Zahlreich und mannichfaltig waren während des ganzen Herb- stes die Heuschrecken nebst Verwandten in den Feldern und an den Wegen. Acridien, unserer deutschen Schnarrheuschrecke ähnlich, aber mit gelben statt rothen Unterflügeln, flogen auffallend geräuschvoll vor dem Herannahenden auf, und die schlanke spitz- köpfige bläulichgrüne Truxalis sass an den Gräsern oft so, dass man sie selbst für ein noch unentwickeltes Grasblatt ansehen konnte. Auch an langhörnigen Heuschrecken fehlte es nicht, wie ich deren eine, noch Larve, auf der ersten Excursion im ersten hohlen Baume fand. Demgemäss hat das Japanische auch eine Reihe eigener Na- men für diese Thiere: inago ist die gewöhnliche Bezeichnung der Schnarrheuschrecken, Acridium; kiringisu heissen die langhörnigen, Locusta. Unter dem Namen nengi (ne gi) stellt die Encyclopädie sehr kenntlich die Truxalis dar, korongi derselben ist eine Feld- grille, doch hörte ich dieselbe Bezeichnung in Yokohama auch für Heuschrecken. Kera ist eben so unverkennbar die Maulwurfsgrille, Gryllotalpa, und kama-kiri die Fangheuschrecke, Mantis, welche ich bis Ende October häufig in der Umgegend von Yokohama, oft grüne und braune beieinander, sah; die Maulwurfsgrille kam eines Abends in unsere Wohnung geflogen, wie ich es später öfters im indischen Archipel, aber nie in Europa gesehen. In den Büchern, namentlich der Encyclopädie, finden sich noch andere Bezeichnun- gen für ächte Heuschrecken, so itodo, hata-ori, hata-ku (ich hörte den Namen einfach bata aussprechen) und one-musi.
Weniger bemerklich machten sich die Käfer; auf den ersten Excursionen fielen mir grüne gelbbraun bestäubte Blumenkäfer, Hoplia, auf; unter den später theils gefundenen, theils von einem jungen Kaufmann in Yokohama, Herrn Noack, mir gegebenen waren die ansehnlichsten ein Hirschschröter, Lucanus, dem europäischen capreolus ähnlich, oni-mushi, Teufelsinsekt, von meinem Diener genannt, ein dunkler Prachtkäfer, Buprestis Japonica, von den Di- mensionen der grösseren europäischen Arten, und mehrere Lauf- käfer, Carabus. Der grosse schwarze Damastor, auf welchen man mich vor der Abreise besonders aufmerksam gemacht hatte, ist mir in Japan nirgends zu Gesicht gekommen; Dr. Mohnicke, ein eifriger Käfersammler, der mehrere Jahre in Nangasaki zugebracht, sagte mir später auf mein Befragen, dass er ihn auch nie gesehen und dass er bezweifle, ob er in Japan lebe; dagegen gibt Fortune an, ihn wieder daselbst gefunden zu haben, wenn ich nicht irre.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 9
Heuschrecken. Käfer.
Zahlreich und mannichfaltig waren während des ganzen Herb- stes die Heuschrecken nebst Verwandten in den Feldern und an den Wegen. Acridien, unserer deutschen Schnarrheuschrecke ähnlich, aber mit gelben statt rothen Unterflügeln, flogen auffallend geräuschvoll vor dem Herannahenden auf, und die schlanke spitz- köpfige bläulichgrüne Truxalis sass an den Gräsern oft so, dass man sie selbst für ein noch unentwickeltes Grasblatt ansehen konnte. Auch an langhörnigen Heuschrecken fehlte es nicht, wie ich deren eine, noch Larve, auf der ersten Excursion im ersten hohlen Baume fand. Demgemäss hat das Japanische auch eine Reihe eigener Na- men für diese Thiere: inago ist die gewöhnliche Bezeichnung der Schnarrheuschrecken, Acridium; kiringisu heissen die langhörnigen, Locusta. Unter dem Namen nengi (ne gi) stellt die Encyclopädie sehr kenntlich die Truxalis dar, korongi derselben ist eine Feld- grille, doch hörte ich dieselbe Bezeichnung in Yokohama auch für Heuschrecken. Kera ist eben so unverkennbar die Maulwurfsgrille, Gryllotalpa, und kama-kiri die Fangheuschrecke, Mantis, welche ich bis Ende October häufig in der Umgegend von Yokohama, oft grüne und braune beieinander, sah; die Maulwurfsgrille kam eines Abends in unsere Wohnung geflogen, wie ich es später öfters im indischen Archipel, aber nie in Europa gesehen. In den Büchern, namentlich der Encyclopädie, finden sich noch andere Bezeichnun- gen für ächte Heuschrecken, so itodo, hata-ori, hata-ku (ich hörte den Namen einfach bata aussprechen) und one-musi.
