Th. II. Tit. 20. §. 35. "Wenn die Gesetze eine willkührliche Strafe verordnen, so darf dieselbe nicht über Gefängniß von Sechs Wochen oder Funfzig Thaler Geldbuße ausgedehnt werden."
Nach dem Sinne der in Art. VIII. Abs. 1. enthaltenen Vorschrift, welche den Bestimmungen der §§. 334. 335. des Strafgesetzbuchs ent- spricht, muß auch jetzt noch dieses Maaß als das geltende angenommen werden, obgleich der zwanzigste Titel aufgehoben worden ist. Die an- geführte Gesetzesstelle enthielt ja auch die Norm für die besonderen Ge- setze, welche eine willkührliche Strafe aufstellen, und ist daher für die Auslegung derselben noch jetzt bestimmend.
IV. Es ist schon bemerkt worden, daß die Artikel VIII-X. in Beziehung auf die neben dem Strafgesetzbuche geltenden besonderen Ge- setze zwei Gegenstände normiren: die Unterordnung der einzelnen straf- baren Handlungen unter die Dreitheilung und die Verwandlung der früher vorgeschriebenen Strafen in die des Gesetzbuchs. Was namentlich diesen letzten Punkt betrifft, so ist zu unterscheiden, ob die Gesetzesüber- tretung vor oder nach dem 1. Juli 1851. stattgefunden hat. Für Handlungen, welche vor jenem Zeitpunkte begangen sind, stellt sich, was die Strafarten betrifft, im Allgemeinen das gleiche Verhältniß heraus, mögen sie nun dem Bereiche des Strafgesetzbuchs oder dem der besonderen Strafgesetze angehören. Es lag kein genügender Grund vor, auf diese früher begangenen Handlungen schon die aufgestellten Regeln über die Strafverwandlung, welche auch die Natur eines neuen Gesetzes an sich tragen, zurückwirken zu lassen, und daher bestimmt Art. X. ganz konsequent, daß die Strafen des Gesetzbuchs für Handlungen, welche nach dem 1. Juli 1851. begangen sind, ausschließlich zur Anwendung kommen sollen. Nur wegen der Umsetzung der Gefängnißstrafe und Geldbuße in Forst- und Gemeindearbeit behält es bei den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen sein Bewenden; s. oben zu §. 334.
Daß sich die Vorschrift des Art. X. nicht auf solche Handlungen bezieht, welche unter das Strafgesetzbuch fallen, erhellt schon, abgesehen von allen andern Gründen, aus der klaren Wortfassung -- "In keinem dieser Fälle" -- und aus der Anführung des Art. VIII. und IX. Die scheinbar entgegenstehende Auffassung in der Ministerialverfügung vom 24. Juni 1851. (Justiz-Ministerial-Blatt S. 238.) ist wohl nur einem Versehen in der Fassung zuzuschreiben.
Artikel XI.
Die nachstehenden civilrechtlichen Bestimmungen des 20. Titels im zweiten Theile des Allgemeinen Landrechts §§. 1271. 1272. bleiben ferner in Kraft:
Höhere Zinsen, als die Gesetze verstatten (Theil I. Titel 11. §. 803 ff.
Art. VIII-X.
Th. II. Tit. 20. §. 35. „Wenn die Geſetze eine willkührliche Strafe verordnen, ſo darf dieſelbe nicht über Gefängniß von Sechs Wochen oder Funfzig Thaler Geldbuße ausgedehnt werden.“
Nach dem Sinne der in Art. VIII. Abſ. 1. enthaltenen Vorſchrift, welche den Beſtimmungen der §§. 334. 335. des Strafgeſetzbuchs ent- ſpricht, muß auch jetzt noch dieſes Maaß als das geltende angenommen werden, obgleich der zwanzigſte Titel aufgehoben worden iſt. Die an- geführte Geſetzesſtelle enthielt ja auch die Norm für die beſonderen Ge- ſetze, welche eine willkührliche Strafe aufſtellen, und iſt daher für die Auslegung derſelben noch jetzt beſtimmend.
IV. Es iſt ſchon bemerkt worden, daß die Artikel VIII-X. in Beziehung auf die neben dem Strafgeſetzbuche geltenden beſonderen Ge- ſetze zwei Gegenſtände normiren: die Unterordnung der einzelnen ſtraf- baren Handlungen unter die Dreitheilung und die Verwandlung der früher vorgeſchriebenen Strafen in die des Geſetzbuchs. Was namentlich dieſen letzten Punkt betrifft, ſo iſt zu unterſcheiden, ob die Geſetzesüber- tretung vor oder nach dem 1. Juli 1851. ſtattgefunden hat. Für Handlungen, welche vor jenem Zeitpunkte begangen ſind, ſtellt ſich, was die Strafarten betrifft, im Allgemeinen das gleiche Verhältniß heraus, mögen ſie nun dem Bereiche des Strafgeſetzbuchs oder dem der beſonderen Strafgeſetze angehören. Es lag kein genügender Grund vor, auf dieſe früher begangenen Handlungen ſchon die aufgeſtellten Regeln über die Strafverwandlung, welche auch die Natur eines neuen Geſetzes an ſich tragen, zurückwirken zu laſſen, und daher beſtimmt Art. X. ganz konſequent, daß die Strafen des Geſetzbuchs für Handlungen, welche nach dem 1. Juli 1851. begangen ſind, ausſchließlich zur Anwendung kommen ſollen. Nur wegen der Umſetzung der Gefängnißſtrafe und Geldbuße in Forſt- und Gemeindearbeit behält es bei den beſtehenden geſetzlichen Beſtimmungen ſein Bewenden; ſ. oben zu §. 334.
