p1b_425.001 2. Jndem die nicht reimenden Klänge dem Ohre rascher entschwinden, p1b_425.002 werden die Hauptvorstellungen auf die reimenden Klänge zurückgeführt, die p1b_425.003 nun den Versen einen bestimmten Klangcharakter verleihen. Sie führen die p1b_425.004 durch sie ausgedrückten Vorstellungen unserem Sinne näher und prägen sie p1b_425.005 haftend ein.
p1b_425.006 3. Die ästhetische Wirkung beruht darin, daß der Reim den Versen p1b_425.007 Schmuck und Klang verleiht. Die versregelnde Tendenz beweist er p1b_425.008 dadurch, daß er einesteils trennend und gliedernd, andernteils verbindend p1b_425.009 und verknüpfend wirkt:
p1b_425.010
a. trennend und gliedernd,
p1b_425.011 indem er die Grenzen der einzelnen Verse betont und mehrere Verse als einheitliches p1b_425.012 Ganzes - als Strophe - darstellt;
p1b_425.013
b. verbindend und verknüpfend,
p1b_425.014 indem er den versaufbauenden Rhythmus wunderbar verstärkt. Wenn auch p1b_425.015 der Rhythmus des Reims entbehren kann, so kann doch der Reim den Rhythmus p1b_425.016 nicht missen. Der Reim bindet - so zu sagen - musikalisch. Wie p1b_425.017 in einem schönen Tonlicht beglänzt und konzentriert sich die rhythmische Tonwelle p1b_425.018 der Verszeile im schärfer betonten, durch eine rhythmische Pause markierten p1b_425.019 Reim, um in der korrespondierenden Zeile wie von Turmspitze zu Turmspitze p1b_425.020 hüpfend, Accent und Pause zu wiederholen.
p1b_425.021 § 138. Arten des Vollreims.
p1b_425.022 Je nach der Endung der reimenden Worte, ferner nach der Silbenzahl p1b_425.023 derselben (ob ein=, zwei- oder mehrsilbig), endlich nach dem Verhältnis p1b_425.024 der reimenden Worte untereinander unterscheidet man folgende p1b_425.025 15 Arten des Vollreims:
p1b_425.030 1. Männlicher (jambischer oder stumpfer) Reim.
p1b_425.031 Wie man die Endung eines Wortes männlich nennt, wenn p1b_425.032 dieses mit einer Hebung schließt, (z. B. Gebrauch, Verstand), weiblich, p1b_425.033 wenn es mit einer Senkung endigt, (z. B. Liebe, Glaube, Hoffnung), p1b_425.034 so nennt man auch den Reim männlich oder weiblich, je nachdem er p1b_425.035 mit einer Arsis oder Thesis endigt, (z. B. Haus - Maus, Thal - p1b_425.036 Strahl sind männlich; Tische - Fische, Worte - Pforte sind weiblich).
p1b_425.037 Weil die Arsis häufig durch ein einsilbiges Wort und der männliche p1b_425.038 Reim überhaupt nur durch die letzte Silbe der Verszeile gebildet wird, so p1b_425.039 nennt man ihn zuweilen auch den einsilbigen Reim. Die Minnesinger
p1b_425.001 2. Jndem die nicht reimenden Klänge dem Ohre rascher entschwinden, p1b_425.002 werden die Hauptvorstellungen auf die reimenden Klänge zurückgeführt, die p1b_425.003 nun den Versen einen bestimmten Klangcharakter verleihen. Sie führen die p1b_425.004 durch sie ausgedrückten Vorstellungen unserem Sinne näher und prägen sie p1b_425.005 haftend ein.
p1b_425.006 3. Die ästhetische Wirkung beruht darin, daß der Reim den Versen p1b_425.007 Schmuck und Klang verleiht. Die versregelnde Tendenz beweist er p1b_425.008 dadurch, daß er einesteils trennend und gliedernd, andernteils verbindend p1b_425.009 und verknüpfend wirkt:
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a. trennend und gliedernd,
p1b_425.011 indem er die Grenzen der einzelnen Verse betont und mehrere Verse als einheitliches p1b_425.012 Ganzes ─ als Strophe ─ darstellt;
p1b_425.013
b. verbindend und verknüpfend,
p1b_425.014 indem er den versaufbauenden Rhythmus wunderbar verstärkt. Wenn auch p1b_425.015 der Rhythmus des Reims entbehren kann, so kann doch der Reim den Rhythmus p1b_425.016 nicht missen. Der Reim bindet ─ so zu sagen ─ musikalisch. Wie p1b_425.017 in einem schönen Tonlicht beglänzt und konzentriert sich die rhythmische Tonwelle p1b_425.018 der Verszeile im schärfer betonten, durch eine rhythmische Pause markierten p1b_425.019 Reim, um in der korrespondierenden Zeile wie von Turmspitze zu Turmspitze p1b_425.020 hüpfend, Accent und Pause zu wiederholen.
