Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_299.001 Es war | mal ein Kai | ser, der Kai | ser war kur | rig. p1b_299.002(Bürger.) p1b_299.003O wänr | ren wir wei | ter, o wänr | ich zu Haus. p1b_299.004(Goethe.) p1b_299.005 Jm Wald | ist voll | bemoos | ter p1b_299.007 Zertrünm | merter Stein' | ein Platz, | p1b_299.008 Dort stand | das al | te Klo | ster, p1b_299.009 Dort liegt | der vermau | erte Schatz. |(Rückert.) p1b_299.010 Zu Aachen in seiner Kai | serpracht, p1b_299.011 Jm al | tertünm | lichen Saa | le p1b_299.012 Saß Ko | nig Ru | dolfs hei | lige Macht | p1b_299.013 Beim festlichen Kronungsmah | le. (Schiller.) p1b_299.014 p1b_299.015 p1b_299.019 p1b_299.024 p1b_299.032 Wie Nord | wind mut | voll her | stünrmt. p1b_299.035 Nordwind | mutvoll | herstünrmt. |
p1b_299.001 Ĕs wār │ măl eĭn Kāi │ sĕr, dĕr Kāi │ ser war kūr │ rig. p1b_299.002(Bürger.) p1b_299.003Ŏ wǟr │ rĕn wĭr wēi │ ter, o wǟr │ ich zu Haūs. p1b_299.004(Goethe.) p1b_299.005 Jm Wāld │ ist vōll │ bemōos │ ter p1b_299.007 Zertrǖm │ mĕrtĕr Steīn' │ ein Plātz, │ p1b_299.008 Dort stānd │ das āl │ te Klō │ ster, p1b_299.009 Dort līegt │ dĕr vĕrmaū │ ĕrtĕ Schātz. │(Rückert.) p1b_299.010 Zu Āachĕn ĭn sēiner Kaī │ serprācht, p1b_299.011 Jm āl │ tertǖm │ lĭchĕn Saā │ le p1b_299.012 Saß Kȫ │ nig Rū │ dolfs heī │ lĭgĕ Mācht │ p1b_299.013 Beim festlĭchĕn Krȫnŭngsmāh │ le. (Schiller.) p1b_299.014 p1b_299.015 p1b_299.019 p1b_299.024 p1b_299.032 Wīe Nṓrd │ wīnd mū́t │ vōll hḗr │ stǖrmt. p1b_299.035 Nṓrdwīnd │ mū́tvōll │ hḗrstǖrmt. │
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0333" n="299"/> <lb n="p1b_299.001"/> <lg> <l>Ĕs wār │ măl eĭn Kāi │ sĕr, dĕr Kāi │ ser war kūr │ rig.</l> </lg> <lb n="p1b_299.002"/> <p> <hi rendition="#right">(Bürger.)</hi> </p> <lb n="p1b_299.003"/> <lg> <l>Ŏ wǟr │ rĕn wĭr wēi │ ter, o wǟr │ ich zu Haūs.</l> </lg> <lb n="p1b_299.004"/> <p> <hi rendition="#right">(Goethe.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_299.005"/><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Jamben und Anapäste gemischt.</hi></p> <lb n="p1b_299.006"/> <lg> <l>Jm Wāld │ ist vōll │ bemōos │ ter</l> <lb n="p1b_299.007"/> <l>Zertrǖm │ mĕrtĕr Steīn' │ ein Plātz, │</l> <lb n="p1b_299.008"/> <l>Dort stānd │ das āl │ te Klō │ ster,</l> <lb n="p1b_299.009"/> <l>Dort līegt │ dĕr vĕrmaū │ ĕrtĕ Schātz. │<hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_299.010"/> <l>Zu Āachĕn ĭn sēiner Kaī │ serprācht,</l> <lb n="p1b_299.011"/> <l>Jm āl │ tertǖm │ lĭchĕn Saā │ le</l> <lb n="p1b_299.012"/> <l>Saß Kȫ │ nig Rū │ dolfs heī │ lĭgĕ Mācht │</l> <lb n="p1b_299.013"/> <l>Beim festlĭchĕn Krȫnŭngsmāh │ le.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Schiller.)</hi> </p> </div> <div n="4"> <p><lb n="p1b_299.014"/> 5. Der Spondeus. – –</p> <p><lb n="p1b_299.015"/> Der Spondeus (Gleichschritt, von <foreign xml:lang="grc">σπονδεῖος</foreign>) besteht aus zwei <lb n="p1b_299.016"/> Einzellängen, z. B. Hānsnārr, Hānsdāmpf, Bēttstrōh, Schnēegāns, <lb n="p1b_299.017"/> sprāchs ūnd, lāuf zū, schwēig stīll. Er ist der Ausdruck der Ruhe, <lb n="p1b_299.018"/> des Festen, Schweren, Massigen.</p> <p><lb n="p1b_299.019"/> Das Wort <foreign xml:lang="grc">σπονδεῖος</foreign> bezeichnete ursprünglich das zur <foreign xml:lang="grc">σπονδή</foreign> (d. i. <lb n="p1b_299.020"/> Opferspende, Libation) Gehörige; <foreign xml:lang="grc">σπονδεῖον μέλος</foreign> war das bei Libationen <lb n="p1b_299.021"/> übliche Lied; <foreign xml:lang="grc">σπονδεῖος πούς</foreign> war das bei Libationen gebräuchliche, feierlich <lb n="p1b_299.022"/> langsame, aus 2 langen Silben bestehende Metrum, das dem Metrum unserer <lb n="p1b_299.023"/> in gleich langen Tönen einherschreitenden Kirchengesänge (Choräle) entspricht.