der Obrigkeit besonders verpflichtet werden, wie Mäkler, Güterbestäti- ger u. s. w. sind nicht zu den Staatsbeamten zu rechnen, wie sich schon daraus ergiebt, daß im Tit. 22. über deren Untreue besondere Bestim- mungen sich finden. Dasselbe gilt von Aerzten, Baumeistern und an- deren Personen, die zur Ausübung einer Kunst der besonderen Appro- bation bedürfen; s. oben §§. 199-203.
c. In Betreff der Beamten der Korporationen muß man unter- scheiden, ob die letzteren einen Theil des Staatsorganismus ausmachen, wie die Gemeinden, oder wenigstens dem Staatsinteresse unmittelbar dienen; oder ob sie nur dem allgemeinen Oberaufsichtsrecht des Staates unterworfen sind, im Uebrigen aber als Privatanstalt erscheinen, wie z. B. die meisten Eisenbahngesellschaften. Beamte von Korporationen der ersteren Art werden im Sinne des Allg. Landrechts (Th. II. Tit. 10. §. 69.) zu den mittelbaren Staatsdienern zu rechnen sein; doch kommt hierbei freilich in Betracht, daß die Stellung der Korporationen und namentlich auch der Gemeinden seit Erlassung des Allg. Landrechts eine viel freiere und selbständigere geworden ist.
d. Ueber die Qualität einzelner Beamten entscheiden besondere ge- setzliche Bestimmungen; nach dem Allg. Landrecht (Th. II. Tit. 19. §. 80.) sind z. B. die Vorsteher und Verwalter öffentlicher Armenanstalten als Diener des Staats anzusehen.
II. Das vor der Publikation des Strafgesetzbuchs geltende Recht enthielt keine Vorschrift darüber, wie es mit der Bestrafung eines Nicht- beamten, welcher an der Verübung eines Amtsverbrechens Theil nimmt, zu halten sei; die Gerichtshöfe nahmen aber meistens an, daß die all- gemeinen Grundsätze über die Theilnahme in einem solchen Fall nicht anzuwenden seien. Bei der Revision von 1833. wurde dieser Umstand zur Sprache gebracht, und im Interesse des Dienstes eine ergänzende Bestimmung vorgeschlagen. Bei den Disziplinarvergehen könne freilich eine Komplizität von Nichtbeamten nicht füglich stattfinden; aber die Verleitung zu eigentlichen Amtsverbrechen müsse auch an dritten Per- sonen geahndet werden, f) und zu diesem Behuf bei den nur auf Beamte anwendbaren Strafmitteln eine Strafverwandlung eintreten. Es wurde auch eine dem entsprechende Strafvorschrift in Vorschlag gebracht, welche in der Staatsraths-Kommission nur in formeller Beziehung eine Abänderung erlitt, und in dem Entwurf von 1843. also lautete:
§. 614. "Hat ein Beamter Mitschuldige, die keine Beamten sind, so tritt gegen dieselben statt der Degradation Gefängnißstrafe, und
f) (v. Kamptz) Motive zum Revidirten Entwurf. (Berlin 1833.) S. 439. 440.
§. 331. Thäter und Theilnehmer.
der Obrigkeit beſonders verpflichtet werden, wie Mäkler, Güterbeſtäti- ger u. ſ. w. ſind nicht zu den Staatsbeamten zu rechnen, wie ſich ſchon daraus ergiebt, daß im Tit. 22. über deren Untreue beſondere Beſtim- mungen ſich finden. Daſſelbe gilt von Aerzten, Baumeiſtern und an- deren Perſonen, die zur Ausübung einer Kunſt der beſonderen Appro- bation bedürfen; ſ. oben §§. 199-203.
c. In Betreff der Beamten der Korporationen muß man unter- ſcheiden, ob die letzteren einen Theil des Staatsorganismus ausmachen, wie die Gemeinden, oder wenigſtens dem Staatsintereſſe unmittelbar dienen; oder ob ſie nur dem allgemeinen Oberaufſichtsrecht des Staates unterworfen ſind, im Uebrigen aber als Privatanſtalt erſcheinen, wie z. B. die meiſten Eiſenbahngeſellſchaften. Beamte von Korporationen der erſteren Art werden im Sinne des Allg. Landrechts (Th. II. Tit. 10. §. 69.) zu den mittelbaren Staatsdienern zu rechnen ſein; doch kommt hierbei freilich in Betracht, daß die Stellung der Korporationen und namentlich auch der Gemeinden ſeit Erlaſſung des Allg. Landrechts eine viel freiere und ſelbſtändigere geworden iſt.
d. Ueber die Qualität einzelner Beamten entſcheiden beſondere ge- ſetzliche Beſtimmungen; nach dem Allg. Landrecht (Th. II. Tit. 19. §. 80.) ſind z. B. die Vorſteher und Verwalter öffentlicher Armenanſtalten als Diener des Staats anzuſehen.
