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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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§ 107. Jambische Verse.

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Sie sind unter allen deutschen Versarten die gebräuchlichsten, p1b_307.003
weil sie sich infolge des trochäischen Grundcharakters unserer Sprache p1b_307.004
durch leichte Auftakte (z. B. des Artikels, oder einsilbiger Pronomina) p1b_307.005
von selbst ergeben.

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Beispiele:

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Der Ko | nig ruft. | Das Volk | gehorcht. | p1b_307.008
Jch le | be nur | für dich, | mein teu | rer Sohn. |

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Wir unterscheiden eintaktige bis achttaktige jambische Verse.

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1. Eintaktige jambische Verse (jambische Eintakter).

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Man findet sie - wie die nachstehenden, fast einzigen 6 Proben p1b_307.012
unserer Litteratur beweisen - selten in längerer Folge und meistenteils p1b_307.013
in Verbindung mit mehrtaktigen Versen.

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Beispiele:

a. Jm Wald, p1b_307.015
Jm Wald p1b_307.016
Jst Lust | und Fried, (Zweitakter) p1b_307.017
Da hallt, p1b_307.018
Da schallt p1b_307.019
Der Vöglein Lied.(Zweitakter.)
p1b_307.020

(Vogl, Jm Wald.)

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b. Wie lebt, p1b_307.022
Wie hebt, p1b_307.023
Wie strebt p1b_307.024
Das Herz | in mir.(Zweitakter.)
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(Goethe.)

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c. Fahr wohl, p1b_307.027
All Liebes, das nun scheiden soll! (Viertakter) p1b_307.028
Und ob es so geschehe, (katal. Viertakter) p1b_307.029
Daß ich nicht mehr dich sehe, (desgl.) p1b_307.030
Fahr wohl, fahr wohl, (Zweitakter) p1b_307.031
Fahr wohl.
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(Rückert, Lieder und Sprüche.)

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d. Herr Mai, p1b_307.034
Den ich im Winter wünscht' herbei, (Viertakter) p1b_307.035
Jch wollte nur, du wärst vorbei, (desgl.) p1b_307.036
Herr Mai!
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(Rückert.)

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e. Die Erde saugt den Regen ein mit Lust p1b_307.039
Und trinkt! p1b_307.040
Nach neuer Labung lechzt die Brust; p1b_307.041
Die Blume raubt den frischen Trunk p1b_307.042
Und trinkt,
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§ 107. Jambische Verse.

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Sie sind unter allen deutschen Versarten die gebräuchlichsten, p1b_307.003
weil sie sich infolge des trochäischen Grundcharakters unserer Sprache p1b_307.004
durch leichte Auftakte (z. B. des Artikels, oder einsilbiger Pronomina) p1b_307.005
von selbst ergeben.

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Beispiele:

p1b_307.007
Dĕr Kȫ │ nĭg rūft. │ Dăs Vōlk │ gĕhōrcht. │ p1b_307.008
J̆ch lē │ bĕ nūr │ fü̆r dīch, │ mĕin teū │ rĕr Sōhn. │

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Wir unterscheiden eintaktige bis achttaktige jambische Verse.

p1b_307.010
1. Eintaktige jambische Verse (jambische Eintakter).

p1b_307.011
Man findet sie ─ wie die nachstehenden, fast einzigen 6 Proben p1b_307.012
unserer Litteratur beweisen ─ selten in längerer Folge und meistenteils p1b_307.013
in Verbindung mit mehrtaktigen Versen.

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Beispiele:

a. J̆m Wāld, p1b_307.015
J̆m Wāld p1b_307.016
J̆st Lūst │ ŭnd Frīed, (Zweitakter) p1b_307.017
Da hallt, p1b_307.018
Da schallt p1b_307.019
Der Vöglein Lied.(Zweitakter.)
p1b_307.020

(Vogl, Jm Wald.)

