Die Furcht und Schrecken der Jnwohner ward noch größer, alß unser König ein Regi- ment Soldaten in die Stadt legte, und solche die Brust-Wehre auf den Wällen, und die Contrescarpe repariren musten, gleich als ob es zu einer Belagerung kommen dürffte; wie- wol hiervon einer dieses, ein anderer jenes ur- theilte. Nun gieng die Noth, und das Lauf- fen, und das Flüchten erst recht an. M. Weise vergaß in der Bet-Stunde einst das Vater Unser; glaube aber nicht, daß es aus Angst und Furcht geschehen; indem der Mann in seinem Leben iederzeit von großem Hertzen, und Vertrauen gewesen. Jch aber, weil ich auf dem rothen Collegio auf das Wall hinaus wohnte, hätte bald allen Muth und Hertzhaff- tigkeit verlohren. Denn da ich die Soldaten über der Brust-Wehre so beschäfftiget sahe, so konte ich im Collegio hebraico lectorio vor Zit- tern kaum mehr die Hebräische Bibel halten: recht so, wie ein gewisser anderer Mann, von dem man sich mehr Courage, als von mir ein- bilden solte, vor einigen Jahren in seinem Col- legio das Manuscript kaum mehr in Händen vor Zittern halten kunte, alß ihm das Predi- gen bey seinem Amte auf eine Zeit lang unter- saget wurde, und zu lesen aufhören muste. Ohngefehr den letzten Sonntag zuvor, ehe die
Schwe-
Jnwohnern große Furcht,
Die Furcht und Schrecken der Jnwohner ward noch groͤßer, alß unſer Koͤnig ein Regi- ment Soldaten in die Stadt legte, und ſolche die Bruſt-Wehre auf den Waͤllen, und die Contreſcarpe repariren muſten, gleich als ob es zu einer Belagerung kommen duͤrffte; wie- wol hiervon einer dieſes, ein anderer jenes ur- theilte. Nun gieng die Noth, und das Lauf- fen, und das Fluͤchten erſt recht an. M. Weiſe vergaß in der Bet-Stunde einſt das Vater Unſer; glaube aber nicht, daß es aus Angſt und Furcht geſchehen; indem der Mann in ſeinem Leben iederzeit von großem Hertzen, und Vertrauen geweſen. Jch aber, weil ich auf dem rothen Collegio auf das Wall hinaus wohnte, haͤtte bald allen Muth und Hertzhaff- tigkeit verlohren. Denn da ich die Soldaten uͤber der Bruſt-Wehre ſo beſchaͤfftiget ſahe, ſo konte ich im Collegio hebraico lectorio vor Zit- tern kaum mehr die Hebraͤiſche Bibel halten: recht ſo, wie ein gewiſſer anderer Mann, von dem man ſich mehr Courage, als von mir ein- bilden ſolte, vor einigen Jahren in ſeinem Col- legio das Manuſcript kaum mehr in Haͤnden vor Zittern halten kunte, alß ihm das Predi- gen bey ſeinem Amte auf eine Zeit lang unter- ſaget wurde, und zu leſen aufhoͤren muſte. Ohngefehr den letzten Sonntag zuvor, ehe die
Schwe-
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Jnwohnern große Furcht,
Die Furcht und Schrecken der Jnwohner
ward noch groͤßer, alß unſer Koͤnig ein Regi-
ment Soldaten in die Stadt legte, und ſolche
die Bruſt-Wehre auf den Waͤllen, und die
Contreſcarpe repariren muſten, gleich als ob
es zu einer Belagerung kommen duͤrffte; wie-
wol hiervon einer dieſes, ein anderer jenes ur-
theilte. Nun gieng die Noth, und das Lauf-
fen, und das Fluͤchten erſt recht an. M. Weiſe
vergaß in der Bet-Stunde einſt das Vater
Unſer; glaube aber nicht, daß es aus Angſt
und Furcht geſchehen; indem der Mann in
ſeinem Leben iederzeit von großem Hertzen, und
Vertrauen geweſen. Jch aber, weil ich auf
dem rothen Collegio auf das Wall hinaus
wohnte, haͤtte bald allen Muth und Hertzhaff-
tigkeit verlohren. Denn da ich die Soldaten
uͤber der Bruſt-Wehre ſo beſchaͤfftiget ſahe, ſo
konte ich im Collegio hebraico lectorio vor Zit-
tern kaum mehr die Hebraͤiſche Bibel halten:
recht ſo, wie ein gewiſſer anderer Mann, von
dem man ſich mehr Courage, als von mir ein-
bilden ſolte, vor einigen Jahren in ſeinem Col-
legio das Manuſcript kaum mehr in Haͤnden
vor Zittern halten kunte, alß ihm das Predi-
gen bey ſeinem Amte auf eine Zeit lang unter-
ſaget wurde, und zu leſen aufhoͤren muſte.
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/448>, abgerufen am 21.11.2024.
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