Daß ſich die Vorſchrift des Art. X. nicht auf ſolche Handlungen bezieht, welche unter das Strafgeſetzbuch fallen, erhellt ſchon, abgeſehen von allen andern Gründen, aus der klaren Wortfaſſung — „In keinem dieſer Fälle“ — und aus der Anführung des Art. VIII. und IX. Die ſcheinbar entgegenſtehende Auffaſſung in der Miniſterialverfügung vom 24. Juni 1851. (Juſtiz-Miniſterial-Blatt S. 238.) iſt wohl nur einem Verſehen in der Faſſung zuzuſchreiben.
Artikel XI.
Die nachſtehenden civilrechtlichen Beſtimmungen des 20. Titels im zweiten Theile des Allgemeinen Landrechts §§. 1271. 1272. bleiben ferner in Kraft:
Höhere Zinſen, als die Geſetze verſtatten (Theil I. Titel 11. §. 803 ff.
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Art. VIII-X.
Th. II. Tit. 20. §. 35. „Wenn die Geſetze eine willkührliche
Strafe verordnen, ſo darf dieſelbe nicht über Gefängniß von Sechs
Wochen oder Funfzig Thaler Geldbuße ausgedehnt werden.“
Nach dem Sinne der in Art. VIII. Abſ. 1. enthaltenen Vorſchrift,
welche den Beſtimmungen der §§. 334. 335. des Strafgeſetzbuchs ent-
ſpricht, muß auch jetzt noch dieſes Maaß als das geltende angenommen
werden, obgleich der zwanzigſte Titel aufgehoben worden iſt. Die an-
geführte Geſetzesſtelle enthielt ja auch die Norm für die beſonderen Ge-
ſetze, welche eine willkührliche Strafe aufſtellen, und iſt daher für die
Auslegung derſelben noch jetzt beſtimmend.
IV. Es iſt ſchon bemerkt worden, daß die Artikel VIII-X. in
Beziehung auf die neben dem Strafgeſetzbuche geltenden beſonderen Ge-
ſetze zwei Gegenſtände normiren: die Unterordnung der einzelnen ſtraf-
baren Handlungen unter die Dreitheilung und die Verwandlung der
früher vorgeſchriebenen Strafen in die des Geſetzbuchs. Was namentlich
dieſen letzten Punkt betrifft, ſo iſt zu unterſcheiden, ob die Geſetzesüber-
tretung vor oder nach dem 1. Juli 1851. ſtattgefunden hat. Für
Handlungen, welche vor jenem Zeitpunkte begangen ſind, ſtellt ſich,
was die Strafarten betrifft, im Allgemeinen das gleiche Verhältniß
heraus, mögen ſie nun dem Bereiche des Strafgeſetzbuchs oder dem der
beſonderen Strafgeſetze angehören. Es lag kein genügender Grund vor,
auf dieſe früher begangenen Handlungen ſchon die aufgeſtellten Regeln
über die Strafverwandlung, welche auch die Natur eines neuen Geſetzes
an ſich tragen, zurückwirken zu laſſen, und daher beſtimmt Art. X. ganz
konſequent, daß die Strafen des Geſetzbuchs für Handlungen, welche
nach dem 1. Juli 1851. begangen ſind, ausſchließlich zur Anwendung
kommen ſollen. Nur wegen der Umſetzung der Gefängnißſtrafe und
Geldbuße in Forſt- und Gemeindearbeit behält es bei den beſtehenden
geſetzlichen Beſtimmungen ſein Bewenden; ſ. oben zu §. 334.
Daß ſich die Vorſchrift des Art. X. nicht auf ſolche Handlungen
bezieht, welche unter das Strafgeſetzbuch fallen, erhellt ſchon, abgeſehen
von allen andern Gründen, aus der klaren Wortfaſſung — „In keinem
dieſer Fälle“ — und aus der Anführung des Art. VIII. und IX. Die
ſcheinbar entgegenſtehende Auffaſſung in der Miniſterialverfügung vom
24. Juni 1851. (Juſtiz-Miniſterial-Blatt S. 238.) iſt wohl nur einem
Verſehen in der Faſſung zuzuſchreiben.
Artikel XI.
Die nachſtehenden civilrechtlichen Beſtimmungen des 20. Titels im zweiten
Theile des Allgemeinen Landrechts §§. 1271. 1272. bleiben ferner in Kraft:
Höhere Zinſen, als die Geſetze verſtatten (Theil I. Titel 11. §. 803 ff.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/623>, abgerufen am 24.11.2024.
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