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b. Wie lebt, p1b_307.022
Wie hebt, p1b_307.023
Wie strebt p1b_307.024
Das Herz │ in mir.(Zweitakter.)
p1b_307.025

(Goethe.)

p1b_307.026
c. Făhr wōhl, p1b_307.027
All Liebes, das nun scheiden soll! (Viertakter) p1b_307.028
Und ob es so geschehe, (katal. Viertakter) p1b_307.029
Daß ich nicht mehr dich sehe, (desgl.) p1b_307.030
Fahr wohl, fahr wohl, (Zweitakter) p1b_307.031
Făhr wōhl.
p1b_307.032

(Rückert, Lieder und Sprüche.)

p1b_307.033
d. Hĕrr Māi, p1b_307.034
Den ich im Winter wünscht' herbei, (Viertakter) p1b_307.035
Jch wollte nur, du wärst vorbei, (desgl.) p1b_307.036
Herr Mai!
p1b_307.037

(Rückert.)

p1b_307.038
e. Die Erde saugt den Regen ein mit Lust p1b_307.039
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Nach neuer Labung lechzt die Brust; p1b_307.041
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[307/0341] p1b_307.001 § 107. Jambische Verse. p1b_307.002 Sie sind unter allen deutschen Versarten die gebräuchlichsten, p1b_307.003 weil sie sich infolge des trochäischen Grundcharakters unserer Sprache p1b_307.004 durch leichte Auftakte (z. B. des Artikels, oder einsilbiger Pronomina) p1b_307.005 von selbst ergeben. p1b_307.006 Beispiele: p1b_307.007 Dĕr Kȫ │ nĭg rūft. │ Dăs Vōlk │ gĕhōrcht. │ p1b_307.008 J̆ch lē │ bĕ nūr │ fü̆r dīch, │ mĕin teū │ rĕr Sōhn. │ p1b_307.009 Wir unterscheiden eintaktige bis achttaktige jambische Verse. p1b_307.010 1. Eintaktige jambische Verse (jambische Eintakter). p1b_307.011 Man findet sie ─ wie die nachstehenden, fast einzigen 6 Proben p1b_307.012 unserer Litteratur beweisen ─ selten in längerer Folge und meistenteils p1b_307.013 in Verbindung mit mehrtaktigen Versen. p1b_307.014 Beispiele: a. J̆m Wāld, p1b_307.015 J̆m Wāld p1b_307.016 J̆st Lūst │ ŭnd Frīed, (Zweitakter) p1b_307.017 Da hallt, p1b_307.018 Da schallt p1b_307.019 Der Vöglein Lied.(Zweitakter.) p1b_307.020 (Vogl, Jm Wald.) p1b_307.021 b. Wie lebt, p1b_307.022 Wie hebt, p1b_307.023 Wie strebt p1b_307.024 Das Herz │ in mir.(Zweitakter.) p1b_307.025 (Goethe.) p1b_307.026 c. Făhr wōhl, p1b_307.027 All Liebes, das nun scheiden soll! (Viertakter) p1b_307.028 Und ob es so geschehe, (katal. Viertakter) p1b_307.029 Daß ich nicht mehr dich sehe, (desgl.) p1b_307.030 Fahr wohl, fahr wohl, (Zweitakter) p1b_307.031 Făhr wōhl. p1b_307.032 (Rückert, Lieder und Sprüche.) p1b_307.033 d. Hĕrr Māi, p1b_307.034 Den ich im Winter wünscht' herbei, (Viertakter) p1b_307.035 Jch wollte nur, du wärst vorbei, (desgl.) p1b_307.036 Herr Mai! p1b_307.037 (Rückert.) p1b_307.038 e. Die Erde saugt den Regen ein mit Lust p1b_307.039 Und trinkt! p1b_307.040 Nach neuer Labung lechzt die Brust; p1b_307.041 Die Blume raubt den frischen Trunk p1b_307.042 Und trinkt,

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/341>, abgerufen am 22.11.2024.