auch so gar des Göttlichen Trostes zur Stunde der Anfechtung dringen; daß ich aber hätte sollen auf die ewige Seligkeit renunciren, und bereitwillig werden können, ewig verdammt zu seyn, wenn es GOTT haben wolte, das war eine zu hoch getriebene Lehre, die ich weder da- mahls, noch nach der Zeit iemahls meiner See- len beybringen mögen. Jch merckte aber doch so viel, daß, wenn es möglich gewesen wäre, daß ich zu dem bereitwillig hätte seyn kön- nen, wozu Ruysbroch und andere Mystici höchst bereitwillig sollen gewesen seyn, wo sie vielleicht nicht etwan ihr eigen Hertze betrogen, meines Erachtens bey mir bald alle Furcht, Angst, und Bangigkeit würde verschwunden seyn, als wel- che die Höllen-Pein zum Objecto und zum Vorwurff hatte. Die Andacht in den Feyer- tagen und in den GOttes-Häusern würde noch gut genug gewesen seyn, wenn nur nicht ge- wisse vermaledeyete Gedancken, die vom Geiste GOttes mir einfielen, und die unfehlbar vom unsaubern Geiste herrührten, dieselbe geschwä- chet hätten. Nach den Feyertagen, weil ich kein Collegium bis Trinitatis wieder anfieng, und in der Angst herum lieff, wuste ich kaum, wo ich vor Jammer und Seelen-Noth bleiben solte. Wenn die Angst, und das Hertz-Drü- cken am grösten, so fiel mir zuweilen wider mei-
nen
einigen Troſt,
auch ſo gar des Goͤttlichen Troſtes zur Stunde der Anfechtung dringen; daß ich aber haͤtte ſollen auf die ewige Seligkeit renunciren, und bereitwillig werden koͤnnen, ewig verdammt zu ſeyn, wenn es GOTT haben wolte, das war eine zu hoch getriebene Lehre, die ich weder da- mahls, noch nach der Zeit iemahls meiner See- len beybringen moͤgen. Jch merckte aber doch ſo viel, daß, wenn es moͤglich geweſen waͤre, daß ich zu dem bereitwillig haͤtte ſeyn koͤn- nen, wozu Ruysbroch und andere Myſtici hoͤchſt bereitwillig ſollen geweſen ſeyn, wo ſie vielleicht nicht etwan ihr eigen Hertze betrogen, meines Erachtens bey mir bald alle Furcht, Angſt, und Bangigkeit wuͤrde verſchwunden ſeyn, als wel- che die Hoͤllen-Pein zum Objecto und zum Vorwurff hatte. Die Andacht in den Feyer- tagen und in den GOttes-Haͤuſern wuͤrde noch gut genug geweſen ſeyn, wenn nur nicht ge- wiſſe vermaledeyete Gedancken, die vom Geiſte GOttes mir einfielen, und die unfehlbar vom unſaubern Geiſte herruͤhrten, dieſelbe geſchwaͤ- chet haͤtten. Nach den Feyertagen, weil ich kein Collegium bis Trinitatis wieder anfieng, und in der Angſt herum lieff, wuſte ich kaum, wo ich vor Jammer und Seelen-Noth bleiben ſolte. Wenn die Angſt, und das Hertz-Druͤ- cken am groͤſten, ſo fiel mir zuweilen wider mei-
nen
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einigen Troſt,
auch ſo gar des Goͤttlichen Troſtes zur Stunde
der Anfechtung dringen; daß ich aber haͤtte
ſollen auf die ewige Seligkeit renunciren, und
bereitwillig werden koͤnnen, ewig verdammt zu
ſeyn, wenn es GOTT haben wolte, das war
eine zu hoch getriebene Lehre, die ich weder da-
mahls, noch nach der Zeit iemahls meiner See-
len beybringen moͤgen. Jch merckte aber
doch ſo viel, daß, wenn es moͤglich geweſen
waͤre, daß ich zu dem bereitwillig haͤtte ſeyn koͤn-
nen, wozu Ruysbroch und andere Myſtici hoͤchſt
bereitwillig ſollen geweſen ſeyn, wo ſie vielleicht
nicht etwan ihr eigen Hertze betrogen, meines
Erachtens bey mir bald alle Furcht, Angſt, und
Bangigkeit wuͤrde verſchwunden ſeyn, als wel-
che die Hoͤllen-Pein zum Objecto und zum
Vorwurff hatte. Die Andacht in den Feyer-
tagen und in den GOttes-Haͤuſern wuͤrde noch
gut genug geweſen ſeyn, wenn nur nicht ge-
wiſſe vermaledeyete Gedancken, die vom Geiſte
GOttes mir einfielen, und die unfehlbar vom
unſaubern Geiſte herruͤhrten, dieſelbe geſchwaͤ-
chet haͤtten. Nach den Feyertagen, weil ich
kein Collegium bis Trinitatis wieder anfieng,
und in der Angſt herum lieff, wuſte ich kaum,
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/290>, abgerufen am 21.11.2024.
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