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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.

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Erratische Blöcke.
arten vielmals wechseln. Nach solchen Dokumenten wird die Ver¬
muthung zur unbezweifelbaren Thatsache, daß diese Thaltiefen,
welche jetzt zum Theil mit uralten Waldungen überwachsen sind,
einst von riesenhaften Gletschern ausgefüllt wurden. Es zeigt sich
aber in der Regelmäßigkeit der Ablagerung erratischer Gesteine end¬
lich noch ein Beweismittel, welches die anderen wesentlich unter¬
stützt und ergänzt. Hierunter ist nicht nur jene, schon erwähnte,
egale Ablagerung "der Linie und gleichen Höhe nach" erfolgte zu
verstehen, wie sie sich an den Anhängen niederer gehügelter Berge
der Voralpen, des Mittellandes und des Jura-Gebirges zeigt,
sondern die regelmäßige Gruppirung der Irrblöcke nach Farbe,
Stoff und Qualität ihres Gesteines. Man wird z. B. an den
beiden Seiten eines breiten Thales, dessen Tiefe wieder droben
im Gebirge sich in mehre Seiten und Nebenthäler verästelt, nie
bunt durcheinander, herüben und drüben die gleichen grünen,
rothen, weißen, braunen, grob- und feinkörnigen, faserigen oder
blätterigen Granit-, Diorit-, Gneis-, Schiefer- oder Kalk-Brocken
finden, sondern sie werden verschieden sein. Verdeutlichen wir uns
diesen Umstand ein wenig näher. Denken wir uns den Gletscher
als einen Hauptstrom, der aus dem Zusammenfluß mehrer Gebirgs¬
flüsse entsteht, so wie jeder dieser Gebirgsflüsse wieder aus der
Einmündung von Nebenflüssen sein Wasserquantum erhält, --
denken wir uns ferner, daß nun jeder dieser Nebenflüsse von seinen
ihn eingränzenden Felsen-Ufern Gesteinsfragmente aus dem Gebirge
mit herunterbringt, so würden diese, weil das Wasser in seinem Laufe
sich vermischt, wahrscheinlich die mitgebrachten Steine auch unterein¬
ander mengen. Die Gletscher aber, als feste Eiskörper (wenn wir das
Bild eines Strom-Systemes festhalten) vermischen sich nicht, wenn
sie im breiten Gletscher-Hauptthale zusammenkommen, wie das be¬
wegliche, flüssige Wasser, sondern setzen ihren Weg nebeneinander,
wenn auch scheinbar als vereinigte große Eismasse fort, und die auf
denselben liegenden, langen Trümmergesteins-Linien (die Moränen)

