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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Feierliche Audienz. XXI.
zu werden, um Eurer Majestät eine Botschaft des Friedens und der
Freundschaft zu bringen. Euer Majestät Herrschertugenden und er-
leuchtete Ansichten über Völkerverkehr sind von Seiner Majestät dem
Könige von Preussen und von den Ihm verbündeten deutschen Fürsten
gekannt und gewürdigt; sie haben bei Seiner Majestät meinem Herrn
und den Ihm verbündeten deutschen Fürsten den lebhaften Wunsch
erweckt, mit Euer Majestät in nähere dauernde und freundschaftliche
Beziehungen zu treten. Ich bin gesandt worden, um Euer Majestät
diesen Wunsch auszudrücken, und, falls Euer Majestät denselben
theilen, einen Vertrag zu unterhandeln, welcher Zeugniss von der
zwischen Euer Majestät und den deutschen Fürsten bestehenden Freund-
schaft ablegen und zugleich geeignet sein soll, dem Verkehr zur festen
Grundlage zu dienen, welcher sich hoffentlich schnell zu gegenseitiger
Befriedigung zwischen den dem Scepter der hohen contrahirenden
Theile untergebenen Völkern entwickeln wird.

Eurer königlichen Majestät habe ich die Ehre, mein Beglaubigungs-
schreiben als Ausserordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter Mi-
nister Seiner Majestät des Königs von Preussen ehrfurchtsvoll zu
überreichen. Als Seine Majestät es unterzeichneten, waren Allerhöchst-
dieselben und das ganze Preussenvolk durch den Tod des letzten
Königs, des Bruders Seiner jetzt regierenden Majestät, in tiefe Trauer
versetzt. Ein schmerzliches Familienereigniss hat auch Euer Majestät
Herz mit Kummer erfüllt. Möge der Himmel Euer Majestät Tröstung
senden und eine lange und gesegnete Regierung verleihen."

Graf Eulenburg nahm darauf das königliche Schreiben aus
der Goldschale und überreichte es, an die Plateform tretend, dem
Könige, der vom Thron herabstieg und dem Gesandten ein Couvert
mit der siamesisch geschriebenen Antwort auf seine Rede einhän-
digte. Dann stieg Maha-monkut wieder auf seinen Thron, öffnete
das Beglaubigungsschreiben und fragte, ob Preussens Sprache mit
der englischen oder der französischen verwandt sei. Auf des Ge-
sandten Antwort, sie sei der Englischen verwandt, sagte der König,
er habe das gleich aus den Schriftzügen geschlossen. Nun musste
Graf Eulenburg erwiedern, das Schreiben sei französisch, in der
Sprache des diplomatischen Verkehrs abgefasst; er habe sich die
englische Anrede erlaubt, weil Seine Majestät diese Sprache verstehe.
-- Weiter fragte der König, ob Preussen und England nicht eng
verbunden wären, ob sie ihm wohl beistehen würden, wenn sich
zwischen Siam und anderen Mächten Schwierigkeiten erhöben.
Graf Eulenburg antwortete, der König von Preussen werde sicher-

Feierliche Audienz. XXI.
zu werden, um Eurer Majestät eine Botschaft des Friedens und der
Freundschaft zu bringen. Euer Majestät Herrschertugenden und er-
leuchtete Ansichten über Völkerverkehr sind von Seiner Majestät dem
Könige von Preussen und von den Ihm verbündeten deutschen Fürsten
gekannt und gewürdigt; sie haben bei Seiner Majestät meinem Herrn
und den Ihm verbündeten deutschen Fürsten den lebhaften Wunsch
erweckt, mit Euer Majestät in nähere dauernde und freundschaftliche
Beziehungen zu treten. Ich bin gesandt worden, um Euer Majestät
diesen Wunsch auszudrücken, und, falls Euer Majestät denselben
theilen, einen Vertrag zu unterhandeln, welcher Zeugniss von der
zwischen Euer Majestät und den deutschen Fürsten bestehenden Freund-
schaft ablegen und zugleich geeignet sein soll, dem Verkehr zur festen
Grundlage zu dienen, welcher sich hoffentlich schnell zu gegenseitiger
Befriedigung zwischen den dem Scepter der hohen contrahirenden
Theile untergebenen Völkern entwickeln wird.

