Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_331.001 p1b_331.002 p1b_331.007 p1b_331.009 p1b_331.012 p1b_331.015 a. Akatalektische trochäische Achttakter. p1b_331.025Vers 1.Oft erregt der Sturm die Harfe, wie das Rauschen in den Wipfeln, p1b_331.026 p1b_331.031Wenn die Windsbraut Maste brechend wütet auf der Wellen Gipfeln; p1b_331.027 Doch am linden Sommerabend rührt ein sanfter West die Saiten, p1b_331.028 Wenn er lispelnd mit den Erlen kost in lauen Maienzeiten, p1b_331.029 Leise tönen dann die Klänge, wie der Abendfalter Schwirren, p1b_331.030 Oder wie Gesumm der Bienen, oder Nachtigallengirren. (Julius Grosse, Abenteuer des Kalewiden.) p1b_331.032Vers 2.Dichter, bleib bei deinen Blumen! Nicht an Thronen frech gemeistert! - p1b_331.033 p1b_331.036Wenn dich mehr als Blumenkronen eines Fürsten Kron begeistert p1b_331.034 Feire, wie's so manch bescheidner, vaterländscher Sänger thut, p1b_331.035 Hohe Fest- und Namenstage, huldigend mit Sangesglut! (Anast. Grün, Antworten.) p1b_331.037b. Katalektische trochäische Achttakter. p1b_331.038Vers 1.Dicht umwogt von Volkesmenge ragt ein lustig, farbig Zelt. p1b_331.039 p1b_331.042Ei, was doch die bunte Hülle wohl für einen Schatz enthält? p1b_331.040 Birgt sie nicht die schönste Perle, Muscheln gleich, in schlichtem Schrein, p1b_331.041 Hüllt sie nicht das schönste Antlitz, wie ein neidscher Schleier ein? (Anast. Grün, Sein Bild.) p1b_331.001 p1b_331.002 p1b_331.007 p1b_331.009 p1b_331.012 p1b_331.015 a. Akatalektische trochäische Achttakter. p1b_331.025Vers 1.Oft erregt der Sturm die Harfe, wie das Rauschen in den Wipfeln, p1b_331.026 p1b_331.031Wenn die Windsbraut Maste brechend wütet auf der Wellen Gipfeln; p1b_331.027 Doch am linden Sommerabend rührt ein sanfter West die Saiten, p1b_331.028 Wenn er lispelnd mit den Erlen kost in lauen Maienzeiten, p1b_331.029 Leise tönen dann die Klänge, wie der Abendfalter Schwirren, p1b_331.030 Oder wie Gesumm der Bienen, oder Nachtigallengirren. (Julius Grosse, Abenteuer des Kalewiden.) p1b_331.032Vers 2.Dichter, bleib bei deinen Blumen! Nicht an Thronen frech gemeistert! ─ p1b_331.033 p1b_331.036Wenn dich mehr als Blumenkronen eines Fürsten Kron begeistert p1b_331.034 Feire, wie's so manch bescheidner, vaterländscher Sänger thut, p1b_331.035 Hohe Fest- und Namenstage, huldigend mit Sangesglut! (Anast. Grün, Antworten.) p1b_331.037b. Katalektische trochäische Achttakter. p1b_331.038Vers 1.Dicht umwogt von Volkesmenge ragt ein lustig, farbig Zelt. p1b_331.039 p1b_331.042Ei, was doch die bunte Hülle wohl für einen Schatz enthält? p1b_331.040 Birgt sie nicht die schönste Perle, Muscheln gleich, in schlichtem Schrein, p1b_331.041 Hüllt sie nicht das schönste Antlitz, wie ein neidscher Schleier ein? (Anast. Grün, Sein Bild.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0365" n="331"/> </div> <div n="4"> <p><lb n="p1b_331.001"/> 8. Achttaktige trochäische Verse (trochäische Achttakter).</p> <p><lb n="p1b_331.002"/> Dieser Vers könnte als Zusammensetzung von zwei einander <lb n="p1b_331.003"/> folgenden viertaktigen Trochäen angesehen werden, wenn nicht die <lb n="p1b_331.004"/> Jncision und der Reim am Ende des achten Taktes ihm den Charakter <lb n="p1b_331.005"/> des Einheitlichen aufdrücken würden. Am Ende des vierten Taktes <lb n="p1b_331.006"/> hat er eine stehende Diärese.</p> <p><lb n="p1b_331.007"/> Bei Anwendung des männlichen Reims ist der Vers um eine Silbe verkürzt, <lb n="p1b_331.008"/> also katalektisch.</p> <p><lb n="p1b_331.009"/> Ausnahmsweise kann bei allen Takten (nur nicht beim ersten und letzten) <lb n="p1b_331.010"/> ein Daktylus für den Trochäus eingeschoben werden. Platen und Rückert haben <lb n="p1b_331.011"/> den achttaktigen Trochäus in ihren Dramen angewandt.