Weil meine Beförderung bisher immer so nahe gewesen, so resolvirte ich schon in der Ju- bilate-Messe, ehe noch die Stelle im Lazareth vacant worden, die zwey Universitäten, Jena und Wittenberg zu sehen, weil ich hernach im Ministerio dazu nicht so gute Zeit und Gelegen- heit würde gehabt haben. Nach Jena reisete ich samt 6. andern meiner Auditorum noch in der ersten Meß-Woche. Unsere Landes-Leute, so in Jena studirten, und die, so vor kurtzer Zeit von hier nach Jena gezogen, und bey mir zum theil Collegia gehalten, in specie auch des Herrn Inspector Neumanns Sohn, der vom Anfange daselbst gewesen, empfiengen uns mit großer Höflichkeit, und thaten uns viel Ehre an. Sie tractirten uns den einen Tag in Wei- mar, wohin wir beynahe 30. in der Zahl, theils zu Pferde, theils zu Fuße gegangen waren. Jm Heimwege passirte was curieuses zwischen mir, und Mons. Neumannen. Jn Kötschau vesperten wir, hielten uns aber so lange auf, bis die Sonne untergieng. Jch wolte nicht die finstere Nacht erwarten; denn der Fußsteig neben dem Fluße hin war sehr fürchterlich, weil man in eine abscheuliche Tieffe hinunter siehet.
Herr
Reiſet darauf nach Jena,
Anno 1708. §. 97.
Weil meine Befoͤrderung bisher immer ſo nahe geweſen, ſo reſolvirte ich ſchon in der Ju- bilate-Meſſe, ehe noch die Stelle im Lazareth vacant worden, die zwey Univerſitaͤten, Jena und Wittenberg zu ſehen, weil ich hernach im Miniſterio dazu nicht ſo gute Zeit und Gelegen- heit wuͤrde gehabt haben. Nach Jena reiſete ich ſamt 6. andern meiner Auditorum noch in der erſten Meß-Woche. Unſere Landes-Leute, ſo in Jena ſtudirten, und die, ſo vor kurtzer Zeit von hier nach Jena gezogen, und bey mir zum theil Collegia gehalten, in ſpecie auch des Herrn Inſpector Neumanns Sohn, der vom Anfange daſelbſt geweſen, empfiengen uns mit großer Hoͤflichkeit, und thaten uns viel Ehre an. Sie tractirten uns den einen Tag in Wei- mar, wohin wir beynahe 30. in der Zahl, theils zu Pferde, theils zu Fuße gegangen waren. Jm Heimwege paſſirte was curieuſes zwiſchen mir, und Monſ. Neumannen. Jn Koͤtſchau veſperten wir, hielten uns aber ſo lange auf, bis die Sonne untergieng. Jch wolte nicht die finſtere Nacht erwarten; denn der Fußſteig neben dem Fluße hin war ſehr fuͤrchterlich, weil man in eine abſcheuliche Tieffe hinunter ſiehet.
Herr
<TEI><text><body><pbfacs="#f0492"n="446"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Reiſet darauf nach Jena,</hi></fw><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g"><hirendition="#aq">Anno</hi> 1708.</hi><lb/>
§. 97.</hi></head><lb/><p>Weil meine Befoͤrderung bisher immer ſo<lb/>
nahe geweſen, ſo <hirendition="#aq">reſolvi</hi>rte ich ſchon in der <hirendition="#aq">Ju-<lb/>
bilate-</hi>Meſſe, ehe noch die Stelle im Lazareth<lb/><hirendition="#aq">vacant</hi> worden, die zwey <hirendition="#aq">Univerſit</hi>aͤten, Jena<lb/>
und Wittenberg zu ſehen, weil ich hernach im<lb/><hirendition="#aq">Miniſterio</hi> dazu nicht ſo gute Zeit und Gelegen-<lb/>
heit wuͤrde gehabt haben. Nach Jena reiſete<lb/>
ich ſamt 6. andern meiner <hirendition="#aq">Auditorum</hi> noch in<lb/>
der erſten Meß-Woche. Unſere Landes-Leute,<lb/>ſo in Jena <hirendition="#aq">ſtudi</hi>rten, und die, ſo vor kurtzer Zeit<lb/>
von hier nach Jena gezogen, und bey mir zum<lb/>
theil <hirendition="#aq">Collegia</hi> gehalten, <hirendition="#aq">in ſpecie</hi> auch des<lb/>
Herrn <hirendition="#aq">Inſpector</hi> Neumanns Sohn, der vom<lb/>
Anfange daſelbſt geweſen, empfiengen uns mit<lb/>
großer Hoͤflichkeit, und thaten uns viel Ehre<lb/>
an. Sie <hirendition="#aq">tracti</hi>rten uns den einen Tag in Wei-<lb/>
mar, wohin wir beynahe 30. in der Zahl, theils<lb/>
zu Pferde, theils zu Fuße gegangen waren.<lb/>
Jm Heimwege <hirendition="#aq">paſſi</hi>rte was <hirendition="#aq">curieuſ</hi>es zwiſchen<lb/>
mir, und <hirendition="#aq">Monſ.</hi> Neumannen. Jn Koͤtſchau<lb/><hirendition="#aq">veſpert</hi>en wir, hielten uns aber ſo lange auf,<lb/>
bis die Sonne untergieng. Jch wolte nicht<lb/>
die finſtere Nacht erwarten; denn der Fußſteig<lb/>
neben dem Fluße hin war ſehr fuͤrchterlich, weil<lb/>
man in eine abſcheuliche Tieffe hinunter ſiehet.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Herr</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[446/0492]
Reiſet darauf nach Jena,
Anno 1708.
§. 97.
Weil meine Befoͤrderung bisher immer ſo
nahe geweſen, ſo reſolvirte ich ſchon in der Ju-
bilate-Meſſe, ehe noch die Stelle im Lazareth
vacant worden, die zwey Univerſitaͤten, Jena
und Wittenberg zu ſehen, weil ich hernach im
Miniſterio dazu nicht ſo gute Zeit und Gelegen-
heit wuͤrde gehabt haben. Nach Jena reiſete
ich ſamt 6. andern meiner Auditorum noch in
der erſten Meß-Woche. Unſere Landes-Leute,
ſo in Jena ſtudirten, und die, ſo vor kurtzer Zeit
von hier nach Jena gezogen, und bey mir zum
theil Collegia gehalten, in ſpecie auch des
Herrn Inſpector Neumanns Sohn, der vom
Anfange daſelbſt geweſen, empfiengen uns mit
großer Hoͤflichkeit, und thaten uns viel Ehre
an. Sie tractirten uns den einen Tag in Wei-
mar, wohin wir beynahe 30. in der Zahl, theils
zu Pferde, theils zu Fuße gegangen waren.
Jm Heimwege paſſirte was curieuſes zwiſchen
mir, und Monſ. Neumannen. Jn Koͤtſchau
veſperten wir, hielten uns aber ſo lange auf,
bis die Sonne untergieng. Jch wolte nicht
die finſtere Nacht erwarten; denn der Fußſteig
neben dem Fluße hin war ſehr fuͤrchterlich, weil
man in eine abſcheuliche Tieffe hinunter ſiehet.
Herr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/492>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.