Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

war noch nicht gewichen; wenigstens stellte sich dieselbe
regelmässig nach dem Lesen einiger Zeilen, höchstens
eines kurzen Abschnittes in intensivster Form ein.

Wenige Tage nach der Rückkehr am 2. August,
erkrankte Patient an Magencatarrh mit grosser Abnahme
der Kräfte, Kopfweh, Schlafsucht. Als örtliche Affectionen
zeigte sich bald: Erweiterung der linken Pupille, vorüber-
gehende Parese des Detrusor, des rechten Facialis und
der rechtsseitigen Extremitäten; Sopor, erneute paretische
Erscheinungen der rechten Gesichtshälfte und der rechten
Extremitäten und am 21. August erfolgte der Tod im
tiefen Sopor.

Bei der Section, 15 Stunden post mortem, erweist
sich das linke Corpus striatum von drei apoplec-
tischen Heerden durchsetzt.

Der grösste von ca. Wallnussdicke, im vordersten
Theil des Corpus striatum gelegen hatte das gesammte
Marklager, welches sich nach vorn bis zur Rinde der
unteren Frontalgyri erstreckte in das Bereich der Zer-
störung (durch gelbe Erweichung) hinein gezogen; die
graue Rinde fand sich aber an keiner Stelle mitafficirt,
die Grenze des Erkranktseins schnitt genau mit der hin-
teren Rindengrenze ab.

Die 2. Apoplexie schloss sich genau nach oben und
hinten an diesen Erweichungsheerd an; sie war von
kleinerer Dimension, ca. die Grösse eines Haselnusskernes
einnehmend und nach Consistenz und Farbe entschieden
einem späteren Entstehungszeitpunkte zuzuschreiben.

Der dritte Heerd war offenbar jüngeren Datums;
er nahm die Mitte des Nucleus lenticularis ein, war von
Erbsendicke und setzte sich aus zwei frischen Blutgerin-
seln zusammen. Die Centralgebilde des Nucleus waren
zerstört, die Umgebung oedematös infiltrirt.

Der Nucleus caudatus indessen und die Capsula in-
terna waren ausser einer geringen Verschiebung (durch

war noch nicht gewichen; wenigstens stellte sich dieselbe
regelmässig nach dem Lesen einiger Zeilen, höchstens
eines kurzen Abschnittes in intensivster Form ein.

Wenige Tage nach der Rückkehr am 2. August,
erkrankte Patient an Magencatarrh mit grosser Abnahme
der Kräfte, Kopfweh, Schlafsucht. Als örtliche Affectionen
zeigte sich bald: Erweiterung der linken Pupille, vorüber-
gehende Parese des Detrusor, des rechten Facialis und
der rechtsseitigen Extremitäten; Sopor, erneute paretische
Erscheinungen der rechten Gesichtshälfte und der rechten
Extremitäten und am 21. August erfolgte der Tod im
tiefen Sopor.

Bei der Section, 15 Stunden post mortem, erweist
sich das linke Corpus striatum von drei apoplec-
tischen Heerden durchsetzt.

Der grösste von ca. Wallnussdicke, im vordersten
Theil des Corpus striatum gelegen hatte das gesammte
Marklager, welches sich nach vorn bis zur Rinde der
unteren Frontalgyri erstreckte in das Bereich der Zer-
störung (durch gelbe Erweichung) hinein gezogen; die
graue Rinde fand sich aber an keiner Stelle mitafficirt,
die Grenze des Erkranktseins schnitt genau mit der hin-
teren Rindengrenze ab.

Die 2. Apoplexie schloss sich genau nach oben und
hinten an diesen Erweichungsheerd an; sie war von
kleinerer Dimension, ca. die Grösse eines Haselnusskernes
einnehmend und nach Consistenz und Farbe entschieden
einem späteren Entstehungszeitpunkte zuzuschreiben.

Der dritte Heerd war offenbar jüngeren Datums;
er nahm die Mitte des Nucleus lenticularis ein, war von
Erbsendicke und setzte sich aus zwei frischen Blutgerin-
seln zusammen. Die Centralgebilde des Nucleus waren
zerstört, die Umgebung oedematös infiltrirt.

