p1b_367.002 Jn Schillers jambischem Quinar seiner sämtlichen dramatischen Stücke p1b_367.003 (mit Ausnahme der Jungfrau von Orleans und der Braut von Messina) herrscht p1b_367.004 zwar formell, d. h. der Silbenzahl oder der räumlichen Ausdehnung nach, das fremde p1b_367.005 Gesetz des zwängend gliedernden Jambus; doch läßt er innerhalb desselben den p1b_367.006 freien deutschen Accent walten: das nach Arsis und Thesis skandierende p1b_367.007 urdeutsche Gesetz, das viele Darsteller, die den jambischen p1b_367.008 Versrhythmns auf der Bühne zum Ausdruck bringen wollen, p1b_367.009 so lange nicht verstehen, bis durch wiederholtes Lesen der heilige p1b_367.010 Geist unserer accentuierenden deutschen Sprache sie überkommt p1b_367.011 und der "improvisatorische Jnstinkt" sie (nach Jordan) p1b_367.012 vor Verdunkelung und Verderbnis durch eine fremd octroierte p1b_367.013 falsche Metrik bewahrt! Man wird bei genauer Würdigung des p1b_367.014 Schillerschen Bühnenverses zugeben müssen, daß sich derselbe nur dadurch von p1b_367.015 dem epischen altgermanischen Vers unterscheidet, daß die Symmetrie seiner Taktzahl p1b_367.016 wechselt, indem nicht durchweg vier Hebungen, sondern oft nur 2-4 p1b_367.017 seine Gruppen bilden, z. B.
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[Musik]
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(Don Carlos.)
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[Musik]
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(Braut von Messina.)
p1b_367.022 Wollte der Deklamator die Schiller'schen Bühnenverse durchweg nach den p1b_367.023 Anforderungen des Versrhythmus lesen, sofern sie die Silbenzahl des jambischen
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p1b_367.002 Jn Schillers jambischem Quinar seiner sämtlichen dramatischen Stücke p1b_367.003 (mit Ausnahme der Jungfrau von Orleans und der Braut von Messina) herrscht p1b_367.004 zwar formell, d. h. der Silbenzahl oder der räumlichen Ausdehnung nach, das fremde p1b_367.005 Gesetz des zwängend gliedernden Jambus; doch läßt er innerhalb desselben den p1b_367.006 freien deutschen Accent walten: das nach Arsis und Thesis skandierende p1b_367.007 urdeutsche Gesetz, das viele Darsteller, die den jambischen p1b_367.008 Versrhythmns auf der Bühne zum Ausdruck bringen wollen, p1b_367.009 so lange nicht verstehen, bis durch wiederholtes Lesen der heilige p1b_367.010 Geist unserer accentuierenden deutschen Sprache sie überkommt p1b_367.011 und der „improvisatorische Jnstinkt“ sie (nach Jordan) p1b_367.012 vor Verdunkelung und Verderbnis durch eine fremd octroierte p1b_367.013 falsche Metrik bewahrt! Man wird bei genauer Würdigung des p1b_367.014 Schillerschen Bühnenverses zugeben müssen, daß sich derselbe nur dadurch von p1b_367.015 dem epischen altgermanischen Vers unterscheidet, daß die Symmetrie seiner Taktzahl p1b_367.016 wechselt, indem nicht durchweg vier Hebungen, sondern oft nur 2─4 p1b_367.017 seine Gruppen bilden, z. B.
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(Don Carlos.)
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(Braut von Messina.)
p1b_367.022 Wollte der Deklamator die Schiller'schen Bühnenverse durchweg nach den p1b_367.023 Anforderungen des Versrhythmus lesen, sofern sie die Silbenzahl des jambischen
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(Braut von Messina.)
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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