Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

und überwindet eine kleine Furcht
mir eines und das andere von Staats- und Kriegs-
Sachen: fragte mich auch vielfältige Dinge,
so in die Geographie und Historie lauffen, welche
ich ihm beantwortete. Jch muste ihm auch
Verse, oder eine Arie machen, die er künfftigen
Sonntag in seiner Kirche durch seine Kirch-Mu-
sicant
en, deren er etliche hielt, wolte musiciren
lassen. Noch mehr content schien er mit
mir zu seyn, als er hörte, daß ich auch der Fran-
tzösischen Sprache ziemlich mächtig, und darin-
nen so gar Lection zuweilen gegeben hätte, in-
dem er der jungen Herrschafft dieser Sprache
wegen eine Frantzösin auf diesem Schlosse zu
Crossen bisher gehalten hatte.

Doch auf das zu kommen, warum ich die-
ses erzehle, so traff ich in der Rück-Reise von
Zeitz aus, einen bekannten Studiosum an, mit
dem ich eines wurde zu Fusse mit nach Leipzig zu
gehen, und das Geld vor die Fuhre zu erspah-
ren. Wir giengen um 4. Uhr Nachmittag
aus Zeitz, und herbergten in Pegau. Ehe
ich auf der Streue, die wir in der Stube vor
uns hatten machen lassen, einschlieff, überfiel
mich abermahl eine närrische Furcht wegen des
Messers, so ich noch in Bein-Kleidern bey mir,
und vergessen hatte weg, und etwan auf den
Tisch zu legen, wie ich sonst bey dergleichen Fällen
bisher zu thun gewohnt gewesen war. Es er-

hub

und uͤberwindet eine kleine Furcht
mir eines und das andere von Staats- und Kriegs-
Sachen: fragte mich auch vielfaͤltige Dinge,
ſo in die Geographie und Hiſtorie lauffen, welche
ich ihm beantwortete. Jch muſte ihm auch
Verſe, oder eine Arie machen, die er kuͤnfftigen
Sonntag in ſeiner Kirche durch ſeine Kirch-Mu-
ſicant
en, deren er etliche hielt, wolte muſiciren
laſſen. Noch mehr content ſchien er mit
mir zu ſeyn, als er hoͤrte, daß ich auch der Fran-
tzoͤſiſchen Sprache ziemlich maͤchtig, und darin-
nen ſo gar Lection zuweilen gegeben haͤtte, in-
dem er der jungen Herrſchafft dieſer Sprache
wegen eine Frantzoͤſin auf dieſem Schloſſe zu
Croſſen bisher gehalten hatte.

Doch auf das zu kommen, warum ich die-
ſes erzehle, ſo traff ich in der Ruͤck-Reiſe von
Zeitz aus, einen bekannten Studioſum an, mit
dem ich eines wurde zu Fuſſe mit nach Leipzig zu
gehen, und das Geld vor die Fuhre zu erſpah-
ren. Wir giengen um 4. Uhr Nachmittag
aus Zeitz, und herbergten in Pegau. Ehe
ich auf der Streue, die wir in der Stube vor
uns hatten machen laſſen, einſchlieff, uͤberfiel
mich abermahl eine naͤrriſche Furcht wegen des
Meſſers, ſo ich noch in Bein-Kleidern bey mir,
und vergeſſen hatte weg, und etwan auf den
Tiſch zu legen, wie ich ſonſt bey dergleichen Faͤllen
bisher zu thun gewohnt geweſen war. Es er-