Erratiſche Blöcke.
arten vielmals wechſeln. Nach ſolchen Dokumenten wird die Ver¬
muthung zur unbezweifelbaren Thatſache, daß dieſe Thaltiefen,
welche jetzt zum Theil mit uralten Waldungen überwachſen ſind,
einſt von rieſenhaften Gletſchern ausgefüllt wurden. Es zeigt ſich
aber in der Regelmäßigkeit der Ablagerung erratiſcher Geſteine end¬
lich noch ein Beweismittel, welches die anderen weſentlich unter¬
ſtützt und ergänzt. Hierunter iſt nicht nur jene, ſchon erwähnte,
egale Ablagerung „der Linie und gleichen Höhe nach“ erfolgte zu
verſtehen, wie ſie ſich an den Anhängen niederer gehügelter Berge
der Voralpen, des Mittellandes und des Jura-Gebirges zeigt,
ſondern die regelmäßige Gruppirung der Irrblöcke nach Farbe,
Stoff und Qualität ihres Geſteines. Man wird z. B. an den
beiden Seiten eines breiten Thales, deſſen Tiefe wieder droben
im Gebirge ſich in mehre Seiten und Nebenthäler veräſtelt, nie
bunt durcheinander, herüben und drüben die gleichen grünen,
rothen, weißen, braunen, grob- und feinkörnigen, faſerigen oder
blätterigen Granit-, Diorit-, Gneis-, Schiefer- oder Kalk-Brocken
finden, ſondern ſie werden verſchieden ſein. Verdeutlichen wir uns
dieſen Umſtand ein wenig näher. Denken wir uns den Gletſcher
als einen Hauptſtrom, der aus dem Zuſammenfluß mehrer Gebirgs¬
flüſſe entſteht, ſo wie jeder dieſer Gebirgsflüſſe wieder aus der
Einmündung von Nebenflüſſen ſein Waſſerquantum erhält, —
denken wir uns ferner, daß nun jeder dieſer Nebenflüſſe von ſeinen
ihn eingränzenden Felſen-Ufern Geſteinsfragmente aus dem Gebirge
mit herunterbringt, ſo würden dieſe, weil das Waſſer in ſeinem Laufe
ſich vermiſcht, wahrſcheinlich die mitgebrachten Steine auch unterein¬
ander mengen. Die Gletſcher aber, als feſte Eiskörper (wenn wir das
Bild eines Strom-Syſtemes feſthalten) vermiſchen ſich nicht, wenn
ſie im breiten Gletſcher-Hauptthale zuſammenkommen, wie das be¬
wegliche, flüſſige Waſſer, ſondern ſetzen ihren Weg nebeneinander,
wenn auch ſcheinbar als vereinigte große Eismaſſe fort, und die auf
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[31/0049] Erratiſche Blöcke. arten vielmals wechſeln. Nach ſolchen Dokumenten wird die Ver¬ muthung zur unbezweifelbaren Thatſache, daß dieſe Thaltiefen, welche jetzt zum Theil mit uralten Waldungen überwachſen ſind, einſt von rieſenhaften Gletſchern ausgefüllt wurden. Es zeigt ſich aber in der Regelmäßigkeit der Ablagerung erratiſcher Geſteine end¬ lich noch ein Beweismittel, welches die anderen weſentlich unter¬ ſtützt und ergänzt. Hierunter iſt nicht nur jene, ſchon erwähnte, egale Ablagerung „der Linie und gleichen Höhe nach“ erfolgte zu verſtehen, wie ſie ſich an den Anhängen niederer gehügelter Berge der Voralpen, des Mittellandes und des Jura-Gebirges zeigt, ſondern die regelmäßige Gruppirung der Irrblöcke nach Farbe, Stoff und Qualität ihres Geſteines. Man wird z. B. an den beiden Seiten eines breiten Thales, deſſen Tiefe wieder droben im Gebirge ſich in mehre Seiten und Nebenthäler veräſtelt, nie bunt durcheinander, herüben und drüben die gleichen grünen, rothen, weißen, braunen, grob- und feinkörnigen, faſerigen oder blätterigen Granit-, Diorit-, Gneis-, Schiefer- oder Kalk-Brocken finden, ſondern ſie werden verſchieden ſein. Verdeutlichen wir uns dieſen Umſtand ein wenig näher. Denken wir uns den Gletſcher als einen Hauptſtrom, der aus dem Zuſammenfluß mehrer Gebirgs¬ flüſſe entſteht, ſo wie jeder dieſer Gebirgsflüſſe wieder aus der Einmündung von Nebenflüſſen ſein Waſſerquantum erhält, — denken wir uns ferner, daß nun jeder dieſer Nebenflüſſe von ſeinen ihn eingränzenden Felſen-Ufern Geſteinsfragmente aus dem Gebirge mit herunterbringt, ſo würden dieſe, weil das Waſſer in ſeinem Laufe ſich vermiſcht, wahrſcheinlich die mitgebrachten Steine auch unterein¬ ander mengen. Die Gletſcher aber, als feſte Eiskörper (wenn wir das Bild eines Strom-Syſtemes feſthalten) vermiſchen ſich nicht, wenn ſie im breiten Gletſcher-Hauptthale zuſammenkommen, wie das be¬ wegliche, flüſſige Waſſer, ſondern ſetzen ihren Weg nebeneinander, wenn auch ſcheinbar als vereinigte große Eismaſſe fort, und die auf denſelben liegenden, langen Trümmergeſteins-Linien (die Moränen)

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Zitationshilfe: Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/49>, abgerufen am 21.11.2024.