Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.§. I. Die erste Revision, 1826-36. lichen Bearbeitung des gemeinen deutschen Kriminalrechts wohl bekannt,benutzt die Gutachten der Gerichtshöfe mit Umsicht und Geschick, und findet in den für andere deutschen Staaten bestimmten Gesetzgebungen einen Anhalt für seine Vorschläge. Besonders das Bayerische Straf- gesetzbuch und die Entwürfe für Sachsen und Hannover hat er benutzt; dagegen trifft ihn der Tadel, daß er das Französische oder, wie wir es lieber nennen wollen, das Rheinische Recht zu wenig berücksichtigt, ja mit einer gewissen Ungunst behandelt hat. -- Dieser Bode'sche Ent- wurf nun wurde unter der Leitung des Justizministers Grafen v. Dan- ckelman in der Gesetz-Revisions-Kommission d) überarbeitet, und ist in dieser neuen Gestalt als Manuscript gedruckt, unter dem Titel: Entwurf des Straf-Gesetz-Buches für die Preußischen Staaten. Das Revisionswerk war also im guten Gange; das zeigt sich d) Die Mitglieder dieser Kommission waren: der Director im Justizministerium
v. Kamptz, der Geh. Ober-Justizrath Sack, der Geh. Ober-Revisionsrath Fische- nich und der Kammergerichtsrath Bode. §. I. Die erſte Reviſion, 1826-36. lichen Bearbeitung des gemeinen deutſchen Kriminalrechts wohl bekannt,benutzt die Gutachten der Gerichtshöfe mit Umſicht und Geſchick, und findet in den für andere deutſchen Staaten beſtimmten Geſetzgebungen einen Anhalt für ſeine Vorſchläge. Beſonders das Bayeriſche Straf- geſetzbuch und die Entwürfe für Sachſen und Hannover hat er benutzt; dagegen trifft ihn der Tadel, daß er das Franzöſiſche oder, wie wir es lieber nennen wollen, das Rheiniſche Recht zu wenig berückſichtigt, ja mit einer gewiſſen Ungunſt behandelt hat. — Dieſer Bode'ſche Ent- wurf nun wurde unter der Leitung des Juſtizminiſters Grafen v. Dan- ckelman in der Geſetz-Reviſions-Kommiſſion d) überarbeitet, und iſt in dieſer neuen Geſtalt als Manuſcript gedruckt, unter dem Titel: Entwurf des Straf-Geſetz-Buches für die Preußiſchen Staaten. Das Reviſionswerk war alſo im guten Gange; das zeigt ſich d) Die Mitglieder dieſer Kommiſſion waren: der Director im Juſtizminiſterium
v. Kamptz, der Geh. Ober-Juſtizrath Sack, der Geh. Ober-Reviſionsrath Fiſche- nich und der Kammergerichtsrath Bode. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0015" n="5"/><fw place="top" type="header">§. I. Die erſte Reviſion, 1826-36.</fw><lb/> lichen Bearbeitung des gemeinen deutſchen Kriminalrechts wohl bekannt,<lb/> benutzt die Gutachten der Gerichtshöfe mit Umſicht und Geſchick, und<lb/> findet in den für andere deutſchen Staaten beſtimmten Geſetzgebungen<lb/> einen Anhalt für ſeine Vorſchläge. Beſonders das Bayeriſche Straf-<lb/> geſetzbuch und die Entwürfe für Sachſen und Hannover hat er benutzt;<lb/> dagegen trifft ihn der Tadel, daß er das Franzöſiſche oder, wie wir es<lb/> lieber nennen wollen, das Rheiniſche Recht zu wenig berückſichtigt, ja<lb/> mit einer gewiſſen Ungunſt behandelt hat. — Dieſer <hi rendition="#g">Bode</hi>'ſche Ent-<lb/> wurf nun wurde unter der Leitung des Juſtizminiſters Grafen v. <hi rendition="#g">Dan-<lb/> ckelman</hi> in der Geſetz-Reviſions-Kommiſſion <note place="foot" n="d)">Die Mitglieder dieſer Kommiſſion waren: der Director im Juſtizminiſterium<lb/> v. <hi rendition="#g">Kamptz</hi>, der Geh. Ober-Juſtizrath <hi rendition="#g">Sack</hi>, der Geh. Ober-Reviſionsrath <hi rendition="#g">Fiſche-<lb/> nich</hi> und der Kammergerichtsrath <hi rendition="#g">Bode</hi>.</note> überarbeitet, und iſt in<lb/> dieſer neuen Geſtalt als Manuſcript gedruckt, unter dem Titel:</p><lb/> <p><hi rendition="#et">Entwurf des Straf-Geſetz-Buches für die Preußiſchen Staaten.<lb/> Erſter Theil. Criminal-Straf-Geſetze. Berlin 1830. 4.</hi><lb/> Schon der Titel des in 529 §§. abgefaßten Entwurfs weiſt auf einen<lb/> zweiten Theil hin, der die Polizei-Strafgeſetze enthalten ſollte; auch für<lb/> dieſen hat <hi rendition="#g">Bode</hi> ſpäter auf Grund des Tit. 20. einen Entwurf mit<lb/> Motiven ausgearbeitet, als Manuſcript gedruckt Berlin 1833. 4.</p><lb/> <p>Das Reviſionswerk war alſo im guten Gange; das zeigt ſich<lb/> deutlich genug, wenn man den Entwurf von 1830 mit dem Titel 20.