Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XV. Verbr. u. Verg. wider d. Leben. mit der ausführenden Handlung stehen, und daß er fortdauernd denWillen zur Ausführung bestimmt haben müsse. Denn wer vor Jahren einen Mord beschlossen, aber später den Vorsatz aufgegeben oder nicht verfolgt hat, und dann zu einer anderen Zeit ohne Ueberlegung dieselbe Person tödtet, ist kein Mörder; so z. B. wenn der Verbrecher in frü- herer Zeit einen Giftmord beabsichtigte, dann aber entschieden aufgab, und nun späterhin denselben Menschen, den er hatte vergiften wollen, im Zorn über empfangene Beleidigungen mit einem zufällig aufgegrif- fenen Werkzeug tödtet." "Der Ausdruck "wer mit überlegtem Vorsatz tödtet" enthält nun Demnach wurde folgende Fassung der Gesetzesstelle vorgeschlagen: k) Sächs. Criminalgesetzb. Art. 121. -- Württemb. Strafgesetzb.
Art. 237. -- Hannov. Criminalgesetzbuch Art. 227. -- Braunschw. Cri- minalgesetzb. §. 145. -- Hessisches Strafgesetzb. Art. 252. -- Badisches Strafgesetzb. §. 205. -- Thüring. Strafgesetzb. Art. 119. Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XV. Verbr. u. Verg. wider d. Leben. mit der ausführenden Handlung ſtehen, und daß er fortdauernd denWillen zur Ausführung beſtimmt haben müſſe. Denn wer vor Jahren einen Mord beſchloſſen, aber ſpäter den Vorſatz aufgegeben oder nicht verfolgt hat, und dann zu einer anderen Zeit ohne Ueberlegung dieſelbe Perſon tödtet, iſt kein Mörder; ſo z. B. wenn der Verbrecher in frü- herer Zeit einen Giftmord beabſichtigte, dann aber entſchieden aufgab, und nun ſpäterhin denſelben Menſchen, den er hatte vergiften wollen, im Zorn über empfangene Beleidigungen mit einem zufällig aufgegrif- fenen Werkzeug tödtet.“ „Der Ausdruck „wer mit überlegtem Vorſatz tödtet“ enthält nun Demnach wurde folgende Faſſung der Geſetzesſtelle vorgeſchlagen: k) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 121. — Württemb. Strafgeſetzb.
Art. 237. — Hannov. Criminalgeſetzbuch Art. 227. — Braunſchw. Cri- minalgeſetzb. §. 145. — Heſſiſches Strafgeſetzb. Art. 252. — Badiſches Strafgeſetzb. §. 205. — Thüring. Strafgeſetzb. Art. 119. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0356" n="346"/><fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XV. Verbr. u. Verg. wider d. Leben.</fw><lb/> mit der ausführenden Handlung ſtehen, und daß er fortdauernd den<lb/> Willen zur Ausführung beſtimmt haben müſſe. Denn wer vor Jahren<lb/> einen Mord beſchloſſen, aber ſpäter den Vorſatz aufgegeben oder nicht<lb/> verfolgt hat, und dann zu einer anderen Zeit ohne Ueberlegung dieſelbe<lb/> Perſon tödtet, iſt kein Mörder; ſo z. B. wenn der Verbrecher in frü-<lb/> herer Zeit einen Giftmord beabſichtigte, dann aber entſchieden aufgab,<lb/> und nun ſpäterhin denſelben Menſchen, den er hatte vergiften wollen,<lb/> im Zorn über empfangene Beleidigungen mit einem zufällig aufgegrif-<lb/> fenen Werkzeug tödtet.“</p><lb/> <p>„Der Ausdruck „wer mit überlegtem Vorſatz tödtet“ enthält nun<lb/> zwar beide Fälle, allein er macht dieſe in ihrer verſchiedenen Beſchaf-<lb/> fenheit nicht anſchaulich. Dieſes aber iſt nothwendig, weil außerdem<lb/> die Vorausſetzung leicht Raum gewinnen könnte, daß bei der Ausfüh-<lb/> rungs-Handlung die Prämeditation jederzeit ſichtbar hervorgetreten ſein<lb/> müſſe, und dieſes Zuſammentreffen beider Momente zum Thatbeſtande<lb/> gehöre. Allerdings iſt der fortwirkende, früher gefaßte Entſchluß immer<lb/> auch vorhanden bei der Ausführung, allein er giebt ſich nicht nothwen-<lb/> dig dabei auf ſichtbare Weiſe kund. Der regelmäßige und gewöhnliche<lb/> Fall des Mordes iſt aber der, daß der Vorſatz in einer früheren Zeit<lb/> gefaßt iſt, indem der Menſch in der Regel erſt nach langen Kämpfen<lb/> und Erwägungen zum Morde getrieben wird; die ſeltenen Fälle ſind<lb/> die, in welchen die kalte ruhige Ueberlegung mit der Ausführung des<lb/> Mordes zuſammenfällt, wie etwa bei einem Raubmörder. Dennoch iſt<lb/> für die häufigeren Fälle nicht nöthig, daß die Art der Ausführung das<lb/> Daſein einer ruhigen Ueberlegung außer Zweifel ſetze. Der Richter<lb/> könnte daher durch Mißdeutung des §. 