Eurer königlichen Majestät habe ich die Ehre, mein Beglaubigungs-
schreiben als Ausserordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter Mi-
nister Seiner Majestät des Königs von Preussen ehrfurchtsvoll zu
überreichen. Als Seine Majestät es unterzeichneten, waren Allerhöchst-
dieselben und das ganze Preussenvolk durch den Tod des letzten
Königs, des Bruders Seiner jetzt regierenden Majestät, in tiefe Trauer
versetzt. Ein schmerzliches Familienereigniss hat auch Euer Majestät
Herz mit Kummer erfüllt. Möge der Himmel Euer Majestät Tröstung
senden und eine lange und gesegnete Regierung verleihen.«

Graf Eulenburg nahm darauf das königliche Schreiben aus
der Goldschale und überreichte es, an die Plateform tretend, dem
Könige, der vom Thron herabstieg und dem Gesandten ein Couvert
mit der siamesisch geschriebenen Antwort auf seine Rede einhän-
digte. Dann stieg Maha-moṅkut wieder auf seinen Thron, öffnete
das Beglaubigungsschreiben und fragte, ob Preussens Sprache mit
der englischen oder der französischen verwandt sei. Auf des Ge-
sandten Antwort, sie sei der Englischen verwandt, sagte der König,
er habe das gleich aus den Schriftzügen geschlossen. Nun musste
Graf Eulenburg erwiedern, das Schreiben sei französisch, in der
Sprache des diplomatischen Verkehrs abgefasst; er habe sich die
englische Anrede erlaubt, weil Seine Majestät diese Sprache verstehe.
— Weiter fragte der König, ob Preussen und England nicht eng
verbunden wären, ob sie ihm wohl beistehen würden, wenn sich
zwischen Siam und anderen Mächten Schwierigkeiten erhöben.
Graf Eulenburg antwortete, der König von Preussen werde sicher-

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[268/0282] Feierliche Audienz. XXI. zu werden, um Eurer Majestät eine Botschaft des Friedens und der Freundschaft zu bringen. Euer Majestät Herrschertugenden und er- leuchtete Ansichten über Völkerverkehr sind von Seiner Majestät dem Könige von Preussen und von den Ihm verbündeten deutschen Fürsten gekannt und gewürdigt; sie haben bei Seiner Majestät meinem Herrn und den Ihm verbündeten deutschen Fürsten den lebhaften Wunsch erweckt, mit Euer Majestät in nähere dauernde und freundschaftliche Beziehungen zu treten. Ich bin gesandt worden, um Euer Majestät diesen Wunsch auszudrücken, und, falls Euer Majestät denselben theilen, einen Vertrag zu unterhandeln, welcher Zeugniss von der zwischen Euer Majestät und den deutschen Fürsten bestehenden Freund- schaft ablegen und zugleich geeignet sein soll, dem Verkehr zur festen Grundlage zu dienen, welcher sich hoffentlich schnell zu gegenseitiger Befriedigung zwischen den dem Scepter der hohen contrahirenden Theile untergebenen Völkern entwickeln wird. Eurer königlichen Majestät habe ich die Ehre, mein Beglaubigungs- schreiben als Ausserordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter Mi- nister Seiner Majestät des Königs von Preussen ehrfurchtsvoll zu überreichen. Als Seine Majestät es unterzeichneten, waren Allerhöchst- dieselben und das ganze Preussenvolk durch den Tod des letzten Königs, des Bruders Seiner jetzt regierenden Majestät, in tiefe Trauer versetzt. Ein schmerzliches Familienereigniss hat auch Euer Majestät Herz mit Kummer erfüllt. Möge der Himmel Euer Majestät Tröstung senden und eine lange und gesegnete Regierung verleihen.« Graf Eulenburg nahm darauf das königliche Schreiben aus der Goldschale und überreichte es, an die Plateform tretend, dem Könige, der vom Thron herabstieg und dem Gesandten ein Couvert mit der siamesisch geschriebenen Antwort auf seine Rede einhän- digte. Dann stieg Maha-moṅkut wieder auf seinen Thron, öffnete das Beglaubigungsschreiben und fragte, ob Preussens Sprache mit der englischen oder der französischen verwandt sei. Auf des Ge- sandten Antwort, sie sei der Englischen verwandt, sagte der König, er habe das gleich aus den Schriftzügen geschlossen. Nun musste Graf Eulenburg erwiedern, das Schreiben sei französisch, in der Sprache des diplomatischen Verkehrs abgefasst; er habe sich die englische Anrede erlaubt, weil Seine Majestät diese Sprache verstehe. — Weiter fragte der König, ob Preussen und England nicht eng verbunden wären, ob sie ihm wohl beistehen würden, wenn sich zwischen Siam und anderen Mächten Schwierigkeiten erhöben. Graf Eulenburg antwortete, der König von Preussen werde sicher-

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/282>, abgerufen am 22.11.2024.