Der Nucleus caudatus indessen und die Capsula in-
terna waren ausser einer geringen Verschiebung (durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0058" n="54"/>
war noch nicht gewichen; wenigstens stellte sich dieselbe<lb/>
regelmässig nach dem Lesen einiger Zeilen, höchstens<lb/>
eines kurzen Abschnittes in intensivster Form ein.</p><lb/>
        <p>Wenige Tage nach der Rückkehr am 2. August,<lb/>
erkrankte Patient an Magencatarrh mit grosser Abnahme<lb/>
der Kräfte, Kopfweh, Schlafsucht. Als örtliche Affectionen<lb/>
zeigte sich bald: Erweiterung der linken Pupille, vorüber-<lb/>
gehende Parese des Detrusor, des rechten Facialis und<lb/>
der rechtsseitigen Extremitäten; Sopor, erneute paretische<lb/>
Erscheinungen der rechten Gesichtshälfte und der rechten<lb/>
Extremitäten und am 21. August erfolgte der Tod im<lb/>
tiefen Sopor.</p><lb/>
        <p>Bei der Section, 15 Stunden post mortem, erweist<lb/>
sich das <hi rendition="#g">linke Corpus striatum von drei apoplec-<lb/>
tischen Heerden durchsetzt.</hi></p><lb/>
        <p>Der grösste von ca. Wallnussdicke, im vordersten<lb/>
Theil des Corpus striatum gelegen hatte das gesammte<lb/>
Marklager, welches sich nach vorn bis zur Rinde der<lb/>
unteren Frontalgyri erstreckte in das Bereich der Zer-<lb/>
störung (durch gelbe Erweichung) hinein gezogen; die<lb/>
graue Rinde fand sich aber an keiner Stelle mitafficirt,<lb/>
die Grenze des Erkranktseins schnitt genau mit der hin-<lb/>
teren Rindengrenze ab.</p><lb/>
        <p>Die 2. Apoplexie schloss sich genau nach oben und<lb/>
hinten an diesen Erweichungsheerd an; sie war von<lb/>
kleinerer Dimension, ca. die Grösse eines Haselnusskernes<lb/>
einnehmend und nach Consistenz und Farbe entschieden<lb/>
einem späteren Entstehungszeitpunkte zuzuschreiben.</p><lb/>
        <p>Der dritte Heerd war offenbar jüngeren Datums;<lb/>
er nahm die Mitte des Nucleus lenticularis ein, war von<lb/>
Erbsendicke und setzte sich aus zwei frischen Blutgerin-<lb/>
seln zusammen. Die Centralgebilde des Nucleus waren<lb/>
zerstört, die Umgebung oedematös infiltrirt.</p><lb/>
        <p>Der Nucleus caudatus indessen und die Capsula in-<lb/>
terna waren ausser einer geringen Verschiebung (durch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0058] war noch nicht gewichen; wenigstens stellte sich dieselbe regelmässig nach dem Lesen einiger Zeilen, höchstens eines kurzen Abschnittes in intensivster Form ein. Wenige Tage nach der Rückkehr am 2. August, erkrankte Patient an Magencatarrh mit grosser Abnahme der Kräfte, Kopfweh, Schlafsucht. Als örtliche Affectionen zeigte sich bald: Erweiterung der linken Pupille, vorüber- gehende Parese des Detrusor, des rechten Facialis und der rechtsseitigen Extremitäten; Sopor, erneute paretische Erscheinungen der rechten Gesichtshälfte und der rechten Extremitäten und am 21. August erfolgte der Tod im tiefen Sopor. Bei der Section, 15 Stunden post mortem, erweist sich das linke Corpus striatum von drei apoplec- tischen Heerden durchsetzt. Der grösste von ca. Wallnussdicke, im vordersten Theil des Corpus striatum gelegen hatte das gesammte Marklager, welches sich nach vorn bis zur Rinde der unteren Frontalgyri erstreckte in das Bereich der Zer- störung (durch gelbe Erweichung) hinein gezogen; die graue Rinde fand sich aber an keiner Stelle mitafficirt, die Grenze des Erkranktseins schnitt genau mit der hin- teren Rindengrenze ab. Die 2. Apoplexie schloss sich genau nach oben und hinten an diesen Erweichungsheerd an; sie war von kleinerer Dimension, ca. die Grösse eines Haselnusskernes einnehmend und nach Consistenz und Farbe entschieden einem späteren Entstehungszeitpunkte zuzuschreiben. Der dritte Heerd war offenbar jüngeren Datums; er nahm die Mitte des Nucleus lenticularis ein, war von Erbsendicke und setzte sich aus zwei frischen Blutgerin- seln zusammen. Die Centralgebilde des Nucleus waren zerstört, die Umgebung oedematös infiltrirt. Der Nucleus caudatus indessen und die Capsula in- terna waren ausser einer geringen Verschiebung (durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berlin_wortblindheit_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berlin_wortblindheit_1887/58
Zitationshilfe: Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlin_wortblindheit_1887/58>, abgerufen am 28.04.2024.