<lb/> Th. II. des Allgemeinen Landrechts vergleicht. Man ſieht es dieſem<lb/> Titel an, (er zählt 1577 §§.) wie wenig zur Zeit ſeiner Abfaſſung die<lb/> deutſche Geſetzgebung für höhere Aufgaben auf dem Gebiete des Straf-<lb/> rechts geübt war; man findet bald, daß die reformatoriſchen Beſtrebun-<lb/> gen der neueren Kriminaliſten, namentlich <hi rendition="#g">Feuerbach's</hi> noch keinen<lb/> Einfluß darauf hatten gewinnen können. Die Sprache iſt breit und<lb/> ſchleppend; den Begriffsbeſtimmungen fehlt es häufig an Klarheit und<lb/> Schärfe, ſie führen nicht zu feſten Rechtsprincipien, ſondern umſpannen<lb/> eine Menge einzelner Vorſchriften, in denen die möglichſte Vollſtändig-<lb/> keit der Kaſuiſtik angeſtrebt wird. Polizeiliche Rückſichten machen ſich,<lb/> ſelbſt in der Anordnung vorbeugender Maaßregeln, in Belehrungen und<lb/> Warnungen überall geltend; allgemeine Strafzumeſſungsgründe ſetzen<lb/> dem richterlichen Ermeſſen zu enge Schranken; die Todesſtrafe, ſelbſt<lb/> mit grauſamen Schärfungen, kommt noch häufig vor; in dem Syſtem<lb/> der Freiheitsſtrafen fehlt die Konſequenz, wenn hier überhaupt von ei-<lb/> nem Syſteme die Rede ſein kann, — ſelbſt die Terminologie iſt nicht<lb/> immer gleich; die Perſönlichkeit, der Stand der Verbrecher ſind von ent-<lb/> ſchiedenem Einfluß auf die Anwendung der Strafen. — <hi rendition="#g">Der Entwurf<lb/> von</hi> 1830 hat ſich von dieſen Mängeln durchweg freigehalten; er iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0015]
§. I. Die erſte Reviſion, 1826-36.
lichen Bearbeitung des gemeinen deutſchen Kriminalrechts wohl bekannt,
benutzt die Gutachten der Gerichtshöfe mit Umſicht und Geſchick, und
findet in den für andere deutſchen Staaten beſtimmten Geſetzgebungen
einen Anhalt für ſeine Vorſchläge. Beſonders das Bayeriſche Straf-
geſetzbuch und die Entwürfe für Sachſen und Hannover hat er benutzt;
dagegen trifft ihn der Tadel, daß er das Franzöſiſche oder, wie wir es
lieber nennen wollen, das Rheiniſche Recht zu wenig berückſichtigt, ja
mit einer gewiſſen Ungunſt behandelt hat. — Dieſer Bode'ſche Ent-
wurf nun wurde unter der Leitung des Juſtizminiſters Grafen v. Dan-
ckelman in der Geſetz-Reviſions-Kommiſſion d) überarbeitet, und iſt in
dieſer neuen Geſtalt als Manuſcript gedruckt, unter dem Titel:
Entwurf des Straf-Geſetz-Buches für die Preußiſchen Staaten.
Erſter Theil. Criminal-Straf-Geſetze. Berlin 1830. 4.
Schon der Titel des in 529 §§. abgefaßten Entwurfs weiſt auf einen
zweiten Theil hin, der die Polizei-Strafgeſetze enthalten ſollte; auch für
dieſen hat Bode ſpäter auf Grund des Tit. 20. einen Entwurf mit
Motiven ausgearbeitet, als Manuſcript gedruckt Berlin 1833. 4.
Das Reviſionswerk war alſo im guten Gange; das zeigt ſich
deutlich genug, wenn man den Entwurf von 1830 mit dem Titel 20.
Th. II. des Allgemeinen Landrechts vergleicht. Man ſieht es dieſem
Titel an, (er zählt 1577 §§.) wie wenig zur Zeit ſeiner Abfaſſung die
deutſche Geſetzgebung für höhere Aufgaben auf dem Gebiete des Straf-
rechts geübt war; man findet bald, daß die reformatoriſchen Beſtrebun-
gen der neueren Kriminaliſten, namentlich Feuerbach's noch keinen
Einfluß darauf hatten gewinnen können. Die Sprache iſt breit und
ſchleppend; den Begriffsbeſtimmungen fehlt es häufig an Klarheit und
Schärfe, ſie führen nicht zu feſten Rechtsprincipien, ſondern umſpannen
eine Menge einzelner Vorſchriften, in denen die möglichſte Vollſtändig-
keit der Kaſuiſtik angeſtrebt wird. Polizeiliche Rückſichten machen ſich,
ſelbſt in der Anordnung vorbeugender Maaßregeln, in Belehrungen und
Warnungen überall geltend; allgemeine Strafzumeſſungsgründe ſetzen
dem richterlichen Ermeſſen zu enge Schranken; die Todesſtrafe, ſelbſt
mit grauſamen Schärfungen, kommt noch häufig vor; in dem Syſtem
der Freiheitsſtrafen fehlt die Konſequenz, wenn hier überhaupt von ei-
nem Syſteme die Rede ſein kann, — ſelbſt die Terminologie iſt nicht
immer gleich; die Perſönlichkeit, der Stand der Verbrecher ſind von ent-
ſchiedenem Einfluß auf die Anwendung der Strafen. — Der Entwurf
von 1830 hat ſich von dieſen Mängeln durchweg freigehalten; er iſt
d) Die Mitglieder dieſer Kommiſſion waren: der Director im Juſtizminiſterium
v. Kamptz, der Geh. Ober-Juſtizrath Sack, der Geh. Ober-Reviſionsrath Fiſche-
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