</p> <p><lb n="p1b_331.012"/> Anastasius Grün hat seine Spaziergänge eines Wiener Poeten in diesem <lb n="p1b_331.013"/> Vers geschrieben. Dingelstedt seine Spaziergänge eines Kasseler Poeten, Nr. 3 <lb n="p1b_331.014"/> ausgenommen.</p> <p><lb n="p1b_331.015"/> Jn kleineren Dichtungen haben ihn gebraucht: Freiligrath (Gesicht des <lb n="p1b_331.016"/> Reisenden, Löwenritt); Geibel (Negerweib); Platen (Grab im Busento); Robert <lb n="p1b_331.017"/> Prutz (Bretagne); Adolf Weiß (Aus dem Ursumpf). ─ Goethes „Nachtgefühl“ <lb n="p1b_331.018"/> hat akatalektische Reihen, ebenso das Kirchenlied „Jesus meine Zuversicht“, <lb n="p1b_331.019"/> endlich Anast. Grün „Sein Bild“ und Wilh. Müllers „Griechenlands Hoffnung“ <lb n="p1b_331.020"/> (Brüder schaut nicht in die Ferne nach der Fremden Schutz hinaus). Jn <lb n="p1b_331.021"/> der Neuzeit hat den Vers Julius Grosse in seinen weitausgesponnenen esthnischen <lb n="p1b_331.022"/> Volksmärchen gebraucht: „Die Abenteuer des Kalewiden“, sowie Emil <lb n="p1b_331.023"/> Rittershaus in „Sonst und Jetzt“ &c.</p> <lb n="p1b_331.024"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">a</hi>. <hi rendition="#g">Akatalektische trochäische Achttakter.</hi></hi> </p> <lb n="p1b_331.025"/> <lg> <l n="1.">Oft erregt der Sturm die Harfe, wie das Rauschen in den Wipfeln,</l> <lb n="p1b_331.026"/> <l>Wenn die Windsbraut Maste brechend wütet auf der Wellen Gipfeln;</l> <lb n="p1b_331.027"/> <l>Doch am linden Sommerabend rührt ein sanfter West die Saiten,</l> <lb n="p1b_331.028"/> <l>Wenn er lispelnd mit den Erlen kost in lauen Maienzeiten,</l> <lb n="p1b_331.029"/> <l>Leise tönen dann die Klänge, wie der Abendfalter Schwirren,</l> <lb n="p1b_331.030"/> <l>Oder wie Gesumm der Bienen, oder Nachtigallengirren.</l> </lg> <lb n="p1b_331.031"/> <p> <hi rendition="#right">(Julius Grosse, Abenteuer des Kalewiden.)</hi> </p> <lb n="p1b_331.032"/> <lg> <l n="2.">Dichter, bleib bei deinen Blumen! 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8. Achttaktige trochäische Verse (trochäische Achttakter).
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Dieser Vers könnte als Zusammensetzung von zwei einander p1b_331.003
folgenden viertaktigen Trochäen angesehen werden, wenn nicht die p1b_331.004
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also katalektisch.
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den achttaktigen Trochäus in ihren Dramen angewandt.
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Anastasius Grün hat seine Spaziergänge eines Wiener Poeten in diesem p1b_331.013
Vers geschrieben. Dingelstedt seine Spaziergänge eines Kasseler Poeten, Nr. 3 p1b_331.014
ausgenommen.
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Jn kleineren Dichtungen haben ihn gebraucht: Freiligrath (Gesicht des p1b_331.016
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Prutz (Bretagne); Adolf Weiß (Aus dem Ursumpf). ─ Goethes „Nachtgefühl“ p1b_331.018
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endlich Anast. Grün „Sein Bild“ und Wilh. Müllers „Griechenlands Hoffnung“ p1b_331.020
(Brüder schaut nicht in die Ferne nach der Fremden Schutz hinaus). Jn p1b_331.021
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Volksmärchen gebraucht: „Die Abenteuer des Kalewiden“, sowie Emil p1b_331.023
Rittershaus in „Sonst und Jetzt“ &c.
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a. Akatalektische trochäische Achttakter.
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(Julius Grosse, Abenteuer des Kalewiden.)
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Hohe Fest- und Namenstage, huldigend mit Sangesglut!
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