unter den Contrahenten wie gegen Dritte, kann hierin kein gemein- deutsches Institut unter dem Namen der Investitur anerkannt werden, welches nur bei Lehngütern in dem als gemeines Recht recipirten longobardischen Lehnrechte Grund findet. Und wo nicht die eine oder die andere particular- rechtlich als nothwendig zum Uebergang des dinglichen Rechts nachgewiesen werden kann, da genügt die gemeinrechtliche Erwerbart des römischen Rechts*)."
Zunächst nun drängt sich bei dieser Darstellung das Be- denken auf, daß es wohl überhaupt nicht angemessen ist, bei einer Collision deutscher und römischer Rechtsinstitute von einem Beweise zu sprechen, der nöthig seyn soll, um die dem einen Theil günstige Präsumtion für den andern zu beseitigen. Das erinnert doch zu sehr an die von Puchta siegreich be- kämpfte Theorie über den Beweis des Gewohnheitsrechts, welche durchaus der Würde und freien Stellung des Richteramtes widerspricht, und sich nur unter dem Einfluß eines ganz ver- kümmerten Rechtszustandes ausbilden konnte. Wenn bei einer Collision der angeführten Art von einer Vermuthung die Rede seyn soll, so darf dabei doch wohl auf keinen Fall an die pro- cessualische praesumtio juris und an ein gewöhnliches Be- weisverfahren gedacht werden; denn wie will man die Frage, ob ein deutschrechtliches Institut irgendwo gelte, davon abhängig machen, ohne die Regel, daß der Richter das Recht kennen soll, willkührlich zu beschränken, und die Anwendung des Rechts von Zufälligkeiten bestimmen zu lassen! Wird es doch wohl überhaupt nicht leicht geschehen, daß man bei Instituten, die
*)Derselbe in der Zeitschrift für deutsches Recht, Band 7. Heft 1. No. 1. S. 7. 8.
Drittes Kapitel.
unter den Contrahenten wie gegen Dritte, kann hierin kein gemein- deutſches Inſtitut unter dem Namen der Inveſtitur anerkannt werden, welches nur bei Lehnguͤtern in dem als gemeines Recht recipirten longobardiſchen Lehnrechte Grund findet. Und wo nicht die eine oder die andere particular- rechtlich als nothwendig zum Uebergang des dinglichen Rechts nachgewieſen werden kann, da genuͤgt die gemeinrechtliche Erwerbart des roͤmiſchen Rechts*).“
Zunaͤchſt nun draͤngt ſich bei dieſer Darſtellung das Be- denken auf, daß es wohl uͤberhaupt nicht angemeſſen iſt, bei einer Colliſion deutſcher und roͤmiſcher Rechtsinſtitute von einem Beweiſe zu ſprechen, der noͤthig ſeyn ſoll, um die dem einen Theil guͤnſtige Praͤſumtion fuͤr den andern zu beſeitigen. Das erinnert doch zu ſehr an die von Puchta ſiegreich be- kaͤmpfte Theorie uͤber den Beweis des Gewohnheitsrechts, welche durchaus der Wuͤrde und freien Stellung des Richteramtes widerſpricht, und ſich nur unter dem Einfluß eines ganz ver- kuͤmmerten Rechtszuſtandes ausbilden konnte. Wenn bei einer Colliſion der angefuͤhrten Art von einer Vermuthung die Rede ſeyn ſoll, ſo darf dabei doch wohl auf keinen Fall an die pro- ceſſualiſche praesumtio juris und an ein gewoͤhnliches Be- weisverfahren gedacht werden; denn wie will man die Frage, ob ein deutſchrechtliches Inſtitut irgendwo gelte, davon abhaͤngig machen, ohne die Regel, daß der Richter das Recht kennen ſoll, willkuͤhrlich zu beſchraͤnken, und die Anwendung des Rechts von Zufaͤlligkeiten beſtimmen zu laſſen! Wird es doch wohl uͤberhaupt nicht leicht geſchehen, daß man bei Inſtituten, die
*)Derſelbe in der Zeitſchrift fuͤr deutſches Recht, Band 7. Heft 1. No. 1. S. 7. 8.
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Drittes Kapitel.
unter den Contrahenten wie gegen Dritte, kann hierin kein
gemein- deutſches Inſtitut unter dem Namen der Inveſtitur
anerkannt werden, welches nur bei Lehnguͤtern in dem als
gemeines Recht recipirten longobardiſchen Lehnrechte Grund
findet. Und wo nicht die eine oder die andere particular-
rechtlich als nothwendig zum Uebergang des dinglichen Rechts
nachgewieſen werden kann, da genuͤgt die gemeinrechtliche
Erwerbart des roͤmiſchen Rechts *).“
Zunaͤchſt nun draͤngt ſich bei dieſer Darſtellung das Be-
denken auf, daß es wohl uͤberhaupt nicht angemeſſen iſt, bei
einer Colliſion deutſcher und roͤmiſcher Rechtsinſtitute von
einem Beweiſe zu ſprechen, der noͤthig ſeyn ſoll, um die dem
einen Theil guͤnſtige Praͤſumtion fuͤr den andern zu beſeitigen.
Das erinnert doch zu ſehr an die von Puchta ſiegreich be-
kaͤmpfte Theorie uͤber den Beweis des Gewohnheitsrechts, welche
durchaus der Wuͤrde und freien Stellung des Richteramtes
widerſpricht, und ſich nur unter dem Einfluß eines ganz ver-
kuͤmmerten Rechtszuſtandes ausbilden konnte. Wenn bei einer
Colliſion der angefuͤhrten Art von einer Vermuthung die Rede
ſeyn ſoll, ſo darf dabei doch wohl auf keinen Fall an die pro-
ceſſualiſche praesumtio juris und an ein gewoͤhnliches Be-
weisverfahren gedacht werden; denn wie will man die Frage,
ob ein deutſchrechtliches Inſtitut irgendwo gelte, davon abhaͤngig
machen, ohne die Regel, daß der Richter das Recht kennen ſoll,
willkuͤhrlich zu beſchraͤnken, und die Anwendung des Rechts
von Zufaͤlligkeiten beſtimmen zu laſſen! Wird es doch wohl
uͤberhaupt nicht leicht geſchehen, daß man bei Inſtituten, die
*) Derſelbe in der Zeitſchrift fuͤr deutſches Recht, Band 7. Heft 1.
No. 1. S. 7. 8.
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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/114>, abgerufen am 04.12.2024.
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