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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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will aber von dieser
sunden, und auch wol bey solchen Leuten, wo
die vielen Saltze im Geblüte so gar zu einer
Kranckheit werden, ebenfalls offters ohne vor-
hergegangene Gedancken, Urtheile, Schlüsse,
und Neigungen zu entstehen pflegen, und die
Seele, wenn sie nicht auf der Huth ist, zu
dergleichen Gedancken, Urtheilen, Schlüssen,
und Begierden verleiten, die solche Bewegun-
gen im Leibe sonst erregen; allein weil ich
nicht die Freyheit in dieser Sache zu schreiben
habe, welche man den Naturkündigern, und
Aertzten giebt; oder weil es vor einen alten
Junggesellen sich nicht wohl schicken will, von
dergleichen Dingen zu reden; so muß ich sol-
ches billig weglaßen, um zarte Gemüther nicht
zu ärgern. Verständige Leser werden leicht
dieses wenige, was ich ietzt gesagt, mit dem
vorhergehenden vergleichen, und die Applica-
tion
drauf machen können.

§. 70.

Es ist aber Zeit, von diesem Ausschweiffe
wieder um, und zu meinem Vorhaben zu keh-
ren. Damit man desto besser sehen und be-
greiffen möchte, wie das erkannte Ubel durch
den Willen in den menschlichen Leib würcke,
und wie der Leib mache, daß man gar leicht
wieder an dasselbe gedencken könne; so habe ich

auch

will aber von dieſer
ſunden, und auch wol bey ſolchen Leuten, wo
die vielen Saltze im Gebluͤte ſo gar zu einer
Kranckheit werden, ebenfalls offters ohne vor-
hergegangene Gedancken, Urtheile, Schluͤſſe,
und Neigungen zu entſtehen pflegen, und die
Seele, wenn ſie nicht auf der Huth iſt, zu
dergleichen Gedancken, Urtheilen, Schluͤſſen,
und Begierden verleiten, die ſolche Bewegun-
gen im Leibe ſonſt erregen; allein weil ich
nicht die Freyheit in dieſer Sache zu ſchreiben
habe, welche man den Naturkuͤndigern, und
Aertzten giebt; oder weil es vor einen alten
Junggeſellen ſich nicht wohl ſchicken will, von
dergleichen Dingen zu reden; ſo muß ich ſol-
ches billig weglaßen, um zarte Gemuͤther nicht
zu aͤrgern. Verſtaͤndige Leſer werden leicht
dieſes wenige, was ich ietzt geſagt, mit dem
vorhergehenden vergleichen, und die Applica-
tion
drauf machen koͤnnen.

§. 70.

Es iſt aber Zeit, von dieſem Ausſchweiffe
wieder um, und zu meinem Vorhaben zu keh-
ren. Damit man deſto beſſer ſehen und be-
greiffen moͤchte, wie das erkannte Ubel durch
den Willen in den menſchlichen Leib wuͤrcke,
und wie der Leib mache, daß man gar leicht
wieder an daſſelbe gedencken koͤnne; ſo habe ich

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[306/0352] will aber von dieſer ſunden, und auch wol bey ſolchen Leuten, wo die vielen Saltze im Gebluͤte ſo gar zu einer Kranckheit werden, ebenfalls offters ohne vor- hergegangene Gedancken, Urtheile, Schluͤſſe, und Neigungen zu entſtehen pflegen, und die Seele, wenn ſie nicht auf der Huth iſt, zu dergleichen Gedancken, Urtheilen, Schluͤſſen, und Begierden verleiten, die ſolche Bewegun- gen im Leibe ſonſt erregen; allein weil ich nicht die Freyheit in dieſer Sache zu ſchreiben habe, welche man den Naturkuͤndigern, und Aertzten giebt; oder weil es vor einen alten Junggeſellen ſich nicht wohl ſchicken will, von dergleichen Dingen zu reden; ſo muß ich ſol- ches billig weglaßen, um zarte Gemuͤther nicht zu aͤrgern. Verſtaͤndige Leſer werden leicht dieſes wenige, was ich ietzt geſagt, mit dem vorhergehenden vergleichen, und die Applica- tion drauf machen koͤnnen. §. 70. Es iſt aber Zeit, von dieſem Ausſchweiffe wieder um, und zu meinem Vorhaben zu keh- ren. Damit man deſto beſſer ſehen und be- greiffen moͤchte, wie das erkannte Ubel durch den Willen in den menſchlichen Leib wuͤrcke, und wie der Leib mache, daß man gar leicht wieder an daſſelbe gedencken koͤnne; ſo habe ich auch

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/352>, abgerufen am 21.11.2024.