p1b_425.021 § 138. Arten des Vollreims.
p1b_425.022 Je nach der Endung der reimenden Worte, ferner nach der Silbenzahl p1b_425.023 derselben (ob ein=, zwei- oder mehrsilbig), endlich nach dem Verhältnis p1b_425.024 der reimenden Worte untereinander unterscheidet man folgende p1b_425.025 15 Arten des Vollreims:
p1b_425.030 1. Männlicher (jambischer oder stumpfer) Reim.
p1b_425.031 Wie man die Endung eines Wortes männlich nennt, wenn p1b_425.032 dieses mit einer Hebung schließt, (z. B. Gĕbrāuch, Vĕrstānd), weiblich, p1b_425.033 wenn es mit einer Senkung endigt, (z. B. Līebĕ, Glāubĕ, Hōffnŭng), p1b_425.034 so nennt man auch den Reim männlich oder weiblich, je nachdem er p1b_425.035 mit einer Arsis oder Thesis endigt, (z. B. Haus ─ Maus, Thal ─ p1b_425.036 Strahl sind männlich; Tische ─ Fische, Worte ─ Pforte sind weiblich).
p1b_425.037 Weil die Arsis häufig durch ein einsilbiges Wort und der männliche p1b_425.038 Reim überhaupt nur durch die letzte Silbe der Verszeile gebildet wird, so p1b_425.039 nennt man ihn zuweilen auch den einsilbigen Reim. Die Minnesinger
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1. männlichen Reim, 2. weiblichen, 3. gleitenden, 4. schwebenden, <lbn="p1b_425.027"/>
5. Doppelreim, 6. identischen, 7. reichen Reim (Ghaselenreim), 8. mehrfachen <lbn="p1b_425.028"/>
Reim, 9. Anfangsreim, 10. Binnenreim, 11. Mittelreim, <lbn="p1b_425.029"/>
12. Kettenreim, 13. Echo, 14. Kehrreim, 15. Schlußreim.</p><divn="4"><p><lbn="p1b_425.030"/>
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werden die Hauptvorstellungen auf die reimenden Klänge zurückgeführt, die p1b_425.003
nun den Versen einen bestimmten Klangcharakter verleihen. Sie führen die p1b_425.004
durch sie ausgedrückten Vorstellungen unserem Sinne näher und prägen sie p1b_425.005
haftend ein.
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3. Die ästhetische Wirkung beruht darin, daß der Reim den Versen p1b_425.007
Schmuck und Klang verleiht. Die versregelnde Tendenz beweist er p1b_425.008
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und verknüpfend wirkt:
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a. trennend und gliedernd,
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Ganzes ─ als Strophe ─ darstellt;
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b. verbindend und verknüpfend,
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der Verszeile im schärfer betonten, durch eine rhythmische Pause markierten p1b_425.019
Reim, um in der korrespondierenden Zeile wie von Turmspitze zu Turmspitze p1b_425.020
hüpfend, Accent und Pause zu wiederholen.
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§ 138. Arten des Vollreims. p1b_425.022
Je nach der Endung der reimenden Worte, ferner nach der Silbenzahl p1b_425.023
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der reimenden Worte untereinander unterscheidet man folgende p1b_425.025
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1. männlichen Reim, 2. weiblichen, 3. gleitenden, 4. schwebenden, p1b_425.027
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Reim, 9. Anfangsreim, 10. Binnenreim, 11. Mittelreim, p1b_425.029
12. Kettenreim, 13. Echo, 14. Kehrreim, 15. Schlußreim.
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1. Männlicher (jambischer oder stumpfer) Reim.
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Wie man die Endung eines Wortes männlich nennt, wenn p1b_425.032
dieses mit einer Hebung schließt, (z. B. Gĕbrāuch, Vĕrstānd), weiblich, p1b_425.033
wenn es mit einer Senkung endigt, (z. B. Līebĕ, Glāubĕ, Hōffnŭng), p1b_425.034
so nennt man auch den Reim männlich oder weiblich, je nachdem er p1b_425.035
mit einer Arsis oder Thesis endigt, (z. B. Haus ─ Maus, Thal ─ p1b_425.036
Strahl sind männlich; Tische ─ Fische, Worte ─ Pforte sind weiblich).
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Weil die Arsis häufig durch ein einsilbiges Wort und der männliche p1b_425.038
Reim überhaupt nur durch die letzte Silbe der Verszeile gebildet wird, so p1b_425.039
nennt man ihn zuweilen auch den einsilbigen Reim. Die Minnesinger
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/459>, abgerufen am 22.11.2024.
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