II. Das vor der Publikation des Strafgeſetzbuchs geltende Recht enthielt keine Vorſchrift darüber, wie es mit der Beſtrafung eines Nicht- beamten, welcher an der Verübung eines Amtsverbrechens Theil nimmt, zu halten ſei; die Gerichtshöfe nahmen aber meiſtens an, daß die all- gemeinen Grundſätze über die Theilnahme in einem ſolchen Fall nicht anzuwenden ſeien. Bei der Reviſion von 1833. wurde dieſer Umſtand zur Sprache gebracht, und im Intereſſe des Dienſtes eine ergänzende Beſtimmung vorgeſchlagen. Bei den Disziplinarvergehen könne freilich eine Komplizität von Nichtbeamten nicht füglich ſtattfinden; aber die Verleitung zu eigentlichen Amtsverbrechen müſſe auch an dritten Per- ſonen geahndet werden, f) und zu dieſem Behuf bei den nur auf Beamte anwendbaren Strafmitteln eine Strafverwandlung eintreten. Es wurde auch eine dem entſprechende Strafvorſchrift in Vorſchlag gebracht, welche in der Staatsraths-Kommiſſion nur in formeller Beziehung eine Abänderung erlitt, und in dem Entwurf von 1843. alſo lautete:
§. 614. „Hat ein Beamter Mitſchuldige, die keine Beamten ſind, ſo tritt gegen dieſelben ſtatt der Degradation Gefängnißſtrafe, und
f) (v. Kamptz) Motive zum Revidirten Entwurf. (Berlin 1833.) S. 439. 440.
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[565/0575]
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daraus ergiebt, daß im Tit. 22. über deren Untreue beſondere Beſtim-
mungen ſich finden. Daſſelbe gilt von Aerzten, Baumeiſtern und an-
deren Perſonen, die zur Ausübung einer Kunſt der beſonderen Appro-
bation bedürfen; ſ. oben §§. 199-203.
c. In Betreff der Beamten der Korporationen muß man unter-
ſcheiden, ob die letzteren einen Theil des Staatsorganismus ausmachen,
wie die Gemeinden, oder wenigſtens dem Staatsintereſſe unmittelbar
dienen; oder ob ſie nur dem allgemeinen Oberaufſichtsrecht des Staates
unterworfen ſind, im Uebrigen aber als Privatanſtalt erſcheinen, wie
z. B. die meiſten Eiſenbahngeſellſchaften. Beamte von Korporationen
der erſteren Art werden im Sinne des Allg. Landrechts (Th. II. Tit. 10.
§. 69.) zu den mittelbaren Staatsdienern zu rechnen ſein; doch kommt
hierbei freilich in Betracht, daß die Stellung der Korporationen und
namentlich auch der Gemeinden ſeit Erlaſſung des Allg. Landrechts eine
viel freiere und ſelbſtändigere geworden iſt.
d. Ueber die Qualität einzelner Beamten entſcheiden beſondere ge-
ſetzliche Beſtimmungen; nach dem Allg. Landrecht (Th. II. Tit. 19. §. 80.)
ſind z. B. die Vorſteher und Verwalter öffentlicher Armenanſtalten als
Diener des Staats anzuſehen.
II. Das vor der Publikation des Strafgeſetzbuchs geltende Recht
enthielt keine Vorſchrift darüber, wie es mit der Beſtrafung eines Nicht-
beamten, welcher an der Verübung eines Amtsverbrechens Theil nimmt,
zu halten ſei; die Gerichtshöfe nahmen aber meiſtens an, daß die all-
gemeinen Grundſätze über die Theilnahme in einem ſolchen Fall nicht
anzuwenden ſeien. Bei der Reviſion von 1833. wurde dieſer Umſtand
zur Sprache gebracht, und im Intereſſe des Dienſtes eine ergänzende
Beſtimmung vorgeſchlagen. Bei den Disziplinarvergehen könne freilich
eine Komplizität von Nichtbeamten nicht füglich ſtattfinden; aber die
Verleitung zu eigentlichen Amtsverbrechen müſſe auch an dritten Per-
ſonen geahndet werden, f) und zu dieſem Behuf bei den nur auf Beamte
anwendbaren Strafmitteln eine Strafverwandlung eintreten. Es wurde
auch eine dem entſprechende Strafvorſchrift in Vorſchlag gebracht,
welche in der Staatsraths-Kommiſſion nur in formeller Beziehung
eine Abänderung erlitt, und in dem Entwurf von 1843. alſo lautete:
§. 614. „Hat ein Beamter Mitſchuldige, die keine Beamten ſind,
ſo tritt gegen dieſelben ſtatt der Degradation Gefängnißſtrafe, und
f) (v. Kamptz) Motive zum Revidirten Entwurf. (Berlin 1833.)
S. 439. 440.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/575>, abgerufen am 26.11.2024.
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