Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.Feierliche Audienz. XXI. hatte unter dem Baldachin einen reichen goldenen Schrein, inwelchen die goldene Schüssel mit dem königlichen Schreiben ge- setzt wurde; wohl achtzig Fuss lang, wurde es von vierzig Rude- rern, die je zwei neben einander sassen mit kurzen Schaufelrudern fortbewegt; die anderen hatten je zwanzig bis dreissig Ruderer. Von weitem erschien der Aufzug prächtig, die passende Staffage für die bunten Prachtgebäude an beiden Ufern; in der Nähe war es schmutziger Theaterprunk, das vergoldete Schnitzwerk verstaubt und abgestossen, die goldgestickten Vorhänge und die rothen Jacken zerfetzt und verblichen. Beim Landen am Thor der Königsstadt gab es zuerst ein wildes Durcheinander, dann ordnete sich der Zug: voran eine siamesische Procession mit Musik und Fahnen, das königliche Schreiben geleitend, das jetzt mit 21 Schüssen salu- tirt wurde; dann das Musikcorps der Arkona, 40 Mann preussische Seesoldaten, der Gesandte in hohem schwankendem Sessel auf Schultern getragen, die Commandanten und Officiere der Kriegs- schiffe und die Begleiter des Gesandten theils auf ähnlichen Trag- stühlen, auf denen sie rittlings sassen, theils auf kleinen struppigen Pferden mit zerrissenem Sattelzeug. Anfangs drängte sich der Zug durch dichte Volkshaufen; weiterhin bildeten die königlichen Garden Spalier, die weder königlich noch kriegerisch aussahen: bunte, ungleiche, keineswegs saubere Kleidung, angestrichene Blech- helme, verrostete Spiesse, Hellebarden, Säbel, kein Stück gleich dem anderen. Am Palastthor, wo wir abstiegen, standen fünf Elephanten, Feierliche Audienz. XXI. hatte unter dem Baldachin einen reichen goldenen Schrein, inwelchen die goldene Schüssel mit dem königlichen Schreiben ge- setzt wurde; wohl achtzig Fuss lang, wurde es von vierzig Rude- rern, die je zwei neben einander sassen mit kurzen Schaufelrudern fortbewegt; die anderen hatten je zwanzig bis dreissig Ruderer. Von weitem erschien der Aufzug prächtig, die passende Staffage für die bunten Prachtgebäude an beiden Ufern; in der Nähe war es schmutziger Theaterprunk, das vergoldete Schnitzwerk verstaubt und abgestossen, die goldgestickten Vorhänge und die rothen Jacken zerfetzt und verblichen. Beim Landen am Thor der Königsstadt gab es zuerst ein wildes Durcheinander, dann ordnete sich der Zug: voran eine siamesische Procession mit Musik und Fahnen, das königliche Schreiben geleitend, das jetzt mit 21 Schüssen salu- tirt wurde; dann das Musikcorps der Arkona, 40 Mann preussische Seesoldaten, der Gesandte in hohem schwankendem Sessel auf Schultern getragen, die Commandanten und Officiere der Kriegs- schiffe und die Begleiter des Gesandten theils auf ähnlichen Trag- stühlen, auf denen sie rittlings sassen, theils auf kleinen struppigen Pferden mit zerrissenem Sattelzeug. Anfangs drängte sich der Zug durch dichte Volkshaufen; weiterhin bildeten die königlichen Garden Spalier, die weder königlich noch kriegerisch aussahen: bunte, ungleiche, keineswegs saubere Kleidung, angestrichene Blech- helme, verrostete Spiesse, Hellebarden, Säbel, kein Stück gleich dem anderen. Am Palastthor, wo wir abstiegen, standen fünf Elephanten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0280" n="266"/><fw place="top" type="header">Feierliche Audienz. XXI.</fw><lb/> hatte unter dem Baldachin einen reichen goldenen Schrein, in<lb/> welchen die goldene Schüssel mit dem königlichen Schreiben ge-<lb/> setzt wurde; wohl achtzig Fuss lang, wurde es von vierzig Rude-<lb/> rern, die je zwei neben einander sassen mit kurzen Schaufelrudern<lb/> fortbewegt; die anderen hatten je zwanzig bis dreissig Ruderer.<lb/> Von weitem erschien der Aufzug prächtig, die passende Staffage<lb/> für die bunten Prachtgebäude an beiden Ufern; in der Nähe war<lb/> es schmutziger Theaterprunk, das vergoldete Schnitzwerk verstaubt<lb/> und abgestossen, die goldgestickten Vorhänge und die rothen Jacken<lb/> zerfetzt und verblichen. 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Feierliche Audienz. XXI.
hatte unter dem Baldachin einen reichen goldenen Schrein, in
welchen die goldene Schüssel mit dem königlichen Schreiben ge-
setzt wurde; wohl achtzig Fuss lang, wurde es von vierzig Rude-
rern, die je zwei neben einander sassen mit kurzen Schaufelrudern
fortbewegt; die anderen hatten je zwanzig bis dreissig Ruderer.
Von weitem erschien der Aufzug prächtig, die passende Staffage
für die bunten Prachtgebäude an beiden Ufern; in der Nähe war
es schmutziger Theaterprunk, das vergoldete Schnitzwerk verstaubt
und abgestossen, die goldgestickten Vorhänge und die rothen Jacken
zerfetzt und verblichen. Beim Landen am Thor der Königsstadt
gab es zuerst ein wildes Durcheinander, dann ordnete sich der
Zug: voran eine siamesische Procession mit Musik und Fahnen,
das königliche Schreiben geleitend, das jetzt mit 21 Schüssen salu-
tirt wurde; dann das Musikcorps der Arkona, 40 Mann preussische
Seesoldaten, der Gesandte in hohem schwankendem Sessel auf
Schultern getragen, die Commandanten und Officiere der Kriegs-
schiffe und die Begleiter des Gesandten theils auf ähnlichen Trag-
stühlen, auf denen sie rittlings sassen, theils auf kleinen struppigen
Pferden mit zerrissenem Sattelzeug. Anfangs drängte sich der
Zug durch dichte Volkshaufen; weiterhin bildeten die königlichen
Garden Spalier, die weder königlich noch kriegerisch aussahen:
bunte, ungleiche, keineswegs saubere Kleidung, angestrichene Blech-
helme, verrostete Spiesse, Hellebarden, Säbel, kein Stück gleich
dem anderen.
Am Palastthor, wo wir abstiegen, standen fünf Elephanten,
im inneren Hofe jene drei Compagnieen Leibgarde, die schon bei
der Privataudienz figurirten, auch königliche Streitrosse und eine
ganze Reihe Elephanten im Prachtgeschirr. In die Halle, wo der
Gesandte vor der Privataudienz wartete, hatte sich ein ziemlich
nacktes siamesisches Publicum gedrängt, machte jedoch Platz, als
ein Büttel aus seinem Ruthenbündel den derben Prügel zog und
tüchtig dreinschlug. Prinz Khroma-luaṅ und der Phra-klaṅ be-
grüssten den Gesandten; ausser Cigarren wurde diesmal auch Betel
servirt. Nach einiger Zeit verkündete Musik, dass der König sich
nach der Audienzhalle begebe; gleich darauf wurde gemeldet, dass
er den Gesandten erwarte. Geführt vom Phra-klaṅ traten Graf
Eulenburg und seine Begleiter in einen zweiten, dann durch ein
Spalier holländisch uniformirter Soldaten und Musikanten in den
dritten Schlosshof, wo eine breite Freitreppe zur Audienzhalle,
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