Weniger bemerklich machten sich die Käfer; auf den ersten Excursionen fielen mir grüne gelbbraun bestäubte Blumenkäfer, Hoplia, auf; unter den später theils gefundenen, theils von einem jungen Kaufmann in Yokohama, Herrn Noack, mir gegebenen waren die ansehnlichsten ein Hirschschröter, Lucanus, dem europäischen capreolus ähnlich, oni-mushi, Teufelsinsekt, von meinem Diener genannt, ein dunkler Prachtkäfer, Buprestis Japonica, von den Di- mensionen der grösseren europäischen Arten, und mehrere Lauf- käfer, Carabus. Der grosse schwarze Damastor, auf welchen man mich vor der Abreise besonders aufmerksam gemacht hatte, ist mir in Japan nirgends zu Gesicht gekommen; Dr. Mohnicke, ein eifriger Käfersammler, der mehrere Jahre in Nangasaki zugebracht, sagte mir später auf mein Befragen, dass er ihn auch nie gesehen und dass er bezweifle, ob er in Japan lebe; dagegen gibt Fortune an, ihn wieder daselbst gefunden zu haben, wenn ich nicht irre.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 9
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Heuschrecken. Käfer.
Zahlreich und mannichfaltig waren während des ganzen Herb-
stes die Heuschrecken nebst Verwandten in den Feldern und
an den Wegen. Acridien, unserer deutschen Schnarrheuschrecke
ähnlich, aber mit gelben statt rothen Unterflügeln, flogen auffallend
geräuschvoll vor dem Herannahenden auf, und die schlanke spitz-
köpfige bläulichgrüne Truxalis sass an den Gräsern oft so, dass
man sie selbst für ein noch unentwickeltes Grasblatt ansehen konnte.
Auch an langhörnigen Heuschrecken fehlte es nicht, wie ich deren
eine, noch Larve, auf der ersten Excursion im ersten hohlen Baume
fand. Demgemäss hat das Japanische auch eine Reihe eigener Na-
men für diese Thiere: inago ist die gewöhnliche Bezeichnung der
Schnarrheuschrecken, Acridium; kiringisu heissen die langhörnigen,
Locusta. Unter dem Namen nengi (ne gi) stellt die Encyclopädie
sehr kenntlich die Truxalis dar, korongi derselben ist eine Feld-
grille, doch hörte ich dieselbe Bezeichnung in Yokohama auch für
Heuschrecken. Kera ist eben so unverkennbar die Maulwurfsgrille,
Gryllotalpa, und kama-kiri die Fangheuschrecke, Mantis, welche
ich bis Ende October häufig in der Umgegend von Yokohama, oft
grüne und braune beieinander, sah; die Maulwurfsgrille kam eines
Abends in unsere Wohnung geflogen, wie ich es später öfters im
indischen Archipel, aber nie in Europa gesehen. In den Büchern,
namentlich der Encyclopädie, finden sich noch andere Bezeichnun-
gen für ächte Heuschrecken, so itodo, hata-ori, hata-ku (ich
hörte den Namen einfach bata aussprechen) und one-musi.
Weniger bemerklich machten sich die Käfer; auf den ersten
Excursionen fielen mir grüne gelbbraun bestäubte Blumenkäfer,
Hoplia, auf; unter den später theils gefundenen, theils von einem
jungen Kaufmann in Yokohama, Herrn Noack, mir gegebenen waren
die ansehnlichsten ein Hirschschröter, Lucanus, dem europäischen
capreolus ähnlich, oni-mushi, Teufelsinsekt, von meinem Diener
genannt, ein dunkler Prachtkäfer, Buprestis Japonica, von den Di-
mensionen der grösseren europäischen Arten, und mehrere Lauf-
käfer, Carabus. Der grosse schwarze Damastor, auf welchen man
mich vor der Abreise besonders aufmerksam gemacht hatte, ist mir
in Japan nirgends zu Gesicht gekommen; Dr. Mohnicke, ein eifriger
Käfersammler, der mehrere Jahre in Nangasaki zugebracht, sagte
mir später auf mein Befragen, dass er ihn auch nie gesehen und
dass er bezweifle, ob er in Japan lebe; dagegen gibt Fortune an,
ihn wieder daselbst gefunden zu haben, wenn ich nicht irre.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 9
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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