-
nesische Lampen. Das Ganze wirkte sehr hübsch, wenn auch nicht
weihnachtlich.
Um etwas aufzubauen hatten einige Begleiter des Gesandten
von den wenigen europäischen Händlern in Baṅkok alle Süssig-
keiten, darunter eine Menge Pfefferkuchen aufgekauft und daraus
eine Pyramide gebaut, welche Blumen- und Blättergewinde zierten.
Dann wurde Punsch gebraut und trotz der Hitze ausgetrunken.
So verging der Abend in heiterer Erinnerung an die liebe ferne
Heimath, und wurde durch ein siamesisches Feuerwerk beschlossen.
Am 26. December empfing Graf Eulenburg die Besuche des
Kalahum und des Phra-klaṅ, mit welchen die letzten Verabredun-
gen über die für den folgenden Tag anberaumte feierliche Audienz
zu treffen waren. Abends kam der Dampfer Little Eastern, den
der König auf die Rhede hinaussandte, mit den Commandeuren der
Kriegsschiffe, einigen Officieren, dem Musikcorps der Arkona und
vierzig Seesoldaten, so dass das Gesandtschaftshaus an jenem Abend
98 Preussen, mit dem siamesischen Gefolge 150 Personen beherbergte.
Am Morgen des 27. December lagen eine Menge Staatsboote
vor dem Gesandtschaftshause, lange schmale Fahrzeuge mit hoch-
geschwungenem Schnabel und vergoldetem Baldachin in der Mitte;
die Schnäbel waren zum Theil mit rothen goldgestickten Decken
und Büscheln von weissem Yackhaar behangen. Das prächtigste
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/279>, abgerufen am 22.11.2024.
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