</p> <p><lb n="p1b_299.024"/> Da die beiden Silben des Spondeus nach den Gesetzen der Prosodik <lb n="p1b_299.025"/> (§ 75 Ziff. 3) nicht gleichtonig sind, und da überhaupt lediglich der Accent <lb n="p1b_299.026"/> die Silbe zur langen macht (§ 80), so klingt der Spondeus in unseren <lb n="p1b_299.027"/> deutschen Gedichten entweder wie eine Art Trochäus (Haūsthü̆r) oder wie eine <lb n="p1b_299.028"/> Art Jambus (schweĭg stīll); das geübte Ohr merkt freilich sofort, daß die <lb n="p1b_299.029"/> Thesis nicht 1= oder 2gradig, sondern 3gradig ist. Es ergeben sich auf diese <lb n="p1b_299.030"/> Weise jambische und trochäische Spondeen, die wir so bezeichnen wollen: <lb n="p1b_299.031"/> – -─́ und ─́ –.</p> <p><lb n="p1b_299.032"/> Jm folgenden Beispiel, das jambisch zu betonen ist, finden sich jambische <lb n="p1b_299.033"/> Spondeen:</p> <lb n="p1b_299.034"/> <lg> <l>Wīe Nṓrd │ wīnd mū́t │ vōll hḗr │ stǖrmt.</l> </lg> <p><lb n="p1b_299.035"/> Dagegen bietet nachstehendes Beispiel trochäische Spondeen:</p> <lb n="p1b_299.036"/> <lg> <l>Nṓrdwīnd │ mū́tvōll │ hḗrstǖrmt. │</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0333]
p1b_299.001
Ĕs wār │ măl eĭn Kāi │ sĕr, dĕr Kāi │ ser war kūr │ rig.
p1b_299.002
(Bürger.)
p1b_299.003
Ŏ wǟr │ rĕn wĭr wēi │ ter, o wǟr │ ich zu Haūs.
p1b_299.004
(Goethe.)
p1b_299.005
c. Jamben und Anapäste gemischt.
p1b_299.006
Jm Wāld │ ist vōll │ bemōos │ ter p1b_299.007
Zertrǖm │ mĕrtĕr Steīn' │ ein Plātz, │ p1b_299.008
Dort stānd │ das āl │ te Klō │ ster, p1b_299.009
Dort līegt │ dĕr vĕrmaū │ ĕrtĕ Schātz. │(Rückert.)
p1b_299.010
Zu Āachĕn ĭn sēiner Kaī │ serprācht, p1b_299.011
Jm āl │ tertǖm │ lĭchĕn Saā │ le p1b_299.012
Saß Kȫ │ nig Rū │ dolfs heī │ lĭgĕ Mācht │ p1b_299.013
Beim festlĭchĕn Krȫnŭngsmāh │ le.
(Schiller.)
p1b_299.014
5. Der Spondeus. – –
p1b_299.015
Der Spondeus (Gleichschritt, von σπονδεῖος) besteht aus zwei p1b_299.016
Einzellängen, z. B. Hānsnārr, Hānsdāmpf, Bēttstrōh, Schnēegāns, p1b_299.017
sprāchs ūnd, lāuf zū, schwēig stīll. Er ist der Ausdruck der Ruhe, p1b_299.018
des Festen, Schweren, Massigen.
p1b_299.019
Das Wort σπονδεῖος bezeichnete ursprünglich das zur σπονδή (d. i. p1b_299.020
Opferspende, Libation) Gehörige; σπονδεῖον μέλος war das bei Libationen p1b_299.021
übliche Lied; σπονδεῖος πούς war das bei Libationen gebräuchliche, feierlich p1b_299.022
langsame, aus 2 langen Silben bestehende Metrum, das dem Metrum unserer p1b_299.023
in gleich langen Tönen einherschreitenden Kirchengesänge (Choräle) entspricht.
p1b_299.024
Da die beiden Silben des Spondeus nach den Gesetzen der Prosodik p1b_299.025
(§ 75 Ziff. 3) nicht gleichtonig sind, und da überhaupt lediglich der Accent p1b_299.026
die Silbe zur langen macht (§ 80), so klingt der Spondeus in unseren p1b_299.027
deutschen Gedichten entweder wie eine Art Trochäus (Haūsthü̆r) oder wie eine p1b_299.028
Art Jambus (schweĭg stīll); das geübte Ohr merkt freilich sofort, daß die p1b_299.029
Thesis nicht 1= oder 2gradig, sondern 3gradig ist. Es ergeben sich auf diese p1b_299.030
Weise jambische und trochäische Spondeen, die wir so bezeichnen wollen: p1b_299.031
– -─́ und ─́ –.
p1b_299.032
Jm folgenden Beispiel, das jambisch zu betonen ist, finden sich jambische p1b_299.033
Spondeen:
p1b_299.034
Wīe Nṓrd │ wīnd mū́t │ vōll hḗr │ stǖrmt.
p1b_299.035
Dagegen bietet nachstehendes Beispiel trochäische Spondeen:
p1b_299.036
Nṓrdwīnd │ mū́tvōll │ hḗrstǖrmt. │
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |