ger enthalten, noch gegen mich länger harte stel- len können. Vertrauen und Hoffnung wuchs zugleich im Gebet, und die Furcht wich großen Theils aus dem Hertzen. Jch stund aber doch zu bald vom Beten auf, und hätte noch länger sollen anhalten, und inbrünstiger werden. Nach der Zeit, weil ich doch noch zwey Jahr mit dergleichen, und andern großen Leibes- und Ge- müths-Plagen zu ringen hatte, ob dieselben gleich nicht mehr so hefftig waren, habe ich viel- fältigmahl bey mir selbst gesprochen: Wenn du doch in diesem grünen Donnerstage län- ger im Gebet hättest angehalten, du wür- dest den Teufel, deine Furcht, und alle deine, sowol damalige, als gegenwärtige Ubel aus deiner Seele hinweggebetet haben.
Weil nun das nicht geschehen war, so brach der ängstliche Abend vor dem Char-Frey- tage an. Weil die Angst mit großer Hitze im Haupte verknüpffet war, wie ich ausdrücklich spührte, so geschahe es, daß, vielleicht nicht ohne Schickung GOttes, mir vor dem dicken braunen Bier eckelte, und hingegen eine Nei- gung Lebigüner zu trincken bekam, in Hoff- nung, wenn ich das hitzige Geblüte ein wenig würde ausgekühlet haben, so würde der Schlaf befördert werden, der nun bey 14. Tagen aussen
geblie-
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aus Gnaden behuͤtet,
ger enthalten, noch gegen mich laͤnger harte ſtel- len koͤnnen. Vertrauen und Hoffnung wuchs zugleich im Gebet, und die Furcht wich großen Theils aus dem Hertzen. Jch ſtund aber doch zu bald vom Beten auf, und haͤtte noch laͤnger ſollen anhalten, und inbruͤnſtiger werden. Nach der Zeit, weil ich doch noch zwey Jahr mit dergleichen, und andern großen Leibes- und Ge- muͤths-Plagen zu ringen hatte, ob dieſelben gleich nicht mehr ſo hefftig waren, habe ich viel- faͤltigmahl bey mir ſelbſt geſprochen: Wenn du doch in dieſem gruͤnen Donnerſtage laͤn- ger im Gebet haͤtteſt angehalten, du wuͤr- deſt den Teufel, deine Furcht, und alle deine, ſowol damalige, als gegenwaͤrtige Ubel aus deiner Seele hinweggebetet haben.
Weil nun das nicht geſchehen war, ſo brach der aͤngſtliche Abend vor dem Char-Frey- tage an. Weil die Angſt mit großer Hitze im Haupte verknuͤpffet war, wie ich ausdruͤcklich ſpuͤhrte, ſo geſchahe es, daß, vielleicht nicht ohne Schickung GOttes, mir vor dem dicken braunen Bier eckelte, und hingegen eine Nei- gung Lebiguͤner zu trincken bekam, in Hoff- nung, wenn ich das hitzige Gebluͤte ein wenig wuͤrde ausgekuͤhlet haben, ſo wuͤrde der Schlaf befoͤrdert werden, der nun bey 14. Tagen auſſen
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aus Gnaden behuͤtet,
ger enthalten, noch gegen mich laͤnger harte ſtel-
len koͤnnen. Vertrauen und Hoffnung wuchs
zugleich im Gebet, und die Furcht wich großen
Theils aus dem Hertzen. Jch ſtund aber doch
zu bald vom Beten auf, und haͤtte noch laͤnger
ſollen anhalten, und inbruͤnſtiger werden.
Nach der Zeit, weil ich doch noch zwey Jahr mit
dergleichen, und andern großen Leibes- und Ge-
muͤths-Plagen zu ringen hatte, ob dieſelben
gleich nicht mehr ſo hefftig waren, habe ich viel-
faͤltigmahl bey mir ſelbſt geſprochen: Wenn
du doch in dieſem gruͤnen Donnerſtage laͤn-
ger im Gebet haͤtteſt angehalten, du wuͤr-
deſt den Teufel, deine Furcht, und alle
deine, ſowol damalige, als gegenwaͤrtige
Ubel aus deiner Seele hinweggebetet
haben.
Weil nun das nicht geſchehen war, ſo
brach der aͤngſtliche Abend vor dem Char-Frey-
tage an. Weil die Angſt mit großer Hitze im
Haupte verknuͤpffet war, wie ich ausdruͤcklich
ſpuͤhrte, ſo geſchahe es, daß, vielleicht nicht
ohne Schickung GOttes, mir vor dem dicken
braunen Bier eckelte, und hingegen eine Nei-
gung Lebiguͤner zu trincken bekam, in Hoff-
nung, wenn ich das hitzige Gebluͤte ein wenig
wuͤrde ausgekuͤhlet haben, ſo wuͤrde der Schlaf
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/679>, abgerufen am 21.11.2024.
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