hub
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0299" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und u&#x0364;berwindet eine kleine Furcht</hi></fw><lb/>
mir eines und das andere von Staats- und Kriegs-<lb/>
Sachen: fragte mich auch vielfa&#x0364;ltige Dinge,<lb/>
&#x017F;o in die <hi rendition="#aq">Geographie</hi> und Hi&#x017F;torie lauffen, welche<lb/>
ich ihm beantwortete. Jch mu&#x017F;te ihm auch<lb/>
Ver&#x017F;e, oder eine <hi rendition="#aq">Arie</hi> machen, die er ku&#x0364;nfftigen<lb/>
Sonntag in &#x017F;einer Kirche durch &#x017F;eine Kirch-<hi rendition="#aq">Mu-<lb/>
&#x017F;icant</hi>en, deren er etliche hielt, wolte <hi rendition="#aq">mu&#x017F;ici</hi>ren<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Noch mehr <hi rendition="#aq">content</hi> &#x017F;chien er mit<lb/>
mir zu &#x017F;eyn, als er ho&#x0364;rte, daß ich auch der Fran-<lb/>
tzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Sprache ziemlich ma&#x0364;chtig, und darin-<lb/>
nen &#x017F;o gar <hi rendition="#aq">Lection</hi> zuweilen gegeben ha&#x0364;tte, in-<lb/>
dem er der jungen Herr&#x017F;chafft die&#x017F;er Sprache<lb/>
wegen eine Frantzo&#x0364;&#x017F;in auf die&#x017F;em Schlo&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
Cro&#x017F;&#x017F;en bisher gehalten hatte.</p><lb/>
        <p>Doch auf das zu kommen, warum ich die-<lb/>
&#x017F;es erzehle, &#x017F;o traff ich in der Ru&#x0364;ck-Rei&#x017F;e von<lb/>
Zeitz aus, einen bekannten <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;um</hi> an, mit<lb/>
dem ich eines wurde zu Fu&#x017F;&#x017F;e mit nach Leipzig zu<lb/>
gehen, und das Geld vor die Fuhre zu er&#x017F;pah-<lb/>
ren. Wir giengen um 4. Uhr Nachmittag<lb/>
aus Zeitz, und herbergten in Pegau. Ehe<lb/>
ich auf der Streue, die wir in der Stube vor<lb/>
uns hatten machen la&#x017F;&#x017F;en, ein&#x017F;chlieff, u&#x0364;berfiel<lb/>
mich abermahl eine na&#x0364;rri&#x017F;che Furcht wegen des<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;ers, &#x017F;o ich noch in Bein-Kleidern bey mir,<lb/>
und verge&#x017F;&#x017F;en hatte weg, und etwan auf den<lb/>
Ti&#x017F;ch zu legen, wie ich &#x017F;on&#x017F;t bey dergleichen Fa&#x0364;llen<lb/>
bisher zu thun gewohnt gewe&#x017F;en war. Es er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hub</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0299] und uͤberwindet eine kleine Furcht mir eines und das andere von Staats- und Kriegs- Sachen: fragte mich auch vielfaͤltige Dinge, ſo in die Geographie und Hiſtorie lauffen, welche ich ihm beantwortete. Jch muſte ihm auch Verſe, oder eine Arie machen, die er kuͤnfftigen Sonntag in ſeiner Kirche durch ſeine Kirch-Mu- ſicanten, deren er etliche hielt, wolte muſiciren laſſen. Noch mehr content ſchien er mit mir zu ſeyn, als er hoͤrte, daß ich auch der Fran- tzoͤſiſchen Sprache ziemlich maͤchtig, und darin- nen ſo gar Lection zuweilen gegeben haͤtte, in- dem er der jungen Herrſchafft dieſer Sprache wegen eine Frantzoͤſin auf dieſem Schloſſe zu Croſſen bisher gehalten hatte. Doch auf das zu kommen, warum ich die- ſes erzehle, ſo traff ich in der Ruͤck-Reiſe von Zeitz aus, einen bekannten Studioſum an, mit dem ich eines wurde zu Fuſſe mit nach Leipzig zu gehen, und das Geld vor die Fuhre zu erſpah- ren. Wir giengen um 4. Uhr Nachmittag aus Zeitz, und herbergten in Pegau. Ehe ich auf der Streue, die wir in der Stube vor uns hatten machen laſſen, einſchlieff, uͤberfiel mich abermahl eine naͤrriſche Furcht wegen des Meſſers, ſo ich noch in Bein-Kleidern bey mir, und vergeſſen hatte weg, und etwan auf den Tiſch zu legen, wie ich ſonſt bey dergleichen Faͤllen bisher zu thun gewohnt geweſen war. Es er- hub

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/299
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/299>, abgerufen am 21.11.2024.