298. leicht dahin geführt wer-<lb/> den, einen bloßen Todtſchlag anſtatt eines Mordes nur deswegen an-<lb/> zunehmen, weil ihm der Zuſtand ruhiger Ueberlegung gerade nicht aus<lb/> den beſonderen Umſtänden bei der Ausführung der That erhellt. Das<lb/> Bedürfniß, dieſe Unterſcheidung in der Aufſtellung des Begriffs anſchau-<lb/> lich zu machen, haben auch die neueren Geſetzbücher gefühlt und an-<lb/> erkannt.“ <note place="foot" n="k)"><hi rendition="#g">Sächſ. Criminalgeſetzb.</hi> Art. 121. — <hi rendition="#g">Württemb. Strafgeſetzb.</hi><lb/> Art. 237. — <hi rendition="#g">Hannov. Criminalgeſetzbuch</hi> Art. 227. — <hi rendition="#g">Braunſchw. Cri-<lb/> minalgeſetzb.</hi> §. 145. — <hi rendition="#g">Heſſiſches Strafgeſetzb.</hi> Art. 252. — <hi rendition="#g">Badiſches<lb/> Strafgeſetzb.</hi> §. 205. — <hi rendition="#g">Thüring. Strafgeſetzb.</hi> Art. 119.</note> </p><lb/> <p>Demnach wurde folgende Faſſung der Geſetzesſtelle vorgeſchlagen:<lb/><hi rendition="#g">Rev. Entwurf von</hi> 1845. §. 212. „Wer in Folge eines mit<lb/> Ueberlegung vorher gefaßten Entſchluſſes die Tödtung eines Menſchen<lb/> bewirkt, oder bei Ausführung derſelben mit überlegtem Vorſatze zu<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [346/0356]
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XV. Verbr. u. Verg. wider d. Leben.
mit der ausführenden Handlung ſtehen, und daß er fortdauernd den
Willen zur Ausführung beſtimmt haben müſſe. Denn wer vor Jahren
einen Mord beſchloſſen, aber ſpäter den Vorſatz aufgegeben oder nicht
verfolgt hat, und dann zu einer anderen Zeit ohne Ueberlegung dieſelbe
Perſon tödtet, iſt kein Mörder; ſo z. B. wenn der Verbrecher in frü-
herer Zeit einen Giftmord beabſichtigte, dann aber entſchieden aufgab,
und nun ſpäterhin denſelben Menſchen, den er hatte vergiften wollen,
im Zorn über empfangene Beleidigungen mit einem zufällig aufgegrif-
fenen Werkzeug tödtet.“
„Der Ausdruck „wer mit überlegtem Vorſatz tödtet“ enthält nun
zwar beide Fälle, allein er macht dieſe in ihrer verſchiedenen Beſchaf-
fenheit nicht anſchaulich. Dieſes aber iſt nothwendig, weil außerdem
die Vorausſetzung leicht Raum gewinnen könnte, daß bei der Ausfüh-
rungs-Handlung die Prämeditation jederzeit ſichtbar hervorgetreten ſein
müſſe, und dieſes Zuſammentreffen beider Momente zum Thatbeſtande
gehöre. Allerdings iſt der fortwirkende, früher gefaßte Entſchluß immer
auch vorhanden bei der Ausführung, allein er giebt ſich nicht nothwen-
dig dabei auf ſichtbare Weiſe kund. Der regelmäßige und gewöhnliche
Fall des Mordes iſt aber der, daß der Vorſatz in einer früheren Zeit
gefaßt iſt, indem der Menſch in der Regel erſt nach langen Kämpfen
und Erwägungen zum Morde getrieben wird; die ſeltenen Fälle ſind
die, in welchen die kalte ruhige Ueberlegung mit der Ausführung des
Mordes zuſammenfällt, wie etwa bei einem Raubmörder. Dennoch iſt
für die häufigeren Fälle nicht nöthig, daß die Art der Ausführung das
Daſein einer ruhigen Ueberlegung außer Zweifel ſetze. Der Richter
könnte daher durch Mißdeutung des §. 298. leicht dahin geführt wer-
den, einen bloßen Todtſchlag anſtatt eines Mordes nur deswegen an-
zunehmen, weil ihm der Zuſtand ruhiger Ueberlegung gerade nicht aus
den beſonderen Umſtänden bei der Ausführung der That erhellt. Das
Bedürfniß, dieſe Unterſcheidung in der Aufſtellung des Begriffs anſchau-
lich zu machen, haben auch die neueren Geſetzbücher gefühlt und an-
erkannt.“ k)
Demnach wurde folgende Faſſung der Geſetzesſtelle vorgeſchlagen:
Rev. Entwurf von 1845. §. 212. „Wer in Folge eines mit
Ueberlegung vorher gefaßten Entſchluſſes die Tödtung eines Menſchen
bewirkt, oder bei Ausführung derſelben mit überlegtem Vorſatze zu
k) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 121. — Württemb. Strafgeſetzb.
Art. 237. — Hannov. Criminalgeſetzbuch Art. 227. — Braunſchw. Cri-
minalgeſetzb. §. 145. — Heſſiſches Strafgeſetzb. Art. 252. — Badiſches
Strafgeſetzb. §. 205. — Thüring. Strafgeſetzb. Art. 119.
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