p1b_424.001 einzelnen Vokale entgegentritt. (Vgl. S. 121 d. B.) Rückert hat wie kein Zweiter p1b_424.002 der Übereinstimmung der Vokale mit den bezüglichen Gefühlszuständen allüberall p1b_424.003 Ausdruck verliehen. Zu erwähnen ist in dieser Hinsicht freilich auch Duttenhofers p1b_424.004 Cidübersetzung (Berlin 1853).
p1b_424.005 5. Erhalten konnte sich die Assonanz bei uns nicht, da sie durch ihre p1b_424.006 höhere Entwickelungsstufe - den Reim - in wirkungsvollster Weise ersetzt p1b_424.007 wird. Doch haben sie manche Dichter der Neuzeit zur Verstärkung des Reimes p1b_424.008 neben demselben angewendet, ja, sie in unvergleichlicher Schöne im Reime selbst p1b_424.009 als ein den gewöhnlichen Reim hell überstrahlendes, versregelndes Tonlicht fortleben p1b_424.010 lassen.
p1b_424.011 Jch gebe der Nacheiferung einige würdige Proben:
p1b_424.012
a.
Wie dort mit geborgtem Schimmerp1b_424.013 Lacht die Nacht in Pracht durchwacht,p1b_424.014 Hätt' er auch in seinem Zimmerp1b_424.015 Gern verbracht die Liebesnacht.
p1b_424.016
b.
Dringe tief zu Berges Grüften,p1b_424.017 Wolken folge hoch zu Lüften!p1b_424.018 Muse ruft zu Bach und Thalep1b_424.019 Tausend abertausend Male.(Goethe.)
p1b_424.020
c.
Auf des Lagers weichem Kissenp1b_424.021 Ruht die Jungfrau schlafbefangen;p1b_424.022 Tiefgesenkt die braune Wimper,p1b_424.023 Purpur auf den heißen Wangen.
(Freiligrath.)
p1b_424.024 Volkstümlich ist noch jene Verbindung der Assonanz mit der Allitteration geworden, p1b_424.025 welche wir (§ 48. 9. S. 191 d. B.) als Annomination abhandeln konnten.
p1b_424.026 IV. Der eigentliche Reim oder Vollreim.
p1b_424.027 § 137. Wesen und Bedeutung des Vollreims.
p1b_424.028 1. Bezieht sich der Gleichklang nicht nur auf einzelne Konsonanten p1b_424.029 oder Vokale, sondern auf ganze Silben, die dem Tone nach übereinstimmen p1b_424.030 und sich gleichsam decken, so heißt er Reim, auch Vollreim, p1b_424.031 Silbenreim, Konsonanz. Er ist eine Verbindung von Assonanz p1b_424.032 mit End-Allitteration, oder die Übereinstimmung des betonten Vokals p1b_424.033 und der demselben folgenden Konsonanten und Vokale.
p1b_424.034 2. Die den Silbenreim bildenden Klänge stechen als hellstes Klang= p1b_424.035 Echo hervor, als Tonlichter, welche eine Zeitlang im Gedächtnis p1b_424.036 haften bleiben. Dies ist die mnemonische Bedeutung des Vollreims.
p1b_424.037 3. Er hat aber auch eine ästhetische wie eine versregelnde metrische p1b_424.038 Bedeutung. (Vgl. hierzu § 153.)
p1b_424.039 1. Der Vollreim ist die Manifestation eines sich selbst genießenden, mit p1b_424.040 sich spielenden, beschaulichen Gefühls, und die Schönheitsblüte unserer deutschaccentuierenden p1b_424.041 Poesie.
p1b_424.001 einzelnen Vokale entgegentritt. (Vgl. S. 121 d. B.) Rückert hat wie kein Zweiter p1b_424.002 der Übereinstimmung der Vokale mit den bezüglichen Gefühlszuständen allüberall p1b_424.003 Ausdruck verliehen. Zu erwähnen ist in dieser Hinsicht freilich auch Duttenhofers p1b_424.004 Cidübersetzung (Berlin 1853).
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p1b_424.011 Jch gebe der Nacheiferung einige würdige Proben:
p1b_424.012
a.
Wie dort mit geborgtem Schimmerp1b_424.013 Lacht die Nacht in Pracht durchwacht,p1b_424.014 Hätt' er auch in seinem Zimmerp1b_424.015 Gern verbracht die Liebesnacht.
p1b_424.016
b.
Dringe tief zu Berges Grüften,p1b_424.017 Wolken folge hoch zu Lüften!p1b_424.018 Muse ruft zu Bach und Thalep1b_424.019 Tausend abertausend Male.(Goethe.)
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c.
Auf des Lagers weichem Kissenp1b_424.021 Ruht die Jungfrau schlafbefangen;p1b_424.022 Tiefgesenkt die braune Wimper,p1b_424.023 Purpur auf den heißen Wangen.
(Freiligrath.)
p1b_424.024 Volkstümlich ist noch jene Verbindung der Assonanz mit der Allitteration geworden, p1b_424.025 welche wir (§ 48. 9. S. 191 d. B.) als Annomination abhandeln konnten.
p1b_424.026 IV. Der eigentliche Reim oder Vollreim.
p1b_424.027 § 137. Wesen und Bedeutung des Vollreims.
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p1b_424.034 2. Die den Silbenreim bildenden Klänge stechen als hellstes Klang= p1b_424.035 Echo hervor, als Tonlichter, welche eine Zeitlang im Gedächtnis p1b_424.036 haften bleiben. Dies ist die mnemonische Bedeutung des Vollreims.
p1b_424.037 3. Er hat aber auch eine ästhetische wie eine versregelnde metrische p1b_424.038 Bedeutung. (Vgl. hierzu § 153.)
p1b_424.039 1. Der Vollreim ist die Manifestation eines sich selbst genießenden, mit p1b_424.040 sich spielenden, beschaulichen Gefühls, und die Schönheitsblüte unserer deutschaccentuierenden p1b_424.041 Poesie.
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[424/0458]
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Cidübersetzung (Berlin 1853).
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5. Erhalten konnte sich die Assonanz bei uns nicht, da sie durch ihre p1b_424.006
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als ein den gewöhnlichen Reim hell überstrahlendes, versregelndes Tonlicht fortleben p1b_424.010
lassen.
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Jch gebe der Nacheiferung einige würdige Proben:
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a.
Wie dort mit geborgtem Schimmer p1b_424.013
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Dringe tief zu Berges Grüften, p1b_424.017
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Tausend abertausend Male.(Goethe.)
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Auf des Lagers weichem Kissen p1b_424.021
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Purpur auf den heißen Wangen.
(Freiligrath.)
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Volkstümlich ist noch jene Verbindung der Assonanz mit der Allitteration geworden, p1b_424.025
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§ 137. Wesen und Bedeutung des Vollreims. p1b_424.028
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Silbenreim, Konsonanz. Er ist eine Verbindung von Assonanz p1b_424.032
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haften bleiben. Dies ist die mnemonische Bedeutung des Vollreims.
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Poesie.
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/458>, abgerufen am 22.11.2024.
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